Rz. 5
Stand: EL 113 – ET: 09/2017
Steuerstraftaten sind in §§ 369ff AO geregelt. Für den Bereich des LSt-Abzugs und der veranlagten ESt kommt in erster Linie die in § 370 AO geregelte Steuerhinterziehung in Betracht, die als Sonderstraftatbestand dem allgemeinen Betrugstatbestand in § 263 StGB vorgeht (> Rz 6). Hinzu treten die in §§ 377ff AO geregelten Steuerordnungswidrigkeiten (> Rz 20 ff). Der Bruch des Steuergeheimnisses kann nach § 355 StGB bestraft werden; damit ist das keine Steuerstraftat mehr. An sich nicht strafbar ist die > Steuerumgehung. Anders aber, wenn dem FA gegenüber entweder unrichtige oder unvollständige oder pflichtwidrig überhaupt keine Angaben über steuerlich erhebliche Tatsachen gemacht werden (BFH 138, 4 = BStBl 1983 II, 534).
Rz. 6
Stand: EL 113 – ET: 09/2017
Steuerhinterziehung begeht, wer den FinBeh oder anderen Behörden (vgl § 6 AO) über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht, wer die FinBeh pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt und dadurch Steuern verkürzt (> Rz 7) oder für sich oder einen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt (> Rz 8). Der Versuch ist strafbar (vgl § 370 Abs 1, 2 AO). Ein Ehegatte, der lediglich die gemeinsame Steuererklärung unterschreibt, in der der andere Ehegatte falsche Angaben gemacht hat, begeht keine Steuerhinterziehung (BFH 198, 66 = BStBl 2002 II, 501).
Rz. 7
Stand: EL 113 – ET: 09/2017
Steuern werden ua verkürzt, wenn eine Steuer – wie zB bei der ESt-Veranlagung – nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig festgesetzt wird (§ 370 Abs 4 AO). So auch bei Nichtangabe der von dritter Seite erhaltenen Lohnteile in der Steuererklärung (> Lohnzahlung durch Dritte Rz 26; glA Ebner, DStR 2017, 1424; zweifelnd Wobst, DStR 2016, 2693). Das gilt auch, wenn die Steuer vorläufig oder unter Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt wird oder eine Steueranmeldung (> Lohnsteuer-Anmeldung) einer Steuerfestsetzung unter dem > Vorbehalt der Nachprüfung (§ 168 AO) gleichsteht. Zur Hinterziehung von ESt-Vorauszahlungen durch unrichtige Angaben in der Jahressteuererklärung vgl BFH 182, 499 = BStBl 1997 II, 600. Auch die Anmeldung und Abführung der pauschal erhobenen LSt erst am Ende eines Kalenderjahres und nicht nach Ablauf eines jeden LSt-Anmeldungszeitraums erfüllt den objektiven Tatbestand einer Steuerhinterziehung. Eine auf verspäteter Abgabe der > Steuererklärung beruhende Steuerverkürzung tritt in dem Zeitpunkt ein, in dem die Steuer bei rechtzeitiger Abgabe der Erklärung spätestens festgesetzt worden wäre (HFR 1980, 27). Nicht jedes Verstreichenlassen der Abgabefrist ist jedoch als versuchte Steuerhinterziehung zu werten (HFR 1981, 286; vgl Nr 132 Abs 2 der AStBV (St) 2017 [> Rz 2]).
Rz. 8
Stand: EL 113 – ET: 09/2017
Als Steuerhinterziehung bestraft wird ferner die nicht gerechtfertigte Erlangung von Steuervorteilen, wie zB die durch unrichtige Angaben erschlichene Bildung eines Freibetrags bei den > Lohnsteuerabzugsmerkmale (> Lohnsteuer-Ermäßigungsverfahren), die Herabsetzung der > Vorauszahlungen auf die Einkommensteuer oder die Freistellung von der LSt durch eine mit falschen Angaben erschlichene > Freistellungsbescheinigung. Steuerhinterziehung liegt nach dem Kompensationsverbot auch dann vor, wenn die Steuer, auf die sich die Tat bezieht, aus anderen Gründen hätte ermäßigt oder der Steuervorteil aus anderen Gründen (zB Verlustvorträge iSv § 10d EStG; EFG 1989, 513) hätte beansprucht werden können (§ 370 Abs 4 Satz 3 AO). Steuerhinterziehung setzt somit weder eine Vermögensschädigung des Staates noch eine Bereicherung des Täters voraus (BGH, BStBl 1961 I, 495). Bei der Strafzumessung ist die Höhe des tatsächlich eintretenden Steuerschadens jedoch zu berücksichtigen (> Rz 16). Zur Steuerhinterziehung bei Doppelzahlung von > Kindergeld Rz 51 vgl EFG 2010, 612.
Rz. 9
Stand: EL 113 – ET: 09/2017
Ein Arbeitgeber hinterzieht LSt/SolZ, wenn er zur Einbehaltung von LSt verpflichtet ist (vgl BFH 167, 507 = BStBl 1992 II, 733 unter 2.) und er es in Kenntnis seiner gesetzlichen Verpflichtungen unterlässt, LSt-Anmeldungen abzugeben und LSt/SolZ einzubehalten und abzuführen, im Bewusstsein und mit dem Erfolg, dass das FA hierdurch über das Bestehen oder die Höhe des Steueranspruchs in Unkenntnis gehalten wird (BGH, NJW 1970, 2034). Dies gilt auch dann, wenn die ArbG-Eigenschaft wie zB bei > Schwarzarbeiter zweifelhaft ist. Zur Steuerhinterziehung bei verschleierten Lohnzahlungen an Fußballspieler vgl BGH vom 07.11.2006 5-StR-164/06, BFH/NV Beilage 2007, 461= HaufeIndex 1 641 450. Die Steuerhinterziehung ist in dem Zeitpunkt vollendet, in dem trotz Fristablaufs die einbehaltene LSt und der SolZ nicht angemeldet werden, selbst wenn der ArbG sie nicht auf Dauer hinterziehen will (OLG Koblenz, DB 1973, 2071). Die nicht rechtzeitige Abführung von LSt und SolZ allein reicht dagegen nicht aus, um den ArbG wegen Steuerhinterziehung zu bestrafen; es kann aber eine Gefährdung von Abzugsteuern iSd § 380 A...