Rz. 60
Stand: EL 114 – ET: 01/2018
Für die Klärung, ob es sich um WK bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit handelt, gehört in bestimmten Fällen die Abgrenzung zu den bei anderen Einkunftsarten anzusetzenden WK. Denn WK müssen bei der Einkunftsart abgezogen werden, bei der sie erwachsen sind (§ 9 Abs 1 Satz 2 EStG). Soweit sie mit mehreren Einkunftsarten in Zusammenhang stehen, sind sie bei der Einkunftsart abzuziehen, zu der sie in engerer wirtschaftlicher Beziehung stehen (Rz 16 in BFH 251, 429 = BStBl 2016 II, 305; BFH 258, 365 = BStBl 2017 II, 1073) oder sie nach Grund und Wesen die engere Beziehung haben (BFH 137, 564 = BStBl 1983 II, 467; > Rz 62). Das kann auch eine neben dem gegenwärtig ausgeübten Erwerb zunächst nur angestrebte – andere / weitere / neue – Erwerbstätigkeit sein, wenn sie bereits hinreichend konkret ist, um den notwendigen Veranlassungszusammenhang (> Rz 33 ff) herzustellen (BFH 250, 518 = BStBl 2016 II, 60). Stehen Aufwendungen im Zusammenhang mit mehreren Einkunftsarten, sind sie im Schätzungswege aufzuteilen; mindestens ist der Arbeitnehmer-Pauschbetrag anzusetzen (BFH 222, 313 = BStBl 2008 II, 937). Besonderheiten regeln § 20 Abs 8 EStG bei den Einkünften aus Kapitalvermögen und § 21 Abs 3 EStG bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung.
Die ArbN-Beiträge zur GRV sind keine vorweggenommenen WK bei den sonstigen Einkünften iSv § 22 Nr 1 Satz 3 Buchst a EStG, sondern werden nur als SA berücksichtigt (> Renteneinkünfte Rz 117). Andere Aufwendungen wie zB Schuldzinsen für einen Kredit zur Nachzahlung freiwilliger Beiträge zur GRV (BFH 134, 124 = BStBl 1982 II, 41; > Rz 65) oder > Prozesskosten um Ansprüche aus der gesetzlichen oder privaten Rentenversicherung (> Renteneinkünfte Rz 115 ff) gehören aber auch dann zu den WK bei den Einkünften aus § 22 EStG, wenn sie iZm einer rentenversicherungspflichtigen Tätigkeit erwachsen. Voraussetzung ist, dass die Aufwendungen wirtschaftlich mit der Erzielung von Einkünften in Zusammenhang stehen und nicht durch die Vermögensbildung veranlasst sind. Der Verlust einer auf eine stille Beteiligung geleisteten Einlage steht im Veranlassungszusammenhang zum Dienstverhältnis, wenn es dem Betroffenen nicht auf die Nutzung der Beteiligung als Kapitalertragsquelle ankam (EFG 2011, 1148). Eine private RV dient der Kapitalbildung und nicht der Erzielung von Einkünften, wenn ein Kapitalwahlrecht oder Kündigungsrecht besteht (BMF vom 20.11.1997, BStBl 1998 I, 126 – der Erlass gilt weiterhin, vgl Nr 815 der Positivliste aus BMF vom 21.03.2017, BStBl 2017 I, 486).
Rz. 61
Stand: EL 114 – ET: 01/2018
Schuldzinsen für ein Darlehen, das ein ArbN zur > Rückzahlung von Arbeitslohn aufgenommen hat, können WK bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit sein (§ 9 Abs 1 Satz 3 Nr 1 iVm § 19 EStG). Hingegen sind Schuldzinsen für ein Darlehen zum Erwerb einer Kapital-Beteiligung am arbeitgebenden Unternehmen als Voraussetzung für eine Gehaltssteigerung WK bei den Einkünften aus KapVerm (BFH 213, 341 = BStBl 2006 II, 654; ähnlich BFH/NV 2006, 1817 und BFH 258, 365 aaO für den Erwerb von Anteilen am künftig arbeitgebenden Unternehmen), die sich ggf aber nicht auswirken (vgl § 20 Abs 9 EStG). Ebenso sind Verluste aus Spekulations- und Geldgeschäften, selbst wenn sie mit dem Dienstverhältnis zusammenhängen, keine WK bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit (BFH 73, 449 = BStBl 1961 III, 431); ebenso nicht Geldgeschäfte zwischen ArbN und ArbG (RFH, RStBl 1933, 586; ergänzend > Rz 44); ebenso bei Verlusten des Vorstands einer AG aus der Pflege des Aktienkurses (RFH, RStBl 1934, 326). Zu Besonderheiten beim > Gesellschafter-Geschäftsführer von Kapitalgesellschaften Rz 53 sowie BFH 236, 61 = BStBl 2012 II, 343.
Rz. 62
Stand: EL 114 – ET: 01/2018
Zuweilen berühren Aufwendungen gleichzeitig das Dienstverhältnis und andere Einkunftsarten, ohne dass eine klare Abgrenzung möglich ist, zB bei einem Beamten, der als Fachschriftsteller zusätzliche Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit hat und Fachbücher anschafft, oder bei dem angestellten Chefarzt eines Krankenhauses, der gleichzeitig eine Privatpraxis ausübt; bestimmte Aufwendungen (Berufskleidung, Zeitschriften, Beiträge usw) hängen dann mit beiden Tätigkeiten zusammen. In solchen Fällen sind die Ausgaben bei der Einkunftsart zu berücksichtigen, zu der sie nach Grund und Wesen die engere Beziehung haben (> Rz 60); lässt sich das nicht feststellen, weil die Tätigkeiten sich nicht wesentlich unterscheiden, sind die Ausgaben – ggf schätzungsweise – den verschiedenen Einkunftsarten zuzurechnen (BFH 222, 313 = BStBl 2008 II, 937 mwN: Jurist, der teils als ArbN teils als Freiberufler erwerbstätig ist).
Rz. 63
Stand: EL 114 – ET: 01/2018
Betreffen die Aufwendungen sowohl den beruflichen als auch den privaten Bereich, muss der berufliche (WK) vom privat (keine WK) veranlassten Anteil abgrenzbar sein (zu ‚echten’ gemischten Aufwendungen > Rz 99 ff [101]). Stehen zB Prozesskosten außer mit Rentenansprüchen auch mit anderen ...