rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Behindertengerechter Umbau eines Hauses als außergewöhnliche Belastung
Leitsatz (redaktionell)
- Zum Begriff der Zwangsläufigkeit nach § 33 Abs. 2 EStG.
- Behinderungsbedingte Umbaukosten stellen außergewöhnliche Aufwendungen i. S. des § 33 Abs. 1 EStG dar. Derartige Aufwendungen sind durch den Behinderten- und den Pflegepauschbetrag nicht abgegolten.
- Umbaukosten, die durch eine Erkrankung aufgrund Multiple Sklerose veranlasst sind, können als agB abgezogen werden.
- Auch nach Aufgabe der sog. „Gegenwerttheorie” ist auch weiterhin der sich aus der Erneuerung ergebende Vorteil („Neu für Alt”) anzurechnen; außerdem sind die Aufwendungen auf das Notwendige und Angemessene begrenzt.
Normenkette
EStG § 33
Streitjahr(e)
2008
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist die Frage, ob die Kläger die Aufwendungen für einen barrierefreien Hauszugang als außergewöhnliche Belastung abziehen können.
Die Kläger sind verheiratet und werden zur Einkommensteuer zusammen veranlagt. Der Kläger ist im Jahre 1947 geboren, die Klägerin im Jahre 1951.
Die Klägerin ist an MS erkrankt. Die Krankheit wurde 1993 diagnostiziert, seit 2000 ist die Klägerin auf einen Rollstuhl angewiesen, und zwar zunächst zeitweilig, inzwischen dauerhaft.
Die Kläger bewohnen ein 1979 errichtetes Einfamilienhaus. Der Eingang des Hauses war ursprünglich ausschließlich über einen an der Seite der von der Straße zum Haus verlaufenden Garageneinfahrt abzweigenden Weg erreichbar. Da der Hauseingang höher liegt als das Niveau der Straße und der Garageneinfahrt, befindet sich auf den ersten Metern hinter der Garageneinfahrt eine mit Sichtbeton eingefasste Treppe.
Nach einer weiteren Verschlechterung der Krankheit ließen die Kläger von der Firma Grünbau einen dem Grundstücksniveau angepassten, gewunden von der Straßenseite des Grundstücks zur linken vorderen Hausecke verlaufenden gepflasterten Weg ohne Stufen anlegen. Zum höher gelegenen Nachbargrundstück zu ist eine Böschung angelegt und durch eine Trockenmauer abgestützt worden. Einige Meter vor dem Haus beginnt eine Rampe, die auf den Podest vor der Haustür führt und so die weiteren unmittelbar vor dem Haus befindlichen Stufen umgeht. Die Aufwendungen für das Anlegen dieses Weges einschließlich Rampe betrugen nach Abzug von 3 % Skonto 7.781,23 €. Der in der Rechnung vom 28. November 2008 ausgewiesene Lohnkostenanteil beträgt 2.561,- €.
Im zeitlichen Zusammenhang mit dieser Maßnahme ließen die Kläger ebenfalls von der Firma Grünbau die Hausterrasse erneuern, einen am Fuß der Rampe beginnenden und an der Seite des Hauses vorbeiführenden sowie einen weiteren zum Gartenhaus führenden Weg anlegen. Den in den entsprechenden Rechnungen ausgewiesenen Lohnkostenanteil von 4.194,- € machten die Kläger als haushaltsnahe Handwerkerleistungen gem. § 35a EStG geltend. Der bisherige Zugang zum Haus besteht weiterhin unverändert.
Wegen weiterer Details zur Gebäude- und Grundstückssituation wird auf die Fotos Bl. 5, 6 FG-Akte verwiesen.
Die Kläger machten die Aufwendungen für den Weg sowie weitere Aufwendungen (Fahrtkosten Behinderter, Eigenanteil Medikamente und Krankengymnastik, Mehraufwendungen für Urlaubsbegleitungen) in Höhe von 4.637,- € in ihrer Einkommensteuererklärung 2008 als außergewöhnliche Belastung geltend.
Der Beklagte erkannte im Einkommensteuerbescheid 2008 vom 10. Juni 2010 die Aufwendungen für den Weg nicht als außergewöhnliche Belastungen an. Die übrigen außergewöhnlichen Belastungen wirkten sich wegen einer zumutbaren Belastung in Höhe von 6.144,- € nicht aus. Zwar erhöhte der Beklagte die im Rahmen der Steuerermäßigung nach § 35a EStG berücksichtigungsfähigen Aufwendungen um den Lohnkostenanteil aus der Rechnung vom 28. November 2008. Dies wirkte sich jedoch nicht aus, weil die Kläger schon aufgrund der übrigen Aufwendungen den Höchstbetrag der Steuerermäßigung nach § 35a EStG von 600,- € in Anspruch nahmen.
Der gegen den Bescheid gerichtete Einspruch hatte keinen Erfolg.
Die Kläger sind der Auffassung, dass die Aufwendungen für den behindertengerechten Hauseingang als außergewöhnliche Belastung abzugsfähig seien. Die Aufwendungen seien zwangsläufig, weil nur so der Klägerin das Leben im eigenen Haus in der gewohnten Umgebung ermöglichen würde. Nach einer weiteren Verschlechterung ihrer Krankheit hätte sie nur noch mit umfangreicher Hilfe in das Haus gelangen können.
Die Kläger sind der Meinung, dass ihnen kein marktgängiger Vorteil durch die Baumaßnahme verschafft worden sei. Im Falle des Verkaufs des Hauses könne kein höherer Preis erzielt werden. Die bisherige Treppe sei erhalten geblieben, der rollstuhlgerechte Zugang werde nur von der Klägerin genutzt, weil er einen Umweg bedeute.
Die Klägerin haben ihren Klageantrag der Höhe nach auf den Abzug von Aufwendungen in Höhe von 6.281,23 € beschränkt, um damit einen nicht notwendigen Anteil der Aufwendungen abzugelten.
Die Kläger beantragen sinngemäß,
unter Abänderung des Einko...