Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorsteuerabzug für Leistungen, die zur Ausführung von Umsätzen im Sortengeschäft mit Kunden aus einem Drittland verwendet werden
Leitsatz (redaktionell)
- Bei Geld handelte es sich unabhängig von seiner jeweiligen Herkunft um ein gesetzliches Zahlungsmittel, das keinen körperlichen Gegenstand darstellt der Gegenstand einer Lieferung sein kann.
- Beim Kauf von Devisen – als Forderungen des bargeldlosen Zahlungsverkehrs – liegt zivilrechtlich stets ein Rechtskauf vor, dessen Übertragung umsatzsteuerrechtlich als sonstige Leistung zu qualifizieren ist, da es im Rahmen des Sortengeschäftes ich im Wesentlichen auf das Dienstleistungselement ankommt, hinter dem die zusätzliche Übertragung des körperlichen Trägermediums zurücktritt.
Normenkette
UStG § 15 Abs. 3 Nr. 2b, § 3 Abs. 9
Streitjahr(e)
1994, 1995, 1996, 1997, 1998, 1999
Nachgehend
Tatbestand
Streitig zwischen den Beteiligten ist die Möglichkeit des Vorsteuerabzugs für Leistungen, die zur Ausführung von Umsätzen im Sortengeschäft mit Kunden aus dem Drittland verwendet werden.
Die Klägerin unterhält Wechselstuben in gemieteten Geschäftsräumen auf einem deutschen Flughafen. In diesen betreibt sie unter anderem den An- und Verkauf von ausländischen Banknoten und Münzen als Sortengeschäft im Sinne des § 1 Abs. 1a S. 2 Nr. 7 des Gesetzes über das Kreditwesen (KWG). In der Regel erwirbt sie bei der Einreise natürlicher Personen in das Inland ausländische Geldsorten gegen Überlassung inländischer Zahlungsmittel, während die Reisenden bei der Ausreise regelmäßig inländische Zahlungsmittel gegen ausländische Geldsorten wechseln. Im Rahmen ihrer Umsatzsteuererklärungen machte die Klägerin diejenigen Vorsteuerbeträge geltend, die auf Leistungen entfielen, die zur Ausführung von Sortengeschäften mit im Drittlandsgebiet ansässigen Kunden verwendet wurden. Die Klägerin ist der Ansicht, die Berechtigung zum Vorsteuerabzug ergebe sich aus § 15 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. b UStG. Es handele sich bei den Sortengeschäften um nicht steuerbare sonstige Leistungen, da sich der Ort der Leistung nach § 3a Abs. 3 S. 3 i.V.m. Abs. 4 Nr. 6 Buchst. a UStG im Ausland befände. Zwar sei der Vorsteuerabzug gemäß § 15 Abs. 2 Nr. 1 UStG grundsätzlich ausgeschlossen, da die Leistungen nach § 4 Nr. 8 Buchst. b UStG steuerfrei wären, wenn sie im Inland ausgeführt würden. Der Ausschluss vom Vorsteuerabzug trete nach § 15 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. b UStG jedoch nicht ein, soweit die Kunden im Drittlandsgebiet ansässig seien.
Den Anteil des Geschäftes mit Kunden aus dem Drittlandsgebiet ermittelte die Klägerin über ihre „residency-sampling-reports”. Diese „reports” beruhten auf den Angaben der Kunden zu ihrer Ansässigkeit, die die Angestellten der Klägerin bei jeder Transaktion abfragten. Die Angaben wurden elektronisch gespeichert und für jeden Voranmeldungszeitraum ein „report” über das mit im Drittlandsgebiet ansässigen Kunden erzielte Umsatzvolumen erstellt. Eine von dem Beklagten (das Finanzamt – FA –) durchgeführte Umsatzsteuersonderprüfung, die den Vorsteuerabzug im Jahre 1993 zum Gegenstand hatte, beanstandete dieses Vorgehen der Klägerin nicht.
Aufgrund der Feststellung einer in den Jahren 2000 und 2001 durchgeführten steuerlichen Außenprüfung vertrat das FA jedoch die Auffassung, bei den Sortengeschäften handele es sich umsatzsteuerlich nicht um sonstige Leistungen, sondern um Lieferungen. Die Sorten also die Banknoten und Münzen – seien nach § 91 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) vertretbare Sachen und
demgemäß umsatzsteuerlich als Gegenstände im Sinne des § 3 Abs. 1 UStG zu qualifizieren. Beim Tausch von Sorten und DM werde nicht eine Geldsumme, sondern die Übereignung von Geldscheinen als konkrete Sache geschuldet. Aus § 43 Nr. 3 der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung (UStDV) und Abschnitt 127a Abs. 1 Buchst. b der Umsatzsteuerrichtlinien (UStR) ergebe sich, dass es sich bei gesetzlichen Zahlungsmitteln um Gegenstände und beim Verkauf derselben um Lieferungen handele. Die Leistungen der Klägerin seien steuerbar, da sich der Ort der Lieferung gemäß § 3 Abs. 7 S. 1 UStG am Wechselschalter im Flughafen befände. Sie seien nach § 4 Nr. 8 Buchst. b UStG steuerfrei; der Vorsteuerabzug sei nach § 15 Abs. 2 Nr. 1 UStG ausgeschlossen. Der Ausnahmefall des § 15 Abs. 3 Nr. 1 Buchst. b UStG komme im Streitfall nicht in Betracht, da die Ausfuhr der Sorten in das Drittlandsgebiet entweder nicht gegeben sei oder ein Ausfuhrnachweis nicht geführt werden könne.
Das Finanzamt änderte daraufhin die bisherigen Umsatzsteuerfestsetzungen nach § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) und kürzte den Vorsteuerabzug wie folgt:
1994 |
von |
DM |
um |
DM |
auf |
DM |
1995 |
von |
DM |
um |
DM |
auf |
DM |
1996 |
von |
DM |
um |
DM |
auf |
DM |
1997 |
von |
DM |
um |
DM |
auf |
DM |
1998 |
von |
DM |
um |
DM |
auf |
DM |
1999 |
von |
DM |
um |
DM |
auf |
DM |
Gegen die geänderten Umsatzsteuerbescheide 1994 bis 1999 vom 12. Februar 2002 erhob die Klägerin Einspruch und beantragte nunmehr folgende Vorsteuerbeträge zu berücksichtigen: