Rz. 1
Stand: EL 128 – ET: 11/2021
Das FA ist berechtigt, auch von anderen als den am konkreten Steuerverfahren beteiligten Personen (zu diesen > Beteiligte) Auskunft zu verlangen (§ 93 Abs 1 Satz 1 AO; > Ermittlungspflicht des Finanzamts). Entsprechendes gilt für die Steuerfahndungsstelle (§ 208 Abs 1 Satz 2 AO). Unter bestimmten Voraussetzungen ist auch ein sog Sammelauskunftsersuchen zulässig.
Rz. 2
Stand: EL 128 – ET: 11/2021
Ein Sammelauskunftsersuchen ist ein Auskunftsersuchen einer FinBeh an andere Personen als die Beteiligten über eine ihr noch unbekannte Anzahl von Sachverhalten mit dem Grunde nach bestimmbaren, der FinBeh jedoch noch nicht bekannten Personen (Legaldefinition in § 93 Abs 1a Satz 1 AO). Diese Definition sowie die Voraussetzungen für ein Sammelauskunftsersuchen sind durch das Gesetz zur Bekämpfung der Steuerumgehung und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften (Steuerumgehungsbekämpfungsgesetz – StUmgBG) vom 23.06.2017 (BGBl 2017 I, 1682) normiert worden. Dies diente im Wesentlichen der Klarstellung, weil auch zuvor Sammelauskunftsersuchen möglich waren. Die gesetzliche Regelung knüpft insofern an die ständige Rechtsprechung des BFH an.
Rz. 3
Stand: EL 128 – ET: 11/2021
Voraussetzung für ein Sammelauskunftsersuchen ist, dass ein hinreichender Anlass für die Ermittlungen besteht und andere zumutbare Maßnahmen zur Sachverhaltsaufklärung keinen Erfolg versprechen (§ 93 Abs 1a Satz 2 AO). Bei dem > Verwaltungsakt zur Einholung eines Sammelauskunftsersuchens handelt es sich um eine Ermessensentscheidung, die gerichtlich daraufhin überprüft werden kann, ob die FinBeh den für die Ermessensausübung maßgeblichen Sachverhalt vollständig ermittelt hat und ob die gesetzlichen Grenzen des > Ermessen eingehalten worden sind. Als außergerichtlicher > Rechtsbehelfe ist der Einspruch gemäß § 347 AO gegeben.
Rz. 4
Stand: EL 128 – ET: 11/2021
Ein hinreichender Ermittlungsanlass liegt vor, wenn entweder aufgrund konkreter Anhaltspunkte oder allgemeiner Erfahrung die Möglichkeit einer Steuerverkürzung in Betracht kommt, wobei dies die Prognoseentscheidung, also eine vorweggenommene Beweiswürdigung erfordert, dass Ermittlungsmaßnahmen zur Aufdeckung steuererheblicher Tatsachen führen können. Ein hinreichender Anlass fehlt aber, wenn sich solche Ermittlungen als bloße Ausforschung, als Rasterfahndung oder Ermittlung "ins Blaue hinein" darstellen (BFH 224, 201 = BStBl 2009 II, 582).
Sammelauskunftsersuchen an ein Presseunternehmen wegen Übermittlung von Personen- und Auftragsdaten zu Anzeigenauftraggebern einer bestimmten Anzeigenrubrik sind zulässig, wenn relativ wenige Anzeigen von dem Auskunftsersuchen betroffen und die Anzeigen nicht bedeutsam für die öffentliche Meinungsbildung sind (BFH 253, 505 = BStBl 2016 II, 822).
Rz. 5
Stand: EL 128 – ET: 11/2021
Weil Voraussetzung für ein Sammelauskunftsersuchen ist, dass andere zumutbare Maßnahmen zur Aufklärung des Sachverhalts keinen Erfolg versprechen, müssen andere Maßnahmen (erkennbar) in Betracht gezogen worden sein. Darüber hinaus muss ein Sammelauskunftsersuchen verhältnismäßig und zulässig sein. Der Aufwand, der dem Dritten entsteht, um die Auskunft zu geben, muss in einem angemessenen Verhältnis zur Bedeutung der Angelegenheit stehen.
Rz. 6
Stand: EL 128 – ET: 11/2021
Während vor Einzelauskunftsersuchen idR der Stpfl zu befragen ist, um einerseits zu vermeiden, dass Nichtbeteiligte Einblick in die Verhältnisse des Stpfl erhalten, und andererseits Dritten die mit einer Auskunft verbundenen Mühen und Aufwendungen zu ersparen, können Sammelauskunftsersuchen ohne Beteiligung des Stpfl verlangt werden (vgl § 93 Abs 1a Satz 3 AO), was sich auch daraus ergibt, dass häufig die Identität erst durch das Sammelauskunftsersuchen ermittelt werden soll.
Rz. 7
Stand: EL 128 – ET: 11/2021
Ein Dritter kann sich seinen Mitwirkungspflichten nicht mit dem Hinweis entziehen, andere seien zur Erklärung der gewünschten Auskunft in der Lage. Auskünfte dürfen nur verweigert werden, wenn ein Auskunftsverweigerungsrecht (vgl §§ 101ff AO) besteht. Ergänzend > Auskunftspflicht Rz 1.