I. Werbungskosten oder negative Einnahmen
Rz. 106
Stand: EL 114 – ET: 01/2018
Zahlt der ArbN versteuerten Arbeitslohn zurück, so mindert der Rückfluss der besteuerten Bezüge im VZ des Rückflusses an den ArbG die Einnahmen des ArbN (BFH 213, 381 = BStBl 2006 II, 832; BFH 230, 173 = BStBl 2010 II, 1074 mwN). Das gilt auch, wenn die Bezüge – hier eine Entlassungsentschädigung – bei Zufluss tarifbegünstigt besteuert worden sind (BFH 214, 92 = BStBl 2006 II, 911). Der Rückfluss ist nicht etwa ein rückwirkendes Ereignis iSv § 175 Abs 1 Satz 1 Nr 2 AO, das bereits im VZ der Überzahlung zu berücksichtigen wäre (zB BFH 213, 383 = BStBl 2006 II, 830; BFH 214, 92 -- aaO). Insoweit gilt also das Prinzip der Abschnittsbesteuerung, bei der eine zeitabschnittsbezogene Steuerermittlung typischerweise bei progressiven Steuersätzen Unterschiede der Steuerbelastung bewirkt (> Außerordentliche Einkünfte Rz 114).
Rz. 106/1
Stand: EL 114 – ET: 01/2018
Sind die zurückfließenden positiven Einnahmen dem ArbN allerdings in einem früheren VZ steuerfrei zugeflossen -- zB wenn der ArbN im VZ 2 die vom ArbG im VZ 01 nach § 3 Nr 16 EStG steuerfrei empfangenen Reisekosten zurückzahlt -- bleiben die steuerfrei erhaltenen Beträge beim Rückfluss unberücksichtigt. Das beruht auf dem Rechtsprinzip von § 3c EStG, dessen Regelungsgehalt auch über einzelne Besteuerungsabschnitte hinweg übergreifend gilt (> Rz 72).
Rz. 107
Stand: EL 114 – ET: 01/2018
Ob zurückgezahlte Einnahmen als negative Einnahmen (NE) oder als WK zu berücksichtigen sind, haben neuere Entscheidungen des BFH wo immer möglich offengelassen. Sie hat nur dann Auswirkungen, wenn eine Verrechnung von WK gegen den ArbN-Pauschbetrag in Betracht kommt, weil dieser nicht anderweitig ausgeschöpft worden ist; denn von NE darf der ArbN-Pauschbetrag nicht abgezogen werden (§ 9a Satz 2 EStG). Zudem sind NE betragsmäßig auf den ursprünglich erhaltenen Arbeitslohn begrenzt (vgl BFH 226, 317 = BStBl 2010 II, 299).
NE sind Aufwendungen, die die Kriterien für WK -- Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen (> Rz 9 f) -- nicht erfüllen. UE gehören dazu Leistungen, die der ArbN zunächst als > Arbeitslohn erhalten und auf Grund arbeitsrechtlicher Verpflichtung an den ArbG zurückgezahlt hat. Anders wohl BFH 250, 362 = BStBl 2015 II, 1019 (Herausgabe von Bestechungsgeld an den ArbG als WK). Ähnlich wollen Schmidt/Loschelder (zu § 9 EStG Rz 108) die Rückzahlung einer Abfindung als WK behandeln; in der in Bezug genommenen Entscheidung BFH 214, 92 = BStBl 2006 II, 911 (dort Rz 14) hat der BFH die Entscheidung allerdings offengelassen. Ob aber die Rückzahlung der Einnahmen durch ihre ‚Erzielung’ veranlasst ist (zur Veranlassung > Rz 33 ff) – vgl die BFH-Definition des WK-Begriffs (> Rz 12 ff) – ist uE wohl auch für den BFH nicht eindeutig. Dieser orientiert sich zwar am ‚Veranlassungszusammenhang’; ein lediglich abstraktes Ursache-Folgeverhältnis im Sinne einer conditio sine qua non rechtfertigt aber noch nicht die Zuordnung zur Erwerbssphäre (vgl BFH 229, 297 = BStBl 2010 II, 851, Rz 9). Zu Einzelheiten > Negative Einnahmen, > Rückzahlung von Arbeitslohn.
II. Negative Werbungskosten
Rz. 108
Stand: EL 114 – ET: 01/2018
Der Tatbestand und die möglichen Rechtsfolgen sog negativer WK sind gesetzlich nicht ausdrücklich geregelt. Ihre Behandlung ergibt sich aus dem Prinzip der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit: Der Rückfluss früherer Aufwendungen des ArbN, die zuvor bei der Ermittlung seiner Einkünfte als WK abgezogen worden sind, führt zu Einnahmen (BFH 81, 188 = BStBl 1965 III, 67; BFH 136, 238 = BStBl 1982 II, 755; BFH 198, 198 = BStBl 2003 II, 126 mwN).
III. Erstattung von Werbungskosten durch den Arbeitgeber
Rz. 109
Stand: EL 114 – ET: 01/2018
Aufwendungen des ArbN, die ihrer Natur nach WK sind, darf der ArbG grundsätzlich nicht steuerfrei erstatten. Erhält der ArbN einen Ausgleich für seine Aufwendungen, so handelt es sich vielmehr um zusätzlichen steuerpflichtigen > Arbeitslohn, der um WK zu mindern ist (vgl zB BFH 198, 545 = BStBl 2002 II, 823). Es könnte sonst, weil alle ArbN einen > Arbeitnehmer-Pauschbetrag erhalten, zu einer doppelten steuerlichen Berücksichtigung kommen. Außerdem werden so Abzugsverbote (> Rz 75 ff) unwirksam. Deshalb ist der steuerfreie Ersatz von WK auf wenige Sachverhalte begrenzt und grundsätzlich im EStG abschließend geregelt (BT-Drs 11/2157, 137). Zur verfassungsrechtlichen Problematik > Arbeitnehmer-Pauschbetrag Rz 1.
Die Rechtsmeinung (zu der auch der BFH tendiert), der Ersatz von WK durch den ArbG führe nicht zu Arbeitslohn, hat uE keine Rechtsgrundlage. Dazu ausführlich > Auslagenersatz Rz 4 –15.
IV. Erstattung von Werbungskosten durch Dritte
Rz. 110
Stand: EL 114 – ET: 01/2018
Leistungen einer Versicherung, die Aufwendungen mit WK-Charakter ersetzen, sind im VZ des Zuflusses steuerpflichtige Einnahmen bei der Einkunftsart, bei der die Versicherungsprämien vorher als WK abgezogen worden sind (BFH 171, 183 = BStBl 1993 II, 748). Fließt die Erstattung dem ArbN im selben Kalenderjahr (VZ) zu, in dem die WK aufgewendet werden, so heben sich Leistung (Aufwand) und Gegenleistung (Einnahme) in ihrer steuerlichen Wirkung insoweit auf. Erhält der ArbN...