Entscheidungsstichwort (Thema)
Nachentrichtete Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung als Arbeitslohn
Leitsatz (redaktionell)
- Die Übernahme von Arbeitnehmeranteilen durch den Arbeitgeber bei der Nachentrichtung von Sozialversicherungsbeiträgen für sog. Schwarzlohn stellt Arbeitslohn dar.
- Die pauschale (Nach-)Entrichtung von Sozialversicherungsbeiträgen auf Grund eines Summenbescheides lässt den Charakter der Nachzahlung als Arbeitslohn unberührt.
Normenkette
EStG § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 42d Abs. 1 Nr. 1
Streitjahr(e)
1988, 1989, 1990, 1991, 1992, 1993
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darum, ob die Übernahme von Arbeitnehmeranteilen bei der Nachentrichtung von Sozialversicherungsbeiträgen Arbeitslohn darstellt.
Der Rechtsstreit beruht auf folgenden Sachverhalt: Anlässlich eines Steuerstrafverfahrens sowie eines Strafverfahrens wegen Beitragsvorenthaltung bei der Klägerin wurde festgestellt, dass die Klägerin von xxxxx 1988 bis xxxxxx 1993 an festangestellte Arbeitnehmer zusätzlich unversteuerten Lohn ausgezahlt hatte. Bei anderen Arbeitnehmern erfolgten unzulässige pauschale Aushilfslohnversteuerungen. Die darauf entfallenden Sozialversicherungsbeiträge wurden ebenfalls nicht gezahlt. Im Rahmen des Strafverfahrens gegen den Geschäftsführer der Klägerin, xxxxx, und seine Ehefrau wurde durch Vereinbarung vom xx.xx.1996 die Höhe der hinterzogenen Lohnsteuer und Versicherungsbeiträge einvernehmlich festgestellt (Bl. 15-18 FG-Akten). Gegen die Klägerin erging daraufhin mit ihrem Einverständnis am xx.xx.1997 ein Haftungsbescheid über pauschal xxxxxx DM Lohnsteuer, Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag, der bestandskräftig wurde. Die Sozialversicherungsbeiträge wurden im November und Dezember 1996 abgeführt. Das Strafverfahren endete mit einer rechtskräftigen Verurteilung des Geschäftsführers der Klägerin durch das Amtsgericht xxxxxxxxxxx.
Anlässlich einer Lohnsteueraußenprüfung für den Zeitraum 1995 bis xxxxxxx 1999 stellte der Prüfer 1999 fest, dass die Klägerin die aufgrund des Haftungsbescheides vom xx.xx.1997 übernommene Lohnsteuer von den einzelnen Arbeitnehmern nur teilweise zurückgefordert hatte und dass die nachentrichteten Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung wegen der gesetzlichen Lastenverschiebung den Arbeitnehmern nicht rückbelastet worden waren. Der Prüfer vertrat daraufhin die Auffassung, die Zahlung der Steuern und der Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung sei als lohnsteuerpflichtiger Arbeitslohn zu werten, soweit keine Rückzahlung durch Arbeitnehmer erfolgt sei. Wegen der Höhe der einzelnen Steuerbeträge und ihrer Ermittlung wird auf den Lohnsteuer-Außenprüfungsbericht vom x.x.1999 (Bl. 2 ff. Lohnsteuer-Arbeitgeberakten) Bezug genommen. Der Beklagte folgte der Auffassung des Prüfers und erließ am xx.xx.1999 einen entsprechenden Haftungsbescheid (Bl. 10 f. Lohnsteuer-Arbeitgeberakte). Der dagegen eingelegte Einspruch hatte teilweise Erfolg; der Beklagte folgte hinsichtlich der Lohnsteuer auf nicht zurückgeforderte Lohnsteuer den Einwendungen der Klägerin und half dem Einspruch insoweit ab. Soweit mit dem angegriffenen Haftungsbescheid Lohnsteuer, Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag auf die übernommenen Sozialversicherungsbeiträge geltend gemacht wurde, wies der Beklagte den Einspruch zurück. Wegen der Einzelheiten wird auf die Einspruchsentscheidung vom xx.xx.2002 (Bl. 49 ff. Lohnsteuer-Arbeitgeberakten) Bezug genommen.
Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin, den Haftungsbescheid vollständig aufzuheben.
Die Klägerin ist der Auffassung, der Haftungsbescheid sei rechtwidrig. Den Arbeitnehmern sei kein Arbeitslohn zugeflossen. Die Erhebung der Gesamtsozialversicherungsbeiträge beruhe auf einer pauschalen Ermittlung. Eine Zuordnung auf den einzelnen Arbeitnehmer sei nicht möglich. Somit könne es auch nicht zu Erhöhung der Ansprüche gegen die jeweiligen Sozialversicherungsträger kommen. Die Pauschalzahlung habe vielmehr überwiegend Strafcharakter, so dass bei den Arbeitnehmern kein Lohn zugeflossen sei.
Zumindest sei der Zufluss von Arbeitslohn bereits im Zeitraum 1.1.1988 bis 31.12.1993 gegeben. Die Ansprüche der Sozialversicherungsträger entstünden bei Fälligkeit der Beiträge. Gemäß § 22 Abs. 1 SGB IV sei lediglich das Bestehen eines Anspruchs auf Arbeitslohn relevant; ob dem Arbeitnehmer der Lohn auch zugeflossen sei, sei insoweit unerheblich. Sei allerdings tatsächlich Arbeitslohn gezahlt worden und damit auch zugeflossen, so entstehe dadurch grundsätzlich ein Beitragsanspruch. Im Übrigen habe der BFH (Urteil vom 16.2.1996 - I R 73/95, BStBl II 1996, 592) entschieden, dass der Arbeitgeber im Fall von Schwarzlohnvereinbarungen zum jeweiligen Bilanzstichtag eine Verbindlichkeit für abzuführende Sozialabgaben zu bilanzieren habe; diese Verbindlichkeit bestehe nicht gegenüber den Arbeitnehmern. Spätestens aber mit der Verschiebung der gesetzlichen Lasten nach drei Monaten, §§ 28e Abs. 4, 28g S. 3 SGB IV, sei der Zufluss bei ...