Rz. 55
Stand: EL 129 – ET: 02/2022
Ist im Verlauf einer beruflichen Reise ein privater Schwerpunkt zu erkennen oder wird gar eine berufliche Reise mit einer privaten zeitlich verbunden, gilt im Grundsatz Folgendes:
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Zunächst ist zu prüfen, ob und inwieweit einzelne Kosten ausschließlich beruflich (abziehbar) oder ausschließlich privat (nicht abziehbar) veranlasst sind. Zu Einzelheiten > Rz 56. |
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Ist eine eindeutige Zuordnung nicht möglich, handelt es sich um gemischt veranlasste Aufwendungen. Solche Aufwendungen werden idR nach objektiven Kriterien aufgeteilt und der berufliche Anteil den > Werbungskosten zugerechnet. Zu Einzelheiten > Rz 57 f. |
Rz. 56
Stand: EL 129 – ET: 02/2022
Bevor eine Aufteilung nicht direkt zuzuordnender Aufwendungen vorgenommen wird, sind die eindeutig beruflich veranlassten Aufwendungen unmittelbar den WK und die eindeutig nicht beruflich veranlassten den nicht zu den WK gehörenden (Privat-)Aufwendungen zuzuordnen. Das gilt zB dann, wenn die Reisetage nicht wie Arbeitstage mit beruflicher Tätigkeit ausgefüllt sind (vgl BFH 162, 316 = BStBl 1992 II, 92). Wird ein Teil der Reisezeit, die üblicherweise durch die berufliche Arbeit geprägt sein könnte, durch Elemente der allgemeinen > Lebensführung wie besondere private Erlebnisse, die Erweiterung der allgemeinen Bildung, also das Gewinnen von über das Berufliche hinausgehenden Erkenntnissen und Erfahrungen ausgefüllt, muss eine Trennung nach der Art der Aufwendungen vorgenommen werden; das kommt zB für zusätzliche Beförderungs- und Übernachtungskosten oder für Verpflegungsmehraufwand in Betracht. Das gilt aber nur dann, wenn die privat geprägten Elemente der Auswärtstätigkeit einen eigenen Schwerpunkt innerhalb der Reise bilden (vgl BFH/NV 2005, 2174 = DStR 2006, 269). Anderenfalls gilt, dass eine berufliche Auslandsreise nicht selten untrennbar mit privaten Erkenntnissen und außerberuflichem Erleben verbunden ist; das macht sie aber nicht – auch nicht teilweise – zu einer Privatreise.
Beispiel 1:
Der ArbN A mit erster Tätigkeitsstätte in Dortmund will an einer dienstlichen Besprechung in Erfurt teilnehmen. A reist am Mittwoch Nachmittag mit der Bahn an und übernachtet in einem Hotel. Am Donnerstag um 9 Uhr beginnt die Besprechung, die sich bis nachmittags um 17 Uhr erstreckt. A könnte noch am selben Tag nach Dortmund zurückkehren. Stattdessen übernachtet er noch einmal und besucht am Freitag privat die Stadt Weimar.
Beruflich veranlasst sind die Kosten der Anreise nach Erfurt und der Rückreise von dort (> Rz 58); außerdem für die erste Übernachtung in Erfurt. Die Kosten der weiteren Übernachtung in Erfurt und für den Abstecher nach Weimar sind uE privat veranlasst. Mit seinem Entschluss, nicht am Donnerstag, sondern erst am Freitag nach Dortmund zurückzukehren, um den Freitag für private Besichtigungen zu verwenden, hat A die beruflich veranlasste Auswärtstätigkeit abgeschlossen. Die zusätzliche Übernachtung und weitere Aufwendungen für den Abstecher nach Weimar bilden einen eigenen privaten Schwerpunkt der Gesamtreise; insoweit entstehen keine abziehbaren WK. Verpflegungspauschalen stehen A nur für den beruflich veranlassten Teil der Reise zu. UE stehen A für Mittwoch 14 EUR als Anreisetag, für Donnerstag 14 EUR als (fiktiver) Abreisetag und für Freitag mangels beruflicher Veranlassung 0 EUR an Verpflegungspauschalen zu.
Beispiel 2:
B, der in Bonn wohnt und dort seine erste Tätigkeitsstätte hat, ist von seinem ArbG zur Teilnahme an einer auf 2 Arbeitstage angesetzten beruflichen Besprechung nach Berlin entsandt worden. B ist am frühen Donnerstagmorgen nach Berlin geflogen und war gegen 9:30 Uhr am Sitzungsort. Die Besprechung hat bis gegen 17 Uhr angedauert. Im Anschluss daran hat B einen ausgedehnten Spaziergang durch Berlin gemacht und dabei ein ihm bis dahin nicht bekanntes touristisch interessantes Stadtviertel kennengelernt. Am Abend ist B in ein Theater gegangen und erst kurz vor Mitternacht ins Hotel zurückgekehrt. Am Freitagmorgen gegen 9 Uhr war B wieder am Sitzungsort und hat bis gegen 15 Uhr an der Besprechung teilgenommen. Anschließend ist er nach Bonn zurückgeflogen.
B hat den Donnerstag und den Freitag über im Wesentlichen mit Berufsarbeit verbracht. Sowohl die Zeiten der An- und Rückreise als auch die den normalen Arbeitstag ausfüllenden Sitzungszeiten bilden den eindeutig beruflichen Schwerpunkt der Berlinreise. Dass B außerhalb der beruflichen Arbeitszeit in den Abendstunden privaten Unterhaltungen nachgegangen ist, macht die Reise nicht zu einer gemischt veranlassten; der in die Berufsarbeit eingebundene privat gestaltete Abend bildet keinen eigenen Schwerpunkt der Reise. B kann die Kosten der An- und Rückreise, die Hotelkosten sowie die Verpflegungsmehraufwendungen für 2 Arbeitstage (An- und Abreisetag) als WK ansetzen. Nicht abziehbar sind die Kosten für die private Gestaltung des Abends (Theaterbesuch).
Rz. 56/1
Stand: EL 129 – ET: 02/2022
Zu den Beispielen für ‚gemischt’ veranlasste Reisen gehört eine Tagung aller Außen...