a) Grundsätzliches
Rz. 105
Stand: EL 123 – ET: 08/2020
Wird der ArbN nicht schon nach § 46 Abs 2 Nr 1–7(> Rz 35–102) von Amts wegen veranlagt, eröffnet ihm § 46 Abs 2 Nr 8 EStG "insbesondere zur Anrechnung von Lohnsteuer auf die Einkommensteuer" eine Veranlagung (> R 46.2 EStR). § 46 Abs 2 Nr 8 EStG gilt also nur subsidiär. Zur Form und Frist des Antrags > Rz 108 ff, zum örtlich zuständigen FA > Rz 161.
Rz. 106
Stand: EL 123 – ET: 08/2020
Im Rahmen der Veranlagung auf Antrag kann der ArbN zB > Werbungskosten, > Sonderausgaben, > Kinderfreibeträge (vgl § 32 Abs 6 EStG) oder > Außergewöhnliche Belastungen geltend machen. Das Gleiche gilt für > Verluste aus einer anderen Einkunftsart (> Einkünfte) als der aus nichtselbständiger Arbeit und andere Antragsgründe (zu einzelnen Antragsgründen > Rz 120 ff).
Rz. 107
Stand: EL 123 – ET: 08/2020
Eine Antragsveranlagung ist unabhängig vom Härteausgleich durchzuführen (> Rz 146), auch wenn er im Ergebnis zu einem Betrag unter 410 EUR führt (BFH 104, 337 = BStBl 1972 II, 278). Würden (saldierte positive und negative) > Einkünfte, die nicht der LSt zu unterwerfen waren, aufgrund eines Härteausgleichs in gleicher Höhe unversteuert bleiben, so könnten § 34, § 34c und § 35 EStG nicht angewendet werden (BFH 77, 167 = BStBl 1963 III, 379 und BFH 104, 337, aaO; ergänzend > Rz 128 und > Rz 135).
Steuerfreie > Lohnersatzleistungen oder DBA-Einkünfte iSd § 32b EStG von nicht mehr als 410 EUR werden beim > Progressionsvorbehalt berücksichtigt; ein Härteausgleich (> Rz 145 ff) ist insoweit ausgeschlossen.
b) Antrag, Antragsfrist
Rz. 108
Stand: EL 123 – ET: 08/2020
Der Antrag auf Veranlagung ist grundsätzlich bis zum Ablauf der vierjährigen Festsetzungsfrist (> Verjährung Rz 10 ff) durch Abgabe einer Einkommen- > Steuererklärung (> Rz 113) bei dem zuständigen FA (> Rz 161) zu stellen (§ 46 Abs 2 Nr 8 Satz 2 EStG).
Rz. 109
Stand: EL 123 – ET: 08/2020
Bei der Antragsveranlagung beginnt die Festsetzungsfrist mit Ablauf des Kalenderjahres, für das der Antrag auf Veranlagung gestellt wird (§ 170 Abs 1 AO; § 36 Abs 1 EStG). Sie beträgt vier Jahre (§ 169 Abs 2 AO; § 36 Abs 1 EStG). Die Regelung zur Anlaufhemmung in § 170 Abs 2 AO (> Verjährung Rz 15), wonach die Festsetzungsfrist erst mit Ablauf des Kalenderjahres beginnt, in dem die Steuererklärung beim FA eingereicht wird, spätestens jedoch mit Ablauf des dritten Kalenderjahres, das auf das Jahr folgt, in dem die Steuer entstanden ist, gilt nicht für die Antragsveranlagung. Die Anlaufhemmung gilt vielmehr nur, wenn eine Verpflichtung zur Abgabe einer Steuererklärung besteht (BFH 233, 311 = BStBl 2011 II, 746; BFH/NV 2013, 340 = HFR 2013, 227). Diese unterschiedliche Regelung verstößt nicht gegen den > Gleichheitssatz. Dies wird damit begründet, dass die Veranlagung auf Antrag ausschließlich im Interesse des ArbN liegt und es anders als bei einer Pflichtveranlagung nicht darum geht, den staatlichen Besteuerungsanspruch durch die Gewährleistung ausreichender Bearbeitungszeit bis zum Fristablauf für das FA zu sichern. Zu Einzelheiten vgl BVerfG vom 18.09.2013 – 1 BvR 924/12 (BFH/NV 2014, 142 [nur redaktioneller LS] = HFR 2013, 1157).
Beispiel 1:
Der Antrag auf Veranlagung zur Anrechnung der LSt auf die ESt (> Rz 120 ff) für das Kalenderjahr 2020 muss bis zum 31.12.2024 beim FA eingegangen sein.
Zur Anwendung der Anlaufhemmung, wenn der ArbN vom FA zur Abgabe einer > Steuererklärung aufgefordert wird, > Rz 112.
Rz. 110
Stand: EL 123 – ET: 08/2020
Die Antragsfrist wird idR durch Abgabe der > Steuererklärung (Antrag) gewahrt; diese muss beim örtlich zuständigen FA eingehen (vgl BFH vom 13.02.2020 – VI R 37/17 [DStR 2020, 1434 = NJW 2020, 2207] und VI R 38/17, nv, jeweils in Abgrenzung zu BFH 150, 543 = BStBl 1987 II, 827; ergänzend zur Thematik EFG 2020, 8 = DStRE 2020, 234, dazu Rev, BFH VIII R 31/19).
Rz. 111
Stand: EL 123 – ET: 08/2020
Hat der ArbN seine > Steuererklärung bis zum Ablauf der Festsetzungsfrist (> Rz 109) nicht beim FA eingereicht, kommt eine > Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht in Betracht; das gilt auch, wenn ihn daran kein > Verschulden trifft (BFH 200, 214 = BStBl 2008 II, 462 – VerfB wurde durch Beschluss vom 06.04.2009 – 1 BvR 1692/08 nicht zur Entscheidung angenommen).
Rz. 112
Stand: EL 123 – ET: 08/2020
Fordert das FA den ArbN auf, eine > Steuererklärung einzureichen, ist der ArbN nach § 149 Abs 1 Satz 2 AO auch dann zur Abgabe verpflichtet, wenn sich herausstellt, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Veranlagung von Amts wegen (> Rz 35–102) nicht erfüllt sind. In diesem Fall findet die Anlaufhemmung des § 170 Abs 2 AO (> Verjährung Rz 15) jedoch nur Anwendung, wenn das FA die Abgabe der Steuererklärung innerhalb der Festsetzungsfrist nach § 170 Abs 1 AO, also innerhalb von vier Jahren nach Ablauf des zu veranlagenden Kalenderjahres, vom ArbN angefordert hat. Ansonsten ist bereits Verjährung eingetreten und die Anforderung kann den Fristbeginn nicht mehr bestimmen (BFH 237, 400 = BStBl 2012 II, 711 mwN). Hat das FA den Antrag auf Veranlagung bestandskräftig abgele...