Entscheidungsstichwort (Thema)
Überlassung eines Job-Tickets als lohnsteuerpflichtiger Sachbezug
Leitsatz (redaktionell)
Die Überlassung eines Job-Tickets im Rahmen einer sog. Mobilitätskarte, die in 1. Linie auf die Beseitigung der Parkplatz Not auf den vom Arbeitgeber unterhaltenen Parkplätzen gerichtet ist, stellt bei den Mitarbeitern keinen lohnsteuerpflichtigen Sachbezug dar.
Normenkette
EStG § 42d Nr. 1, § 19 Abs. 1 Nr. 1, § 8 Abs. 1-2
Streitjahr(e)
2013, 2014
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit eines Haftungsbescheids über Lohnsteuer, Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer. Dem Rechtstreit liegt im Wesentlichen folgender Sachverhalt zu Grunde:
Bei der Klägerin entstand durch erhöhte Mitarbeiterzahl auf den von der Klägerin unterhaltenen Parkplätzen - die bis dato kostenlos genutzt werden konnten (Ausnahme: A-Parkhaus in B Mitte) - eine extreme Parkplatznot, so dass die Klägerin im Jahr 2011 ein Parkraumbewirtschaftungskonzept ausarbeitete. Hierbei kam man auf Seiten der Klägerin zum Ergebnis, dass ein Gesamtkonzept für Mobilität erforderlich sei. Dieses mündete hinsichtlich der Beschäftigten der Klägerin in einer Mobilitätskarte. Diese umfasst zwei Bestandteile: Zum einen kostenloses Parken auf den Parkplätzen, zum anderen ein ÖPNV-Ticket (Jobticket). Damit sollte erreicht werden, mehr Mitarbeiter für die Nutzung des ÖPNV zu gewinnen und so die Parkplatzsituation zu entspannen.
Vor diesem Hintergrund nahm die Klägerin mit dem örtlichen ÖPNV (XYZ) Kontakt auf, um die Konditionen für ein Jobticket zu eruieren.
Der XYZ bietet größeren Unternehmen an, deren Beschäftigten in Eigenregie ein XYZ-Ticket mit einer maximalen Reichweite vom Wohnort zum Arbeitsort des Beschäftigten auszugeben, wenn das Unternehmen im Gegenzug die bisherigen Einnahmen des XYZ, die durch die Beschäftigten entstanden waren, zukünftig monatlich zahlt. Die bisherigen Einnahmen, die der XYZ durch die Beschäftigten der Klägerin erzielt hatte, wurden im Rahmen einer Mobilitätsbefragung aller Beschäftigten ermittelt. Aufgrund dieser Daten unterbreitete der XYZ der Klägerin das Angebot, ein Jobticket gegen die Zahlung von 12,31 €/Beschäftigten/Monat ausgeben zu dürfen. Die Konditionen, zu denen das Jobticket an die Beschäftigten ausgegeben wird, kann das Unternehmen dabei frei wählen (z.B. unentgeltliche Abgabe an alle Beschäftigten, Verkauf zu einem frei wählbaren Einheitspreis, entfernungsabhängige Preisstaffelung).
Die Klägerin nahm dieses Angebot im “Vertrag über die Anerkennung von besonderen Zeitkarten“ vom 04.04.2013 (Bl. 1 ff. der Verwaltungsakte) an und bot das Jobticket ihren Beschäftigten ab 2013 im Rahmen ihrer Mobilitätskarte an. Die Preise für die Mobilitätskarte setzen sich aus dem Preis für das Jobticket und einem Anteil für das Parken zusammen und staffeln sich je nach XYZ-Preisstufe des beantragten Jobtickets. Dabei wird auch bei der niedrigsten Preisstufe der Preis des Jobtickets, den die Klägerin an den XYZ entrichtet, in vollem Umfang an die Beschäftigten weitergegeben. Für höhere Preisstufen zahlen Beschäftigte für das Jobticket deutlich mehr.
In organisatorischer Hinsicht erfolgt die Abwicklung über ein Programm, das der XYZ der Klägerin zur Verfügung stellt. Dabei werden die Monatskarten auf vom XYZ überlassenen Papier-Rohlingen ausgedruckt und an den Ausgabestellen der Klägerin an die Beschäftigten verteilt, wobei die Ausgabe maximal für ein Jahr im Voraus erfolgt. Ein für den XYZ tätiges Verkehrsunternehmen, die C, stellt der Klägerin monatlich eine Rechnung, die die jeweilige Zahl der Beschäftigten berücksichtigt. Das von den Beschäftigten für das Jobticket (bzw. die Mobilitätskarte) zu zahlende Entgelt wird monatlich über die Lohnabrechnung eingezogen und auf einer extra für diesen Zweck eingerichteten Kostenstelle von der Klägerin vereinnahmt, aus der wiederum die oben genannten Monatsrechnungen beglichen werden.
Zunächst traf das Modell (Mobilitätskarte) bei den Beschäftigten der Klägerin bzw. der Personalvertretung auf erhebliche Widerstände. Nach dessen Einführung im Jahr 2013 etablierte es sich allerdings als Erfolgsmodell und stieß auf allseitige hohe Akzeptanz.
In 2015/2016 fand bei der Klägerin eine Lohnsteueraußenprüfung statt. Der Prüfer wertete den aufgrund des oben genannten Vertrags zwischen der Klägerin und dem XYZ ermöglichten Erwerb von verbilligten Jobtickets und den sich daraus ergebenden Preisvorteil (Rabatt) für Bedienstete der Klägerin als Sachbezug und geldwerten Vorteil im lohnsteuerlichen Sinn, wobei Letzterer unter Berücksichtigung üblicher Preisnachlässe nach § 8 Abs. 2 Einkommensteuergesetz (EStG) ermittelt wurde. Als maßgeblich erachtete der Prüfer den vom Arbeitgeber an seine Bediensteten mittelbar eingeräumten Preisvorteil bei Erwerb des Jobtickets des XYZ über das Mobilitätsmanagement der Klägerin. Bei der Ermittlung des lohnsteuerpflichtigen geldwerten Vorteils wurde dieser mittelbare Preisvorteil den um übliche Preisnachlässe bei vergleichbaren Großkunden geminderte...