Rz. 1
Stand: EL 134 – ET: 06/2023
Eine Spontanauskunft ist eine Information der deutschen FinVerw an ausländische Staaten über Tatsachen, die für die Besteuerung im Ausland von Bedeutung sein könnten, ohne dass der ausländische Staat um Informationen gebeten hat oder eine systematische Übermittlung von Informationen vereinbart wurde.
Ausländische Staaten übermitteln im Rahmen einer Spontanauskunft ihrerseits ebenfalls Mitteilungen an die deutsche FinVerw, die für die inländische Besteuerung von Bedeutung sein können. Eine Spontanauskunft darf nur erteilt werden, wenn dadurch nicht das > Steuergeheimnis verletzt wird. Die Offenbarung geschützter Daten und damit auch die Erteilung von Spontanauskünften ist ua zulässig, wenn sie durch Bundesgesetz ausdrücklich zugelassen ist (§ 30 Abs 4 Nr 2 AO). Ein Bundesgesetz idS sind auch völkerrechtliche Verträge, sobald sie durch ein Bundesgesetz für anwendbar erklärt worden sind. Der Rechtfertigungsgrund für eine Spontanauskunft ergibt sich häufig durch das jeweilige DBA (> Doppelbesteuerung) – vgl zB das DBA > Russland Rz 11 (BFH/NV 2006, 922) – oder – innerhalb der EU – durch das Gesetz über die Durchführung der gegenseitigen Amtshilfe in Steuersachen zwischen den Mitgliedsstaaten der > Europäische Union (EUAHiG; > Rz 2). Sie kann sich aber auch aus anderen Rechtsnormen bzw völkerrechtlichen Verträgen ergeben (vgl § 117 Abs 2 AO).
Rz. 2
Stand: EL 134 – ET: 06/2023
Eine Spontanauskunft der Finanzbehörde an die Steuerverwaltung eines anderen Mitgliedstaats der EU ist bereits dann zulässig, wenn die Information für den anderen Mitgliedstaat von Nutzen sein kann (vgl § 8 EUAHiG). Darüber hinaus nennt § 8 Abs 2 EUAHiG eine Reihe von Sachverhalten, in denen eine Verpflichtung zur Übermittlung von Informationen besteht. Dies ist ua dann der Fall, wenn Gründe für die Vermutung einer Steuerverkürzung in dem anderen Staat vorliegen oder wenn in Deutschland eine Steuerermäßigung oder Steuerbefreiung gewährt worden ist und die zu übermittelnden Informationen zu einer Steuererhöhung im anderen Staat führen können. Für die Vermutung, dass ein Sachverhalt iSv § 8 Abs 2 EUAHiG vorliegt, ist es ausreichend, wenn das Verhalten des Stpfl nach der allgemeinen Lebenserfahrung den Schluss erlaubt, er wolle verhindern, dass die zuständige FinBeh Kenntnis von einem steuerlich relevanten Sachverhalt erlangt (vgl BFH 177, 242 = BStBl 1995 II, 497).
Rz. 3
Stand: EL 134 – ET: 06/2023
Bei Spontanauskünften aufgrund eines DBA ist stets zu prüfen, wie umfangreich ein Informationsaustausch im jeweiligen DBA vereinbart worden ist. Einige DBA sehen einen Informationsaustausch nur in dem Umfang vor, der erforderlich ist, um eine > Doppelbesteuerung zu vermeiden (sog kleine Auskunftsklausel). Andere DBA sehen in einer sog großen Auskunftsklausel vor, dass auch weitere Informationen zur Besteuerung allgemein ausgetauscht werden. Bevor die Informationen weitergegeben werden, ist den Betroffenen > Rechtliches Gehör im Wege einer Anhörung zu gewähren, es sei denn, es ist Gefahr im Verzug oder die Anhörung steht ein zwingendes öffentliches Interesse entgegen.
Eine Spontanauskunft aufgrund eines DBA kann im Wege der > Einstweilige Anordnung verhindert werden, wenn im jeweiligen DBA vereinbart wurde, dass die übermittelten Daten der Geheimhaltung unterliegen und der Stpfl glaubhaft macht, dass diese Geheimhaltung im Ausland nicht gewährleistet ist, sofern keine andere innerstaatlich anwendbare völkerrechtliche Vereinbarung iSd § 117 Abs 2 AO, die zur Erteilung der beabsichtigten Spontanauskunft berechtigen könnte, in Betracht kommt (EFG 2008, 1764 = DStRE 2009, 238). Im Rahmen einer kleinen Auskunftsklausel sind Spontanauskünfte auf jene Gesichtspunkte zu beschränken, die zur Durchführung des Abkommens für die Festsetzung der Steuer im anderen Vertragsstaat unerlässlich sind; hierzu gehören zB bei Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit der Name des Stpfl, sein Aufenthaltsort sowie die Art und Höhe der Einkünfte, nicht aber der Name und die Anschrift des Arbeitgebers (BFH/NV 2008, 1807 = HFR 2008, 1214). Zu den Voraussetzungen für eine Spontanauskunft in die USA vgl BFH/NV 2008, 51 = IStR 2008, 31; BFH/NV 2005, 1503 = IStR 2005, 490.
Ergänzend > Doppelbesteuerung Rz 103 ff, > Auskünfte und Zusagen des Finanzamts, > Freistellungsbescheinigung.
Rz. 4
Stand: EL 134 – ET: 06/2023
Eine Spontanauskunft liegt, von den in § 8 Abs 2 EUAHiG genannten Sachverhalten (> Rz 2) abgesehen, im > Ermessen der FinBeh, sie liegt jedoch im öffentlichen Interesse, wenn Deutschland in einem DBA auf sein Besteuerungsrecht in der Erwartung einer Besteuerung im Ausland verzichtet hat, dem ausländischen Staat hierzu jedoch die erforderlichen Informationen fehlen. Dies berührt die Steuergerechtigkeit und kann zu Wettbewerbsverzerrungen führen. Ob die Information letztlich zu einer Steuerfestsetzung führt, ist dabei unerheblich (vgl BFH 177, 15 = BStBl 1995 II, 358). Eine Spontanauskunft ist schon dann zulässig, wenn die ernste Möglichkeit besteht,...