Rz. 1
Stand: EL 137 – ET: 03/2024
Grundsatz: Alle Amtsträger oder ihnen gleichgestellte Personen haben das Steuergeheimnis zu wahren: Alles, was dienstlich bekannt wird, darf grundsätzlich nicht unbefugt offenbart oder verwertet werden. Amtsträger sind in erster Linie Beamte und Richter, Notare, Minister und Staatssekretäre, aber auch Angestellte, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnehmen, nicht jedoch Personen, die lediglich Hilfstätigkeiten ausüben und keine eigenen Entscheidungen in Verwaltungsangelegenheiten treffen. Ihnen gleichgestellt sind ua amtlich zugezogene Sachverständige.
Rz. 1/1
Das Steuergeheimnis dient der konkreten Ausgestaltung des Grundrechts auf > Informationelle Selbstbestimmung und geht der beamtenrechtlichen Amtspflicht zur Verschwiegenheit (vgl § 37 BeamtStG) vor; es geht auch weiter als der Sicherungsbereich beim > Datenschutz. Es soll in unserer Rechtsordnung ein Gegengewicht gegenüber der Pflicht eines jeden Bürgers herstellen, gegenüber dem FA seine beruflichen und privaten Verhältnisse offen zu legen (> Mitwirkungspflichten). Die Verletzung des Steuergeheimnisses wird ua durch Strafandrohung geschützt. Neben disziplinarrechtlichen Maßnahmen kann Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder eine Geldstrafe verhängt werden (vgl § 355 StGB). Zu weiteren Hinweisen vgl T/K/Drüen zu § 30ff AO; Kühn/von Wedelstädt, § 30ff AO.
Rz. 2
Stand: EL 137 – ET: 03/2024
Rechtsgrundlagen: Einzelheiten zur Wahrung des Steuergeheimnisses und seine Durchbrechungen enthält § 30 AO; § 30a AO, der den ‚Schutz des Bankkunden’ betraf, ist weggefallen (vgl StUmgBK vom 23.06.2017); § 31 AO behandelt die befugte Mitteilung von Besteuerungsgrundlagen an andere Behörden und Stellen, § 31a AO die befugte Mitteilung von Besteuerungsgrundlagen zur Bekämpfung illegaler Beschäftigung und von Leistungsmissbrauch, § 31b AO die befugte Mitteilung zur Bekämpfung der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung und § 31c AO die Verarbeitung personenbezogener Daten zu statistischen Zwecken. Zum Schutz von durch das Steuergeheimnis geschützter Daten im elektronischen Datenaustausch vgl die > Steuerdatenabrufverordnung sowie – ausführlich – den AEAO zu §§ 30ff.
Im Verhältnis zu anderen EU-Mitgliedstaaten gilt das EUAHiG (> Amtshilfe). Auch viele Abkommen zur Vermeidung der > Doppelbesteuerung enthalten Regelungen zum Informationsaustausch. Ergänzend lässt § 117 Abs 3 AO die zwischenstaatliche Amts- und Rechtshilfe auch in anderen Fällen zu, wenn die Gegenseitigkeit verbürgt ist, die Informationen nur in einem Besteuerungs- oder Steuerstrafverfahren verwendet werden, es dadurch nicht zu einer > Doppelbesteuerung kommt und keine wesentlichen deutschen Interessen verletzt werden (> Spontanauskunft).
Rz. 3
Stand: EL 137 – ET: 03/2024
Die Durchbrechungen des Steuergeheimnisses sind vielfältig. Dann ist der Amtsträger zur Offenbarung dienstlich erworbener Kenntnisse "befugt" oder sogar verpflichtet. Befugt ist die Offenbarung, wenn alle Betroffenen zustimmen (vgl § 30 Abs 4 Nr 3 AO). Zu anderen Durchbrechungen des Steuergeheimnisses vgl den AEAO zu § 30ff. Zu weiteren Einzelheiten > Auskünfte und Zusagen des Finanzamts Rz 87 ff, > Kontrollmitteilung, > Rentenbezugsmitteilungen, aber auch > Informationelle Selbstbestimmung. Die FinBeh sind nach § 31 Abs 2 AO verpflichtet, den Trägern der gesetzlichen > Sozialversicherung Daten für die Feststellung der Versicherungspflicht und zur Festsetzung der Beiträge zu überlassen. Den Bericht über eine > Außenprüfung Rz 12 dürfen sie jedoch nur überlassen, wenn er keine anderen steuerlichen Feststellungen enthält. Diese müssen vor einer Übersendung entnommen oder unkenntlich gemacht werden (vgl OFD Nds vom 30.07.2010 – S 0131–33 – St 142).
Rz. 4
Stand: EL 137 – ET: 03/2024
Zur Durchbrechung des Steuergeheimnisses für dienstrechtliche Maßnahmen vgl BFH 220, 197 = BStBl 2008 II, 337 sowie BMF vom 12.01.2018, BStBl 2018 I, 201. Danach muss die Strafverfolgungsbehörde in schwerwiegenden Fällen die in einem Strafverfahren gegen einen Beamten gewonnenen Erkenntnisse dem Dienstvorgesetzten offenbaren, auch soweit sie Daten enthalten, die dem Steuergeheimnis unterliegen.
Rz. 5
Stand: EL 137 – ET: 03/2024
Der ArbG tritt dem ArbN beim LSt-Abzug nicht hoheitlich gegenüber (> Arbeitgeber Rz 1). Die Pflicht zur Wahrung des Steuergeheimnisses gilt deshalb nicht für den ArbG. Gleichwohl darf der ArbG die als > Lohnsteuerabzugsmerkmale bekannt gewordenen persönlichen Daten auf arbeitsrechtlicher Grundlage nur für die Berechnung der Steuerabzüge verwerten. Ohne Zustimmung des ArbN darf er sie nur offenbaren, soweit dies gesetzlich zugelassen ist (§ 39 Abs 8 EStG).