rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Besteuerung einer Destinatärsvergütung
Leitsatz (redaktionell)
- Der steuerrechtliche Begriff der Leibrente setzt gleichmäßige Leistungen voraus; daran fehlt es, wenn die Höhe der Rente an Bemessungsgrößen wie Umsatz oder Gewinn anknüpft, deren Schwankungen über die von Wertsicherungsklauseln hinausgehen.
- Wiederkehrende Leistungen in Gestalt von Destinatärsvergütungen sind keine Leibrenten und daher in voller Höhe als sonstige Einkünfte zu versteuern, wenn die zu erwartende Leistungshöhe infolge der Abhängigkeit von einer variablen Bemessungsgrundlage nicht im Voraus bestimmbar ist.
- Diese Grundsätze gelten ebenso, wenn hierneben ein Zahlungshöchstbetrag festgelegt ist, der nur dann nicht zu erfüllen ist, wenn das Einkommen des Zahlungsverpflichteten eine bestimmte Höhe unterschreitet.
Normenkette
EStG § 22 Nr. 1 Sätze 2a, 3a bb
Streitjahr(e)
2009, 2010, 2011, 2012, 2013, 2014, 2015, 2016
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darum, ob streitgegenständliche Bezüge aus einer Stiftung gemäß § 22 Nr. 1 S. 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb des Einkommensteuergesetzes - EStG - als Leibrenten lediglich mit dem Ertragsanteil zu versteuern sind.
Kläger sind die Rechtsnachfolger der 2019 verstorbenen Frau A (im Folgenden: Rechtsvorgängerin).
Die Rechtsvorgängerin wurde für die Streitjahre 2009-2016 einzeln zur Einkommensteuer veranlagt. Sie erzielte gewerbliche Einkünfte aus Beteiligungen, Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung sowie sonstige Einkünfte.
Sie gründete mit Verfassung und notarieller Ukrunde 1988 zusammen mit ihrem Ehemann die Stiftung als rechtsfähige nicht gemeinnützige Stiftung bürgerlichen Rechts. Das von der Rechtsvorgängerin als Stifterin zugewandte Vermögen bestand im Wesentlichen aus Unternehmensbeteiligungen an der C Gruppe im Wert von rund…Mio. DM. Weitere Beteiligungen wurden von ihrem Ehemann B gestiftet.
Stiftungszweck war die Sicherung der Unternehmenskontinuität der eingebrachten Unternehmen sowie die Sicherung des Lebensunterhalts der beiden Stifter B und der Rechtsvorgängerin bzw. ihrer jeweiligen Erben (Destinatäre). Die Stiftungsverfassung sah für die beiden Stifter eine Mindestzuwendung in Höhe von je…DM jährlich vor, begrenzt auf einen Anteil von 50 % der Erträge der Stiftung. Die konkrete Höhe der Zuwendung war vom Stiftungsvorstand nach pflichtgemäßem Ermessen festzulegen. Ein Rechtsanspruch der Destinatäre wurde ausdrücklich ausgeschlossen. Erster Vorstand der Stiftung war der Stifter B allein und auf Lebenszeit. Nach seinem Tod wurde die Rechtsvorgängerin Stiftungsvorstand.
Mit Beschluss von 1996 der Rechtsvorgängerin als alleiniger Stiftungsvorstand wurde die Stiftungsverfassung mit Wirkung zum 1. Januar 1997 geändert. Die Stiftung verfolgte nunmehr ausschließlich gemeinnützige und mildtätige Zwecke.
Die Stiftungsverfassung lautete nach der erfolgten Änderung auszugsweise wie folgt:
”§ 1: Ein Rechtsanspruch auf Zuwendungen von Stiftungsmitteln besteht nicht. Dies gilt nicht für Zuwendungen, die die Stifterin gemäß § 2 der Verfassung erhält.“
§ 2: Die Stiftung verwendet einen Teil, höchstens jedoch ein Drittel ihres Einkommens dazu, in angemessener und standesgemäßer Weise die Stifterin zu unterhalten und das Andenken der Stifter zu ehren.
Die Stifterin hat einen Anspruch von…DM pro Jahr, höchstens jedoch ein Drittel des Einkommens der Stiftung.“
In 2008 wurde eine erneute Änderung der Stiftungsverfassung beschlossen. § 2 der Verfassung wurde dahingehend geändert, dass der Betrag von…DM in den Betrag von…€ geändert wurde.
In den Kalenderjahren 1997 bis 2008 erhielt die Rechtsvorgängerin jeweils eine Destinatärsvergütung seitens der Stiftung in Höhe von jährlich…DM bzw. in Höhe von…€.
In den Streitjahren erhielt die Rechtsvorgängerin folgenden Stiftungsunterhalt ausgezahlt:
... €
Die Schwankungen beruhten darauf, dass aufgrund der Finanzkrise und der beginnenden Niedrigzinsphase in den Kalenderjahren 2010 bis 2016 die Beschränkung des Stiftungsunterhalts auf ein Drittel des Stiftungseinkommens zur Anwendung kam.
Der Beklagte erließ zunächst für das Jahr 2009 am 4. Juli 2011, für das Jahr 2010 am 12. April 2013, für das Jahr 2011 am 18. September 2013, für das Jahr 2012 am 19. Mai 2014, für das Jahr 2013 am 22. Januar 2015, für das Jahr 2014 am 10. August 2016, für das Jahr 2015 am 20. Juni 2017 sowie für das Jahr 2016 am 9. April 2018 jeweils einen Einkommensteuerbescheid. Die Einkommensteuer wurde für das Jahr 2009 i.H.v.…€, für das Jahr 2010 i.H.v.…€, für das Jahr 2011 i.H.v.…€, für das Jahr 2012 i.H.v.…€, für das Jahr 2013 i.H.v.…€, für das Jahr 2014 i.H.v.…€, für das Jahr 2015 i.H.v.…€ sowie für das Jahr 2016 i.H.v.…€ festgesetzt.
Die jeweils mit Einspruch angefochtenen Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2009-2016 wurden mehrfach aus das Klageverfahren nicht betreffenden Gründen geändert. Zuletzt erließ der Beklagte jeweils für die Jahre 2009-2012 am 20. Januar 2017, für die Jahre 2013...