Entscheidungsstichwort (Thema)
Insolvenzverwalter: Anspruch auf Änderung einer zur Insolvenztabelle angemeldeten und nicht bestrittenen Steuerforderung
Leitsatz (redaktionell)
- Die Änderung einer in die Insolvenztabelle widerspruchslos eingetragenen Steuerforderung kann allein wegen der Nichtigkeits- und Restitutionsklage des § 4 InsO erfolgen.
- Der allgemeine Grundsatz „Insolvenzrecht und Steuerrecht” gemäß § 251 Abs. 2 Satz 1 AO schließt einen Rückgriff auf steuerrechtliche Änderungsvorschriften aus.
Normenkette
InsO § 4; AO § 130ff., § 172ff., § 52 Abs. 2 S. 1
Streitjahr(e)
2003
Nachgehend
Tatbestand
Der Kläger ist Insolvenzverwalter der GmbH & Co.KG, Langelsheim (KG).
Über das Vermögen der KG eröffnete das Amtsgericht Goslar am 1. März 2004 das Insolvenzverfahren und bestellte den Kläger zum Insolvenzverwalter. Das Finanzamt meldete u. a. nicht titulierte geschätzte Umsatzsteuer für das Kalenderjahr 2003 in Höhe von …. € im Insolvenzverfahren an. Im Prüfungstermin stellte der Kläger die geltend gemachten Forderungen des Beklagten fest. Die Umsatzsteuerforderung wurde in die Insolvenztabelle eingetragen.
Am 21. April 2008 reichte der Kläger für die KG die Umsatzsteuererklärung für das Kalenderjahr 2003 ein. Der Beklagte lehnte mit Bescheid vom 26.09.2008 eine Änderung der festgesetzten Umsatzsteuer 2003 ab, wogegen sich die Klage richtet.
Der Kläger trägt vor, in einem Telefonat vom 21.02.2005 hätten er und die Sachbearbeiterin des Beklagten vereinbart, dass die Umsatzsteuerfestsetzung 2003 geändert werde, wenn die Auswertung der Buchführungsunterlagen zu anderen Ergebnissen führen werde.
Darüber hinaus gestalte die Feststellung zur Insolvenztabelle das materielle Recht nicht, sondern habe lediglich verfahrensrechtliche Wirkung. Es erfolge mit der Feststellung keine verbindliche Festlegung. Grundlage der Feststellung in der Tabelle sei eine Schätzung des Beklagten, die jederzeit, ohne Änderungsvorschrift, berichtigt werden könne.
Die rechtswidrige Feststellung in der Insolvenztabelle sei nach den §§ 130, 131 Abgabenordnung (AO) zu ändern. Die Voraussetzungen dieser Vorschriften lägen vor. Denn ein rechtswidriger Verwaltungsakt könne jederzeit zurückgenommen bzw. geändert werden. Die Umsatzsteuerermittlung des Beklagten sei bereits zum Zeitpunkt der Anmeldung falsch gewesen. Das Ermessen des Beklagten sei auf Null reduziert, insbesondere weil der Beklagte bei Anmeldung der Umsatzsteuer 2003 zur Tabelle gewusst habe, dass die Anmeldung zu hoch ausgefallen sei.
Im Übrigen sei eine Änderung nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO vorzunehmen. Die tatsächlichen Umsätze seien eine neue Tatsache und ihn treffe keine Schuld am nachträglichen Bekanntwerden dieser Tatsache.
Der Kläger beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung der ablehnenden Entscheidung vom 26. September 2008 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 17. Januar 2009 zu verpflichten, die Anmeldung der Umsatzsteuerforderung für 2003 zur Insolvenztabelle gemäß der Nacherklärung zu mindern.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte meint, die Feststellung zur Insolvenztabelle stehe einem bestandskräftigen Steuerbescheid gleich. Dieser könne nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO geändert werden. Die Voraussetzungen dieser Änderungsvorschrift liegen nicht vor. Denn das Verschulden des Klägers liege darin, dass er im Prüfungstermin der Feststellung nicht widersprochen habe.
Wegen des weitergehenden Vorbringens wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet.
Der Kläger hat keinen Anspruch gegen den Beklagten auf Änderung der am 7. April 2004 erfolgten Anmeldung von Umsatzteuer 2003 in Höhe von …. € zur Insolvenztabelle.
Ein solcher Anspruch ergibt sich nicht aus einer Zusage des Beklagten.
Der Senat konnte es dahin gestellt sein lassen, ob für die Wirksamkeit einer solchen Zusage eine besondere Formvorschrift erforderlich ist. Denn der Beklagte hat eine solche Zusage auf Änderung der zur Insolvenztabelle angemeldeten Umsatzsteuer 2003 weder im Telefonat vom 22.02.2005 noch im Telefonat vom 21.05.2005 abgegeben.
Die Zeugin, die zuständige Sachbearbeiterin des Beklagten, die nach dem Vortrag des Klägers die behauptete Änderungszusage abgegeben haben soll, hat hierzu in ihrer Vernehmung vom 17. Mai 2011 eindeutig erklärt, dass sie eine solche Zusage dem Kläger gegenüber nicht abgegeben habe. Vielmehr habe sie immer wieder den Kläger aufgefordert, sich zu den vom Beklagten angemeldeten Forderungen zu äußern, damit sie im Falle eines Bestreitens der angemeldeten Forderung das Feststellungsverfahren einleiten könne. Die im Schreiben des Klägers vom 22. Februar 2005 behauptete Vereinbarung einer Korrektur der Steueranmeldung bei Vorlage von Steuererklärungen bzw. Bilanzen sei nicht getroffen und so weit von dem Inhalt der Telefongespräche entfernt, dass sie es nicht für erforderlich g...