Entscheidungsstichwort (Thema)
Beratende Tätigkeit eines Autodidakten auf dem Gebiet der Entsorgungs- und Umwelttechnik als Tätigkeit, die einem beratenden Betriebswirt oder einem Ingenieur ähnlich ist
Leitsatz (redaktionell)
- Ein einem beratenden Betriebswirt ähnlicher Beruf liegt nur vor, wenn er auf einer vergleichbar breiten fachlichen Vorbildung beruht und sich die Beratungstätigkeit auf einen vergleichbar breiten betrieblichen Bereich erstreckt.
- Der Stpfl. kann den erforderlichen Nachweis der theoretischen Kenntnisse anhand eigener praktischer Arbeiten führen. Für diese Form des Nachweises ist es erforderlich, dass die Tätigkeit des Stpfl. besonders anspruchsvoll ist und nicht nur der Tiefe, sondern auch der Breite nach zumindest das Wissen des Kernbereichs eines Fachstudiums voraussetzt.
- Dabei werden an die Breite der Tätigkeit geringere Anforderungen gestellt als an die der Ausbildung oder der autodidaktisch erworbenen Kenntnisse.
Normenkette
EStG § 18 Abs. 1 Nr. 1, § 15 Abs. 2
Streitjahr(e)
1996
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob der Kl. eine freiberufliche Tätigkeit im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG ausübt.
Der 19... geborene Kl. absolvierte nach Ablegung des Abiturs im Jahre 19... zunächst eine Ausbildung zum Müller, da für ihn ein Studium wegen des Zweiten Weltkrieges nicht möglich war. Später bildete er sich zum Müllermeister fort. Von 19... bis 19... betrieb er eine Müllerei. Die Anzahl seiner Mitarbeiter betrug zwei bis drei. Ab dem Jahr 19... baute er dazu parallel ein Fuhrgeschäft auf, welches er als Speditionsunternehmer bis 19... betrieb. In Spitzenzeiten beschäftigte der Kläger 14 bis 15 Mitarbeiter und hatte 13 bis 14 Lkws in seinem Bestand. Für die Müllerei erstellte der Kl. die Buchführung mit Ausnahme der Jahresabschlüsse, für das Speditionsunternehmen dagegen seine Ehefrau unter seiner Aufsicht. Nach dem Verkauf mehrerer Speditionsfahrzeuge arbeitete er im Bereich Umwelt- und Entsorgungstechnik. Der Kl. entwickelte hochwertige technische Gerate für den individuellen Gebrauch und baute diese entsprechend den Erfordernissen der Entsorgungs- und Umwelttechnik um. Darüber hinaus unternahm er umfangreiche chemische Versuche mit verschiedenen Flockungsmitteln, die er im Laufe der Jahre mit dem Ziel weiterentwickelte, Flüssigkeit optimal aus dem Klärschlamm heraustrennen zu können. Diesbezüglich eignete er sich durch Studium der Fachliteratur und den Besuch von Fachkongressen ein umfangreiches theoretisches Wissen an. Zudem verfügte er aufgrund seiner langjährigen Erfahrungen über umfassende Praxiskenntnisse.
Der Kläger war bis zum 31. 12. 19... Gesellschafter der F. OHG, welche im Bereich der Entsorgungs- und Umwelttechnik gewerblich tätig war.
m 30. 01. 19... schloss er mit der Nachfolgefirma der vorbenannten OHG, der F.H. GmbH, einen Beratervertrag mit Wirkung ab 01. 01. 19... ab. Gegenstand dieses Vertrages ist die Beratung der GmbH in allen abfallwirtschaftlichen Fragen, in Fragen der Betriebsorganisation Innovation, Akquisition, Kundenbetreuung, der technischen Abwicklung sowie des Unternehmensbestandes.
Aus der Beratertätigkeit erzielte er im Streitjahr Einkünfte in Höhe von ... DM, die er als Einkünfte aus selbständiger Arbeit in seiner Einkommensteuererklärung erklärte.
Nach Durchführung einer Außenprüfung beim Kl. im März 19... wertete der Beklagte dessen Beratertätigkeit als gewerbliche Tätigkeit und setzte mit Bescheid vom ... den einheitlichen Gewerbesteuermessbetrag auf ... DM fest.
Gegen diesen Bescheid legte der Kl. am ... Einspruch ein, den der Beklagte mit Einspruchsbescheid vom ... als unbegründet zurückwies.
Dagegen erhob der Kl. Klage. Er begehrt die Aufhebung des Gewerbesteuermessbescheides. Seiner Ansicht nach übe er eine einem beratenden Betriebswirt ähnliche Beratertätigkeit aus und sei daher freiberuflich tätig. Dieses ergebe sich daraus, dass er in der Lage sei, sowohl die fachspezifischen Erfordernisse der Entsorgungs- und Umwelttechnik als auch allgemeine betriebswirtschaftliche Aufgaben zu erfüllen.
Der Kl. beantragt,
den Gewerbesteuermessbescheid 1996 vom ... in der Form des Einspruchsbescheids vom ... aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte hält an seiner Rechtsauffassung fest. Er ist der Ansicht. der Kl. erfülle nicht die Voraussetzungen für eine dem Berufsbild des beratenden Betriebswirt ähnliche Tätigkeit. Insoweit fehle es an der nötigen Ausbildung. Zudem würden sich seine Kenntnisse, die nicht den Erfordernissen eines betriebswirtschaftlichen Studiums genügen würden, nur auf eine Branche beschränken. Der Kl. stelle vielmehr den typischen Vertreter des erfahrenen und qualifizierten Gewerbetreibenden dar, der seine Kenntnisse im Rahmen seiner Berufssparte weitergebe.
Wegen des weitergehenden Vorbringens wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Sitzungsprotokoll vom 20. 03...