Entscheidungsstichwort (Thema)
Beginn der Festsetzungsverjährung bei Anzeige der Schenkung und späterer Abgabe der Schenkungssteuererklärung
Leitsatz (redaktionell)
Bestehen hinsichtlich der Schenkungsteuer sowohl eine Anzeige- als auch eine Erklärungspflicht, beginnt die Festsetzungsfrist nach § 170 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 AO mit Ablauf des Kalenderjahres in dem eine der Verpflichtungen erfüllt wird, also entweder die Steuererklärung, die Steueranmeldung oder die Anzeige eingereicht wird.
Normenkette
AO § 170 Abs. 2 S. 1 Nr. 1; ErbStG § 30 Abs. 1-2
Streitjahr(e)
1995
Nachgehend
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob im Zeitpunkt der Festsetzung der Schenkungsteuer partiell bereits Festsetzungsverjährung eingetreten war.
Der Kläger hatte von seinem Onkel im Wege der Schenkung zugewandt erhalten
- durch notariell beurkundeten Vertrag vom 29.10.1994 einen Teilkommanditanteil von xx.xxx DM an der W GmbH & Co KG in M ;
- durch weiteren notariell beurkundeten Vertrag vom 29.10.1994 einen Teilgeschäftsanteil von x.xxx DM an der Komplementär-GmbH der vorgenannten KG;
- durch privatschriftliche Darlehensübertragungsvereinbarung, ebenfalls vom 29.10.1994, einen Anteil am Gesellschafterdarlehensanspruch in Höhe von xxx.xxx DM;
- durch privatschriftlichen Zusatzvertrag vom 08.12.1995 zu dem vorgenannten Darlehensübertragungsvertrag einen weiteren Anteil am Gesellschafterdarlehensanspruch von xxx.xxx,xx DM.
Die Verträge zu a) - c) waren der Schenkungsteuerstelle des Beklagten durch den Notar mit Schreiben vom 11.09.1995 und erneut mit Schreiben vom 14.11.1995 übersandt worden.
Mit Schreiben vom 22.11.1995 hat der Beklagte daraufhin den Kläger zur Abgabe einer Schenkungsteuererklärung aufgefordert.
Mit am selben Tag eingegangenem Schreiben vom 14.12.1995 hat der Schenker der Schenkungsteuerstelle des Beklagten eine Kopie des Zusatzvertrags zu d) übersandt.
Die Schenkungsteuererklärung, in der nur die Rechtsvorgänge zu a) - c) berücksichtigt waren, ist am 13.02.1996 bei dem Beklagten eingegangen.
Mit Bescheid vom 26.06.2000 hat der Beklagte – unter Berücksichtigung der Rechtsvorgänge zu a) - d) – zunächst Schenkungsteuer in Höhe von xxx.xxx DM festgesetzt.
Mit dem Einspruch hat sich der Kläger auf Festsetzungsverjährung berufen. Die Festsetzungsfrist von 4 Jahren habe für sämtliche Rechtsvorgänge gemäß § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und Abs. 5 Nr. 2 Abgabenordnung (AO) mit Ablauf des Kalenderjahres 1995 zu laufen begonnen. Die Rechtvorgänge zu c) und d) seien noch in 1995 gemäß § 30 Abs. 1 und 2 Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz (ErbStG) angezeigt worden. Wenn nach § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO die Festsetzungsfrist mit Ablauf des Kalenderjahres beginne, in dem die Steuererklärung, die Steueranmeldung oder die Anzeige eingereicht werde, handele es sich hierbei um eine alternative und nicht um eine kumulative Aufzählung, so dass die zuerst vorgenommene Handlung für das Ende der Anlaufhemmung allein maßgeblich sei. Darauf, dass die Steuererklärung auf Anforderung erst in 1996 abgegeben worden sei, komme es damit nicht mehr an. Die Rechtsvorgänge zu a) und b) seien durch den beurkundenden Notar ebenfalls in 1995 angezeigt worden. Durch die Übersendung der Vertragskopien seien dem Beklagten alle Umstände bekannt geworden, die er für die Prüfung benötigt habe, ob ein steuerbarer Vorgang vorliege und ein Besteuerungsverfahren einzuleiten, insbesondere eine Steuererklärung anzufordern sei. Nach den Grundsätzen des Urteils des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 30.10.1996 II R 70/94, Bundessteuerblatt (BStBl) II 1997, 11, müsse in einem solchen Fall der Beginn der Festsetzungsfrist nicht weiter hinausgeschoben werden. Dies entspreche auch der von dem Finanzgericht (FG) München in dem Urteil vom 18.07.2001 4 K 4507/98, Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2002, 5, vertretenen Rechtsauffassung; danach beginne die Festsetzungsverjährung mit Ablauf des Jahres, in dem dem zuständigen Finanzamt der Erwerbsvorgang – sei es durch Abgabe der Steuererklärung oder einer Anzeige nach § 30 Abs. 1 ErbStG oder durch Mitteilung einer Amtsperson i.S. des § 30 Abs. 3 ErbStG – in einer Weise bekannt werde, dass es prüfen könne, ob ein steuerpflichtiger Vorgang vorliege oder nicht.
Der Beklagte hat die Schenkungsteuer mit Einspruchsentscheidung vom 05.08.2002 auf xxx.xxx DM (xxx.xxx,xx EUR) herabgesetzt und den Einspruch im Übrigen zurückgewiesen. Dabei hat er den Schenkungsvorgang d) nunmehr unberücksichtigt gelassen, da sich nach dem zeitlichen Ablauf die Aufforderung vom 22.11.1995 zur Abgabe der Schenkungsteuererklärung nicht auf die Schenkung durch Zusatzvertrag vom 08.12.1995 bezogen haben könne und somit insoweit keine Verpflichtung zur Abgabe einer Erklärung bestanden habe, so dass aufgrund der Anzeige des Vorgangs durch den Schenker in 1995 die Festsetzungsfrist von 4 Jahren mit Ablauf des Jahres 1995 begonnen habe und im Zeitpunkt der Festsetzung bereits abgelaufen gewesen sei. Für die Rechtsvorgän...