vorläufig nicht rechtskräftig
Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt
Entscheidungsstichwort (Thema)
Verwertungsverbot bei unterlassenem Hinweis auf ein Zwangsmittelverbot
Leitsatz (redaktionell)
- Aus der Verletzung strafrechtlicher Belehrungspflichten folgt nicht automatisch ein steuerrechtliches Verwertungsverbot.
- Voraussetzung für einen Verstoß gegen § 136a StPO, der zu einem Verwertungsverbot wegen verfahrensfehlerhaft gewonnener Beweismittel führt, ist eine bewusste, planmäßige Täuschung des Steuerpflichtigen.
- Eine mögliche „Rollenunklarheit”, wonach das Finanzamt nicht deutlich genug heraus gestellt hat, ob es die weiteren Unterlagen im Strafverfahren oder im Besteuerungsverfahren anfordert, führt nicht zu einem Verwertungsverbot.
- Eine ordnungsgemäße strafprozessuale Belehrung über ein Aussageverweigerungsrecht beinhaltet notwendig die steuerverfahrensrechtliche Belehrung nach § 393 Abs. 1 Satz 4 AO über das Zwangsmittelverbot.
Normenkette
StPO §§ 136, 136a, 163a Abs. 4; AO § 393 Abs. 1 S. 4
Streitjahr(e)
1990, 1991, 1992, 1993, 1994, 1995, 1996, 1997, 1998
Tatbestand
Streitig ist im Aussetzungsverfahren der ESt Bescheid 1990-1998, ob Angaben der Antragsteller über Vermietungseinkünfte einem Verwertungsverbot unterliegen.
Die Antragsteller sind zusammen veranlagte Rentner. Zudem erzielt der Antragsteller Einkünfte aus Vermietung eines Getränkemarktes und von Wohnungen im Obergeschoss und Dachgeschoss des ansonsten selbstgenutzten Wohnhauses.
Im Rahmen eines Steuerfahndungsverfahrens wegen ESt 1995 - 1998 wurde festgestellt, dass die Antragsteller den Abzugsbetrag für die Beschäftigung einer Haushaltshilfe (§ 33a Abs.3 EStG) geltend gemacht hatten, obschon sie tatsächlich keine Haushaltshilfe beschäftigten. Infolgedessen wurde den Antragstellern am 27.5.2002 die Einleitung des Steuerstrafverfahrens bekannt gegeben mit folgendem Wortlaut:
„Sie sind verdächtig, beim FA durch die Angabe inhaltlich unzutreffender Steuererklärungen falsche Angaben gemacht zu haben und hierdurch in den Jahren 1995 bis 1998 ESt verkürzt zu haben. Nach den Feststellungen der Steufa beantragten Sie seit Jahren den Freibetrag nach § 33a Abs.3 EStG für die Beschäftigung einer Haushaltshilfe, ohne das die Voraussetzungen hierfür vorlagen.”
Nach der Belehrung über das strafprozessuale Aussageverweigerungsrecht gem. § 163a Abs.4 iVm § 136 StPO heißt es weiter:
„Die weiteren Feststellungen ergaben, dass Sie in 1997 und 1998 bei ihren Einkünften aus V+V neben den Schuldzinsen, Abschreibungsbeträgen die übrigen Werbungskosten mit 42 DM/qm berücksichtigten mit der Folge, dass Sie als Einnahme die Warmmieten anzusetzen hatten. Dabei wurden die Umlagen pauschal mit 1,20 DM/qm erklärt. Inwieweit diese Angaben zutreffend sind, läßt sich den Akten nicht nachvollziehen. Soweit Sie bei der Aufklärung dieses Sachverhaltes in dem strafrechtlichen Zeitraum 1995 - 1998 mitwirken wollen, bitte ich um Vorlage der Mietverträge, der Mietzahlungsbelege, der Nebenkostenvereinbarungen und Nebenkostenabrechnungen.”
Zu den strafrechtlich wegen Verfolgungsverjährung nicht mehr verfolgbaren älteren Zeiträumen heißt es:
„Die Steuerfahndung hat auch die Besteuerungsgrundlagen für 1990 - 1994 zu ermitteln. In diesem Besteuerungsverfahren besteht ein Aussageverweigerungsrecht nach der StPO nicht. Insoweit weise ich auf Ihre Mitwirkungspflichten hin. Ich bitte daher, für die Zeiträume 1990 - 1994 die entsprechenden Vermietungsunterlagen vorzulegen (vgl. die Ausführungen zum strafrechtlichen Zeitraum).”
Nach dem Bericht der Steufa führte die Auswertung der Unterlagen zu folgenden Ergebnissen: Über den gesamten Streitzeitraum 1990 - 1998 wurde der Höchstbetrag von 1.200 DM für die Beschäftigung einer Haushaltshilfe zu Unrecht geltend gemacht, obwohl keine Haushaltshilfe beschäftigt worden war. Im Jahre 1996 gingen rückständige Mietzahlungen für 1995 und 1996 aufgrund einer zivilgerichtlichen Urteils in Höhe von 26.060,53 DM ein, die nicht erklärt wurden. Weiterhin wurden Mieteinkünfte nur teilweise angegeben und in den Jahren 1997 und 1998 statt der vollständigen Nebenkosten nur eine Pauschale von 1,20 DM/qm. Dies führte zu Mehrsteuern an Einkommensteuer (ohne Zinsen, Kirchensteuer und Soli) von
1990: |
790,46 DM |
1991: |
336,00 DM |
1992: |
192,00 DM |
1993: |
419,75 DM |
1994: |
1.253,16 DM |
1995: |
121,00 DM |
1996: |
1.657,00 DM |
1997: |
597,19 DM |
1998: |
448,92 DM |
|
5.815,48 DM |
Am 12.5.2005 wurden im Anschluss an den Bericht der Steufa Änderungsbescheide erlassen, gegen die Einspruch eingelegt und Aussetzung der Vollziehung beantragt wurde. Nach Zurückweisung des Antrags wurde hiergegen Einspruch eingelegt, der mit Einspruchsentscheidung vom 25.7.2005 zurückgewiesen wurde. Seinen Antrag auf gerichtliche Aussetzung der Vollziehung hat der Antragsteller sinngemäß zusammenfassend wie folgt begründet:
Die durch Mitwirkung der Antragsteller erhaltenen Kenntnisse über die unzutreffenden Angaben der Einkünfte aus V+V seien wegen eines Verwertungsverbotes nicht verwendbar. Dies ergebe sich aus § 136a StPO wegen Tä...