Entscheidungsstichwort (Thema)
Besonderer Versorgungsfreibetrag bei der Erbschaftsteuer
Leitsatz (redaktionell)
- § 17 Abs. 2 ErbStG kann nicht im Wege der Auslegung auf schwerbehinderte Kinder ohne Altersbegrenzung ausgeweitet werden. Es fehlt insoweit an einer für einen Analogieschluss erforderlichen planwidrigen Gesetzeslücke.
- § 17 Abs. 2 ErbStG unterliegt keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.
Normenkette
ErbStG § 17 Abs. 2
Streitjahr(e)
2001
Nachgehend
Tatbestand
Zwischen den Parteien ist streitig, ob dem Kläger als einem schwer geistig und körperlich behinderten Waisen (100 % Down-Syndrom, mongoloid) der Versorgungsfreibetrag des § 17 Abs. 2 Erbschaftssteuergesetz ohne Altersbegrenzung zu gewähren ist.
Der am 28.05.1967 geborene Kläger ist Alleinerbe seines am 04.01.2001 verstorbenen Vaters. Der Kläger ist zu 100 % schwer geistig und körperlich behindert. In der von seinem gerichtlich bestellten Betreuer eingereichten Erbschaftssteuererklärung stellte der Kläger den Antrag, einen Versorgungsfreibetrag in Höhe von 40.000 DM entsprechend der Vorschrift des § 17 Abs. 2 Erbschaftssteuergesetz zu berücksichtigen.
Das Finanzamt versagte die Berücksichtigung des beantragten Freibetrages und ermittelte einen steuerpflichtigen Erwerb in Höhe von 36.900 DM. Es setzte die Erbschaftssteuer mit 2.583 DM fest.
Hiergegen richtet sich nach erfolglosem Vorverfahren die Klage.
Der Kläger ist der Rechtsansicht, der beantragte Versorgungsfreibetrag sei zu Unrecht nicht gewährt worden. Im Wege der Auslegung der gesetzlichen Vorschrift des § 17 Abs. 2 Erbschaftssteuergesetz sei dem Kläger ein Versorgungsfreibetrag in Höhe von mindestens 40.000 DM zu gewähren, obwohl der Kläger als Kind des Erblassers bereits das 27. Lebensjahr vollendet habe. Nach dem angestrebten Sinn und Zweck der Bestimmung des § 17 Erbschaftssteuergesetz sei gerade im Streitfall die Gewährung des Freibetrages angebracht, denn der Kläger sei aufgrund seiner schweren Behinderung auf Lebenszeit auf die Erträge des Vermögens und auf die Vermögenssubstanz angewiesen. Nach der amtlichen Begründung im Gesetzgebungsverfahren sollten auch diejenigen Hinterbliebenen einen Versorgungsfreibetrag erhalten, die - wie im Streitfall - keine Versorgungsbezüge erhielten und deshalb deren Lebensunterhalt aus den Erträgen des angefallenen Vermögens oder gar durch laufende Eingriffe in die Vermögenssubstanz bestreiten müssten. Auch im Einkommensteuerrecht habe der Gesetzgeber bei schwerbehinderten Kindern für die Gewährung von Kinderfreibeträgen die Altersgrenze von 27 Jahren beseitigt. Dass im Erbschaftssteuergesetz die Schwerbehinderung und Pflegebedürftigkeit steuermindernd berücksichtigt werden solle, habe der Gesetzgeber zudem in den Bestimmungen des § 13 Abs. 1 Nr. 6 und 9 Erbschaftssteuergesetz bewiesen. Möglicherweise habe der Gesetzgeber die behinderten Kinder nicht ausdrücklich mit aufgenommen, weil die durchschnittliche Lebenserwartung dieser Personen früher noch sehr gering gewesen sei. Heute liege die Lebenserwartung dagegen bei über 60 Jahren.
Der Kläger hält im Übrigen auch die Vorschrift des § 17 Abs. 2 Erbschaftssteuergesetz für verfassungswidrig. Die Gewährung des beantragten Versorgungsfreibetrages sei deshalb gerechtfertigt.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Da der Kläger als leibliches Kind des Erblassers bei dessen Tode bereits das 33. Lebensjahr vollendet habe, sei zutreffend ein Versorgungsfreibetrag nicht mehr von seinem steuerpflichtigen Erwerb abgezogen worden. Es ergäben sich auch keine Anhaltspunkte dafür, dass das Gesetz an dieser Stelle gegen seinen Wortlaut auszulegen sei. Der Versorgungsfreibetrag für Erwerbe von Todes wegen gem. § 17 Erbschaftssteuergesetz sei erstmals mit Wirkung zum 01.01.1974 eingeführt worden. Der Kürzungsbetrag sei zu dem Zweck in das Gesetz aufgenommen worden, allein denjenigen Ehegatten und Kindern eine Zusatzbefreiung zu gewähren, deren Versorgung nicht durch vom Erblasser veranlasste, jedoch der Erbschaftssteuer nicht unterliegende Bezüge gesichert sei. Die Gesetzesbegründung lasse erkennen, dass der persönliche Versorgungsfreibetrag des § 17 Abs. 2 Erbschaftssteuergesetz vom Gesetzgeber nicht zum Zwecke der Versorgungssicherung versorgungsbedürftiger Waisen in das Erbschaftssteuergesetz aufgenommen worden sei.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist nicht begründet.
Das Finanzamt hat zutreffend den Versorgungsfreibetrag des § 17 Abs. 2 Erbschaftssteuergesetz nicht gewährt, da der Kläger zum Zeitpunkt des Todes des Vaters das 27. Lebensjahr bereits überschritten hatte.
Der Freibetrag ist auch nicht im Wege der Gesetzesauslegung auf Schwerbehinderte ohne Altersbegrenzung anwendbar. Die Vorschrift des § 17 Abs. 2 Erbschaftssteuergesetz ist dabei als verfassungsgemäß anzusehen.
1. Der Versorgungsfreibetrag des § 17 Abs. 2 Erbschaftssteuergesetz soll die Gleichbehandlung von steuerbaren und nicht steuerbaren...