A. Allgemeines
Rz. 1
Stand: EL 130 – ET: 05/2022
Bei verspäteter Abgabe einer > Steuererklärung kann (> Ermessen) das FA einen Verspätungszuschlag festsetzen (§ 152 AO). Seit dem VZ 2018 ist es hierzu in bestimmten Fällen gesetzlich verpflichtet (keine Ermessensentscheidung; > Rz 9).
Die gesetzliche Regelung zum Verspätungszuschlag ist durch das StModernG vom 18.07.2016 (BGBl 2016 I. 1679 = BStBl 2016 I, 694) grundlegend geändert worden (zum Hintergrund vgl BT-Drs 16/7100 S 40, 223f). Die Neufassung gilt jedoch erst für solche Steuererklärungen, die nach dem 31.12.2018 einzureichen sind (§ 8 Abs 4 EGAO; > Steuererklärung Rz 3; > Rz 8–11). Für Steuererklärungen, welche vor dem 01.01.2019 einzureichen sind bzw waren, gilt noch die alte Regelung zum § 152 AO (> Rz 4–7; hier § 152 AO aF).
Rz. 2
Stand: EL 118 – ET: 06/2019
Auch die > Lohnsteuer-Anmeldung ist eine Steuererklärung (§ 150 Abs 1 Satz 3 AO). Die für die Abgabe von LSt-Anmeldungen früher geltende Schonfrist von 5 Tagen wurde ab 2004 abgeschafft. Zur Fristwahrung reicht die Abgabe einer mangelhaften Erklärung aus (EFG 1978, 309); Gleiches gilt für eine per Telefax übermittelte Steueranmeldung (BFH 198, 337 = BStBl 2003 II, 45); anders aber, wenn die Erklärung für die Steuerfestsetzung völlig unbrauchbar ist (BFH 97, 405 = BStBl 1970 II, 168; BFH 105, 416 = BStBl 1972 II, 725). Die Abgabe einer > Steuererklärung ohne Benutzung des amtlichen Vordrucks führt idR zu einem Verspätungszuschlag (EFG 1990, 339). Ebenso bei Abgabe von elektronisch einzureichenden Erklärungen in Papierform (EFG 2014, 1846; BFH/NV 2016, 373). Das Verschulden eines gesetzlichen Vertreters oder eines Erfüllungsgehilfen steht eigenem Verschulden gleich (§ 152 Abs 1 Satz 2 HS 2 AO). Zur persönlichen Haftung eines GmbH-Geschäftsführers für Verspätungszuschläge vgl BFH 192, 249 = BStBl 2001 II, 271; > Haftung für Lohnsteuer Rz 151 ff, 172.
Rz. 3
Stand: EL 118 – ET: 06/2019
Ein Verspätungszuschlag wird nicht festgesetzt, wenn das Fristversäumnis des Stpfl, des gesetzlichen Vertreters oder des Steuerberaters entschuldbar erscheint (§ 152 Abs 1 Satz 2 AO; beachte aber > Rz 9), zB bei Fristversäumnis wegen Krankheit (EFG 1977, 194). Die nicht aus den Akten des FA ersichtlichen Gründe für ein entschuldbares Fristversäumnis sind vom Stpfl darzulegen. Andernfalls kann das FA einen Verspätungszuschlag festsetzen ohne vorher Entschuldigungsgründe zu suchen (BFH/NV 2001, 146). Die verspätete Abgabe der Steuererklärung ist im Hinblick auf die Präventionswirkung des Verspätungszuschlags als Druckmittel (> Rz 4) nicht dadurch entschuldbar, dass das FA die ESt nicht zeitnah nach Eingang der Steuererklärung festgesetzt hat (BFH 196, 392 = BStBl 2002 II, 120; BFH 198, 399 = BStBl 2002 II, 679). Ob ein Versäumnis entschuldbar erscheint, ist eine Rechtsfrage, während die Festsetzung des Verspätungszuschlags im Übrigen eine Ermessensentscheidung ist (BFH 73, 761 = BStBl 1961 III, 542; > Ermessen; beachte aber > Rz 9). Das Versäumnis ist idR nicht entschuldbar, wenn die Steuererklärung wiederholt nicht oder nicht fristgemäß abgegeben hat oder eine vom FA verlängerte Frist (§ 109 AO) nicht eingehalten worden ist (AEAO zu § 152 Nr 2). Das Gleiche gilt, wenn jemand bewusst, wenn auch infolge eines Irrtums über die Rechtslage, die Frist zur Abgabe der > Steuererklärung verstreichen lässt. Ebenso rechtfertigt Arbeitsüberlastung grundsätzlich nicht die Verspätung (zB BFH/NV 2007, 1617). Ein finanzieller Vorteil durch verspätete Abgabe der Steuererklärung ist nicht unbedingt Voraussetzung für einen Verspätungszuschlag; er ist deshalb auch bei einer Steuererstattung zulässig (BFH 157, 14 = BStBl 1989 II, 693); ebenso, wenn der Verspätungszuschlag die Abschlusszahlung übersteigt (BFH/NV 2011, 1288); er ist aber unzulässig, wenn die verspätet abgegebene Steuererklärung zu einer Steuerfestsetzung von 0 Euro führt (BFH 158, 103 = BStBl 1989 II, 955; > Rz 3). Ein Verspätungszuschlag ist auch bei einer Kollision mit Anwaltspflichten gerechtfertigt (EFG 1991, 440).
B. Vor dem 01.01.2019 einzureichende Erklärungen
Rz. 4
Stand: EL 118 – ET: 06/2019
Der Verspätungszuschlag beträgt bis 10 % der festgesetzten > Steuer, höchstens aber 25 000 EUR (§ 152 Abs 2 AO aF). Die Verwendung einer Automationsunterstützung zur Ermittlung der Höhe des festzusetzenden Verspätungszuschlags ist zulässig, wenn die maschinelle Berechnung nur als Vorschlag behandelt und die spätere Ermessensentscheidung des Bearbeiters bei der Festsetzung des Verspätungszuschlags entsprechend dokumentiert wird (EFG 2001, 119). Wird die Steuerschuld im Einspruchsverfahren herabgesetzt, muss das FA die Höhe des bisherigen Verspätungszuschlags erneut überprüfen. Das gilt auch, wenn seine Festsetzung bereits unanfechtbar geworden ist (BFH 128, 17 = BStBl 1979 II, 641). Auch eine Verböserung im Einspruchsverfahren ist zulässig (BFH/NV 2015, 1665).
Rz. 5
Stand: EL 118 – ET: 06/2019
Bei der Bemessung des Verspätungszuschlags ist von seinem in § 152 Abs 2 Satz 2 AO aF genannten Zweck auszugehen, den Stpfl zur rechtzeitigen Abgabe der Steuere...