Rz. 15
Stand: EL 127 – ET: 08/2021
In bestimmten Fällen wird der Beginn der Festsetzungsfrist hinausgeschoben (Anlaufhemmung – § 170 Abs 2 AO). So beginnt die Frist in den Fällen, in denen eine > Steuererklärung oder eine Steueranmeldung einzureichen ist wie zB bei der ESt (§ 56 EStDV) oder der LSt (§ 41a Abs 1 EStG), erst mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuererklärung oder Anmeldung beim FA eingeht. Ebenso verzögert eine Anzeige des ArbG (§ 41c Abs 4 Satz 1 Nr 2 EStG; > Anzeigepflichten Rz 8 f) den Anlauf der Festsetzungsfrist für die LSt gegenüber dem ArbN (BFH 238, 408 = BStBl 2013 II, 190; > Nachforderung von Lohnsteuer Rz 21 ff). In diesen Fällen beginnt die Festsetzungsfrist jedoch spätestens vom Ablauf des dritten Kalenderjahres an, das auf das Jahr folgt, in dem die Steuer entstanden ist (§ 170 Abs 2 Nr 1 AO; vgl BFH 220, 220 = BStBl 2009 II, 703). Die Anlaufhemmung tritt unabhängig davon ein, ob sich die Pflicht zur Abgabe der Erklärung oder Anzeige unmittelbar aus einem Gesetz oder einer Rechtsverordnung ergibt oder ob das FA den Stpfl zur Abgabe einer Erklärung auffordert (§ 149 Abs 1 Satz 2 AO). Nicht gehemmt wird die Festsetzungsverjährung jedoch in den Fällen der Antragsveranlagung nach § 46 Abs 2 Nr 8 EStG (> Veranlagung von Arbeitnehmern Rz 109; AEAO zu § 170 Tz 3 sowie BFH/NV 2013, 340 mwN).
Rz. 15/1
Stand: EL 127 – ET: 08/2021
Für den Lauf der Festsetzungsfrist sind aufgrund der Anlaufhemmung die LSt-Anmeldungszeiträume von Dezember des Vorjahres bis November des laufenden Kalenderjahres zusammenzufassen, deren Festsetzungsfrist gemeinsam mit Ablauf des 31.12. des betreffenden Jahres beginnt und bei Ablauf des 4. Folgejahres endet.
Beispiel 1:
Im Jahre 2021 soll bei einem ArbG, der zuletzt in 2015 geprüft worden ist, eine > Außenprüfung der LSt stattfinden. Die hier monatlich einzureichenden (§ 41a Abs 2 Satz 1 EStG) LSt-Anmeldungen wurden fristgerecht abgegeben.
Die Festsetzungsfrist für die LSt, die mit der LSt-Anmeldung für November 2016 (einzureichen bis 10.12.2016) anzumelden war, beginnt mit Ablauf des 31.12.2016. Die vierjährige Festsetzungsfrist endet mit Ablauf des 31.12.2020. Im Jahre 2021 wird grundsätzlich eine LSt-Außenprüfung für die LSt-Anmeldungszeiträume November 2016 und früher nur noch bei Verdacht einer Steuerstraftat durchgeführt werden. Dagegen beginnt die Festsetzungsfrist für die LSt, die mit der LSt-Anmeldung für Dezember 2016 (einzureichen bis 10.01.2017) anzumelden war, erst mit Ablauf des 31.12.2017. Sie endet (ohne Berücksichtigung der aufgrund der Außenprüfung verursachten Ablaufhemmung iSd § 171 Abs 4 AO; > Rz 20 ff) mit Ablauf des 31.12.2021. Folglich darf das FA die für Dezember 2016 einzubehaltende und abzuführende LSt im Jahre 2021 noch prüfen.
Rz. 16
Stand: EL 127 – ET: 08/2021
Die Abgabe der LSt-Anmeldung bewirkt eine Anlaufhemmung der Festsetzungsfrist gegenüber dem ArbG. Der BFH hat jedoch entschieden, dass die Anlaufhemmung des § 170 Abs 2 Satz 1 Nr 1 AO auch gegenüber dem Steuerschuldner (ArbN) eintritt, wenn der Schuldner der Anmeldungssteuer – das ist der ArbG – keine Steueranmeldung abgibt (BFH 202, 1 = BStBl 2003 II, 687; aA zB T/K/Drüen, § 170 AO Tz 15 mwN; beachte: Die Festsetzungsfrist für Steuerfestsetzungen gegen den ArbN im Veranlagungsverfahren wird hierdurch nicht beeinflusst). Eine > Nachforderung von Lohnsteuer Rz 35 ff durch Erlass eines Steuerbescheids gegen den ArbN ist deshalb bis zum Ablauf der Festsetzungsfrist für die Anmeldungssteuer zulässig; Entsprechendes gilt für die > Erstattung von Lohnsteuer. Zu einer Besonderheit > Rz 12.
Rz. 17
Stand: EL 127 – ET: 08/2021
Anlaufhemmung tritt ferner ein, wenn aufgrund gesetzlicher Vorschriften (> Anzeigepflichten) eine Anzeige zu erstatten ist (§ 170 Abs 2 Satz 1 Nr 1 AO; BFH 238, 408 = BStBl 2013 II, 190). Die Mitteilung über Änderungen in den für das KiG erheblichen Verhältnissen (vgl § 68 Abs 1 Satz 1 EStG; > Kindergeld Rz 51) ist keine "Anzeige" idS (BFH 214, 1 = BStBl 2008 II, 371).
Rz. 18
Stand: EL 127 – ET: 08/2021
Wird eine Steuer oder > Steuervergütung wie das KiG nur auf Antrag festgesetzt, so beginnt die Frist für die Aufhebung oder Änderung dieser Festsetzung oder ihrer Berichtigung wegen offenbarer Unrichtigkeit nicht vor Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Antrag gestellt wird (§ 170 Abs 3 AO). Bei einer Antragsveranlagung zur ESt (§ 46 Abs 2 Nr 8 und 9 EStG; > Veranlagung von Arbeitnehmern Rz 105 ff) beginnt die Festsetzungsfrist mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist (§ 170 Abs 1 AO).
Beispiel 2:
Der ArbN A hat für 2016 und 2017 die Durchführung einer Veranlagung beantragt. Die entsprechenden Steuererklärungen wurden dem > Wohnsitz-Finanzamt in 2017 bzw 2018 eingereicht. Anfang 2021 erhält das FA die Mitteilung, bei einer in 2020 durchgeführten > Außenprüfung beim ArbG sei festgestellt worden, für den A sei vom Dezemberlohn 2016 und vom > Arbeitslohn 2017 zu wenig LSt einbehalten worden. Aufgrund dieser Mitteilung sollen die Einkommensteuerbesche...