1. Rechtsweg, Zulässigkeit
Rz. 32
Stand: EL 124 – ET: 11/2020
In den Angelegenheiten, in denen der Einspruch statthaft ist (> Rz 4 ff), ist der Rechtsweg zu den Finanzgerichten gegeben. Das gerichtliche Rechtsbehelfsverfahren regelt die FGO. Gegen Entscheidungen des FA kann der Stpfl Klage beim FG erheben (§ 40ff FGO). Soweit ein Einspruch statthaft ist (> Rz 4 ff), ist das Einspruchsverfahren Voraussetzung für die Zulässigkeit der Klage (§ 44 Abs 1 AO); eine Ausnahme gilt für die Sprungklage (> Rz 41). Auch wenn ein Stpfl sich dagegen wendet, dass über einen Antrag auf Erlass eines VA nicht entschieden wurde, ist zunächst ein Untätigkeitseinspruch (> Rz 13) einzulegen, bevor eine Untätigkeitsklage in Betracht kommt (BFH/NV 2018, 221). Das Verfahren nach der AO und der Rechtsweg zu den FG gilt auch bei Streit über die Beiträge zur > Arbeitskammer (vgl § 10der ArbKaBeitrVO/SL) und das in den §§ 62ff EStG geregelte > Kindergeld Rz 5, 70. Beim Anspruch nach dem BKGG ist der Rechtsweg zu den Sozialgerichten gegeben (vgl § 62 SGB X); gleiches gilt für Klagen gegen die einheitliche Pauschsteuer für 450-Euro-Jobs (> Geringfügige Beschäftigung Rz 37).
Rz. 33
Stand: EL 124 – ET: 11/2020
Der Rechtsweg in Angelegenheiten der > Kirchensteuer ist in den einzelnen Bundesländern unterschiedlich. Der Rechtsweg zum FG/BFH ist in BY, HH, MV, NW, SL, SN und TH gegeben; in BW und HB, soweit die FÄ die KiSt verwalten.
Der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten ist vorgesehen für die Länder BB, Bln, Nds, HE, RP, SA und SH; für BW und HB nur, soweit die Kirchensteuer nicht durch die FÄ verwaltet wird. Zu weiteren Einzelheiten > Rz 98 ff.
Das Verwaltungsgericht ist zuständig bei Streitigkeiten über die in § 65 EStDV vorgesehenen Ausweise und Bescheinigungen für behinderte Menschen des Versorgungsamts (> Behinderten-Pauschbetrag Rz 27).
Rz. 34
Stand: EL 124 – ET: 11/2020
Für zivilrechtliche Ansprüche kommt der Rechtsweg zu den Zivilgerichten in Betracht. Arbeitsrechtliche Vergütungsansprüche wie zB auf Auszahlung eines höheren Arbeitslohns, kann der ArbN nicht mit Hilfe des FA und der FG verfolgen, sondern muss seine Klage beim zuständigen der > Arbeitsgerichte anbringen (ergänzend > Arbeitgeber Rz 1 ff); das gilt auch bei Streitigkeiten über das Bestehen einer Nettolohnvereinbarung (> Nettolohn Rz 3/1). Hier hat sich die Rechtsprechung aber geändert: So kann der ArbN nicht mehr Vergütungsklage erheben, sondern ist auf die steuer- und sozialrechtlichen Rechtsbehelfe beschränkt, wenn der ArbG Steuern oder SV-Beiträge einbehält, die der ArbN für überhöht hält (BAG 126, 325 vom 30.04.2008 – 5 AZR 725/07, BFH/NV 2008, Beilage 4, 325 = DB 2008, 2600). Ebenso ist der Finanzrechtsweg gegeben für Klagen auf Ausstellung oder Berichtigung einer > Lohnsteuerbescheinigung Rz 16–17 (vgl BAG vom 07.05.2013 – 10 AZB 8/13, DStR 2013, 1345 = NZA 2013, 862). Zur > Vermögensbildung der Arbeitnehmer Rz 145.
Rz. 35
Stand: EL 124 – ET: 11/2020
Bei einer Klage, mit der der Unterhalt leistende Ehegatte die Zustimmung des empfangenden Ehegatten zum begrenzten Realsplitting iSv § 10 Abs 1 Nr 1 EStG gibt (> Unterhaltsleistungen Rz 5 ff), ist nicht der Finanzrechtsweg gegeben; für solche bürgerlich-rechtlichen Streitigkeiten iSv § 13 GVG ist die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte – und dort der Familiengerichte – gegeben (EFG 2005, 1627).
Rz. 36
Stand: EL 124 – ET: 11/2020
Der EuGH entscheidet über die Anwendung des Rechts der > Europäische Union (> Rz 95).
Rz. 37
Stand: EL 124 – ET: 11/2020
Die Zulässigkeit der Klage ist ua vom Rechtsschutzbedürfnis des Stpfl abhängig, dh der Kläger muss geltend machen, in seinen Rechten verletzt zu sein (§ 44 Abs 2 FGO). Nach Ablauf des Kalenderjahres besteht grundsätzlich kein Rechtschutzbedürfnis für Klagen, die die Feststellung der > Lohnsteuerabzugsmerkmale für das abgelaufene Jahr betreffen; denn dann wird der ArbN veranlagt und kann seinen Rechtsbehelf gegen die ESt-Festsetzung (> Steuerbescheid) richten. Der BFH bejaht aber das Fortbestehen des Rechtsschutzbedürfnisses für ein bei Gericht anhängiges > Lohnsteuer-Ermäßigungsverfahren auch nach Ablauf der Frist des § 42b Abs 3 Satz 1 EStG, obwohl sich die begehrte Feststellung wegen des Ablaufs des Jahres nicht mehr auswirken kann (vgl BFH 124, 64 = BStBl 1978 II, 159 mwN). Der ArbN kann ggf seinen Klageantrag umstellen und im Wege der Fortsetzungsfeststellungsklage nach § 100 Abs 1 Satz 4 FGO (> Rz 44/1) gerichtlich feststellen lassen, dass die Entscheidung des FA rechtswidrig war (BFH 128, 148 = BStBl 1979 II, 650; BFH 130, 388 = BStBl 1980 II, 512; BFH 135, 449 = BStBl 1982 II, 467). Ein Feststellungsinteresse iSd § 100 Abs 1 Satz 4 FGO ist jedoch nicht gegeben, wenn der ArbN eine Veranlagung weder beantragt noch eine solche von Amts wegen vorzunehmen ist. Ebenso EFG 1982, 376, wenn der ArbN im Streitjahr bereits bestandskräftig veranlagt worden und dabei seiner Rechtsauffassung entsprechend der Feststellungsklage nicht gefolgt worden ist. Die Erhebung der Fortsetzungsfeststellungsklage ist weder an die...