Entscheidungsstichwort (Thema)
Abgrenzung zwischen Reiseveranstalter und Reisevermittler
Leitsatz (redaktionell)
- Eine Reiseleistung im Sinne des § 25 Abs. 1 UStG liegt vor, wenn der Leistende nach der Gesamtwürdigung aller Umstände aus Sicht des Kunden den Eindruck erweckt, er sei Reiseveranstalter und nicht nur Vermittler der Reise.
- Die Erklärung, nur Verträge mit den Personen zu vermitteln, welche die einzelnen Leistungen ausführen sollen (Leistungsträger), bleibt unberücksichtigt, wenn nach den sonstigen Umständen der Anschein erweckt wird, dass der Erklärende vertraglich vorgesehene Reiseleistungen in eigener Verantwortung erbringt.
- Das Fehlen eines deutlichen Hinweises auf die Vermittlerstellung in dem Prospekt, das Verantwortlichzeichnen für den ordnungsgemäßen Zustand der vermieteten Unterkunft sowie Absenderangaben in der Reservierungsbetätigung und den sonstigen Unterlagen sind Indizien für eine Stellung als Reiseveranstalter.
Normenkette
UStG § 25 Abs. 1; BGB § 651a Abs. 2
Streitjahr(e)
1987, 1988, 1989
Tatbestand
Die Beteiligten streiten im zweiten Rechtsgang darüber, ob die Klägerin Reiseleistungen an ihre Kunden im eigenen Namen oder im Namen ihrer Muttergesellschaft, einer AG nach schweizerischem Recht mit Sitz und Geschäftsleitung in der Schweiz (CH-AG) erbracht hat.
Die Klägerin ist aufgrund eines am 3.11.1969 geschlossenen Vertrages als Generalvertreterin der CH-AG in der Bundesrepublik Deutschland auf Provisionsbasis tätig. Durch sie und andere Generalvertreter bietet die CH-AG in verschiedenen europäischen Ländern Ferienhäuser und -wohnungen sowie Hotelunterkünfte als Mietobjekte an.
Vor Saisonbeginn schließt die CH-AG mit Ferienwohnungseigentümern und Hoteliers Mietverträge über hauptsächlich in der Schweiz, Österreich, Frankreich, Italien und Spanien gelegene Ferienwohnungen und Hotelunterkünfte ab, die dem interessierten Publikum in einem nach Zielländern geordneten Saisonkatalog angeboten werden. Darin ist - unter der Überschrift „Ihr Partner” - erwähnt, dass die Klägerin Ferienwohnungen und Hotels im Namen der CH-AG, Schweiz, und im Namen der Eigentümer vermittelt und dass der Katalog das Ergebnis „unserer 25jährigen erfolgreichen Vermittlertätigkeit” sei. Als Herausgeber des Kataloges ist die Klägerin genannt und unter dem Stichwort „Unsere Haftung” ausgeführt: „Dieser Katalog wurde sehr sorgfältig zusammengestellt. Die vermittelten Ferienwohnungen und Hotels werden regelmäßig geprüft. Sollten Sie dennoch etwas zu beanstanden haben, so melden Sie die Beschwerdepunkte - sofern vor Ort nicht Abhilfe geschaffen werden kann - innerhalb von einem Monat Ihrem Reservierungsbüro. Im übrigen gelten die gesetzlichen Bestimmungen”. Der Katalog enthält als Kontaktadressen die Adressen der Klägerin sowie ihrer Reservierungsstellen in Deutschland, nicht aber die der CH-AG.
Reklamationen und Meinungsverschiedenheiten mit Kunden wurden von der Klägerin bearbeitet. Für den Fall, dass den Beanstandungen nicht außergerichtlich abgeholfen wurde, sah die dem Katalog beigefügte Preisliste vom August 1987 vor, „dass für die Geltendmachung von Ersatzansprüchen das Gericht in A (Deutschland) zur Verfügung steht” (Gerichtsstand). Daher trat die Klägerin in zivilgerichtlichen Verfahren als Beklagte auf, wenn der Reisekunde den Rechtsweg beschritt.
Die Buchung der Ferienhäuser oder -wohnungen erfolgt durch - meist telefonische - Anfrage der Reiseinteressenten bei einer Reservierungsstelle der Klägerin oder bei einem selbständigen Reisebüro.
Soweit sich die Kunden unmittelbar an die Klägerin wenden, wird von deren Mitarbeitern durch Rückfrage bei der CH-AG geprüft, ob das Mietobjekt frei ist. Sodann wird die Reservierung vorgenommen und an die CH-AG gemeldet, die im Anschluss daran die Rechnung erstellt und diese aus der Schweiz an die Kunden versendet. Im Kopf der Reservierungsbestätigung und Rechnung sind Name und Anschrift der Klägerin in A als „Ansprechpartner” aufgeführt. Ab 1987 enthalten die Rechnungen in der Fußzeile den Hinweis, dass die Vermittlung des Ferienobjektes im Namen und für Rechnung der CH-AG erfolgte.
Soweit sich die Kunden unmittelbar an ein Reisebüro wenden, leitet dieses die Reservierungswünsche an die CH-AG weiter. Die Zahlungen der Kunden erfolgen an das Reisebüro und werden von dort an die Klägerin weitergeleitet.
Die Klägerin empfiehlt ihren Kunden bei der Reservierung eines Objekts eine Reiserücktrittskostenversicherung und hatte zu diesem Zwecke am 21.8.1979 im eigenen Namen eine Rahmenversicherung zugunsten aller Reisenden mit der B-Versicherung abgeschlossen.
In ihren Umsatzsteuererklärungen 1987 - 1989 erklärte die Klägerin keinerlei Reiseleistungen, da sie davon ausging, dass sie lediglich für ihre Muttergesellschaft als Generalvertreterin Vermittlungsleistungen erbracht habe, die im Inland nicht steuerbar seien.
Der Beklagte (das Finanzamt -FA-) kam hingegen im Anschluss an eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung zu dem Ergebnis, die Klägerin habe die Vermietung der Ferienunterkünfte an ihre ...