Entscheidungsstichwort (Thema)
Aussetzung der Vollziehung der Umsatzsteuerbescheide 1990 bis 1994
Tenor
Der Antrag wird als unzulässig abgelehnt. Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsteller.
Gründe
Der Antrag ist unzulässig.
Gem. § 69 Absatz 4 der Finanzgerichtsordnung (FGO) setzt die unmittelbare Anrufung des Finanzgerichts voraus, daß die Behörde vor der Antragstellung einen entsprechenden Aussetzungsantrag abgelehnt hat, es sei denn, die Finanzbehörde entscheidet nicht in angemessener Frist über den Antrag oder dem Antragsteller kann wegen drohender Vollstreckung ein Abwarten nicht mehr zugemutet werden. Diese besondere Zugangsvoraussetzung ist hierbei nicht nur dann nicht erfüllt, wenn es an einem beim FA gestellten Aussetzungsantrag vollständig fehlt. Aus dem Sinn der Vorschrift, die Gerichte von unnötigen Verfahren zu entlasten, ergibt sich vielmehr, daß einem fehlenden Antrag ein unbegründeter oder nur formelhaft begründeter Antrag gleichsteht. Diese Einschränkung findet auch in der Regelung des § 69 Absatz 4 Nr. 1 FGO hinreichenden Ausdruck. Wenn der Gesetzgeber die unmittelbare Anrufung des Gerichts ausnahmsweise dann für zulässig erklärt, wenn das FA über einen Antrag nicht in angemessener Zeit entschieden hat, setzt er stillschweigend voraus, daß der Antrag eine tatsächliche oder rechtliche Begründung enthält. Denn da bei einem unbegründeten Antrag keine Gefahr besteht, daß das FA hierüber nicht kurzfristig entscheidet, hätte es dieser Regelung nicht bedurft. Auch aus verfassungsrechtlicher Sicht (Gewährung effektiven Rechtsschutzes, Art. 19 Absatz 4 des Grundgesetzes) hat der Senat keine Bedenken, die Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes außer in Fällen drohender Vollstreckung davon abhängig zu machen, daß der Antragsteller zuvor die Gelegenheit wahrnimmt, dem FA ein Überdenken des bisher eingenommenen Standpunktes zu ermöglichen. Denn nur so kann verhindert werden, daß die Finanzgerichte im Rahmen von Eilverfahren mit geringem Streitwert zu einem frühen Zeitpunkt in die Diskussion um Betriebprüfungs- und Steuerfahndungsberichte eingeschaltet werden, zu dem sich das FA in vielen Fällen noch kein ausreichendes Bild über die vom Antragsteller erstmals vorgebrachten Argumente gebildet hat. Wegen des zunehmenden Umfangs der Eilverfahren muß berücksichtigt werden, daß unter einer zu frühzeitigen Einschaltung der Gerichte in noch nicht hinreichend bedachte Eilverfahren die Gewährung des effektiven Rechtsschutzes für ältere Klageverfahren leidet. Auch wird es in Fällen fehlender oder unsubstantiierter Begründung häufig an der in § 69 Absatz 4 FGO geforderten endgültigen Ablehnung des Aussetzungsantrags fehlen, wenn das den Antragsteller auffordert, seinen Antrag zu substantiieren (ebenso Finanzgericht Hamburg, Beschluß vom 28.9.1992 III 189/92, Entscheidungen der Finanzgerichte – EFG– 1993, 95; FG des Saarlandes, Beschluß vom 26.2.1992 1 V 5/92, EFG 1992, 482; Tipke-Kruse, AO und FGO, § 69 Tz 17 letzter Absatz; a.A. Gosch, in Beermann, AO und FGO, § 69 Tz. 280).
Nach diesen Voraussetzungen war der Antrag als unzulässig zurückzuweisen, weil der beim FA gestellte und von diesem abgelehnte Antrag nur formelhaft begründet war. Die Behauptung, die Schätzung der Steuerfahndung sei „ohne Grundlagen”, enthalte „haltlose Anschuldigungen” und „Vermutungen” läßt ein Eingehen auf die Prüfungsfeststellungen vermissen. Auch an einer endgültigen Ablehnung des Antrags im Sinne des § 69 Absatz 4 FGO des Antrags fehlt es, denn das FA hat mit der Ablehnung des unsubstantiierten Antrags den Antragsteller gleichzeitig aufgefordert, binnen 3 Wochen zu den tatsächlichen Feststellungen des Fahndungsberichtes Stellung zu nehmen. Dies ist dann erst am 2.9.1997 –zwei Tage vor Eingang des Antrags bei Gericht– erfolgt und damit zu einem Zeitpunkt, wo der erstmals substantiierte Antrag auf Aussetzung der Vollziehung noch nicht vom FA beschieden werden konnte.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Absatz 1 FGO.
Fundstellen
Haufe-Index 1111834 |
NWB-DokSt 1998, 733 |