Entscheidungsstichwort (Thema)
Abgrenzung des Reiseveranstalters vom Reisevermittler
Leitsatz (redaktionell)
- Für die Frage, ob ein Unternehmer Reiseleistungen im eigenen Namen (als Reiseveranstalter) oder im fremden Namen (als Reisevermittler) erbringt, kommt es darauf an, wie er im allgemeinen Geschäftsverkehr gegenüber dem Leistungsempfänger auftritt bzw. als wessen Leistung die Reise am Markt erscheint.
- Ergibt sich bei objektiver Würdigung aus der Sicht des Leistungsempfängers, dass der Unternehmer die vertraglich vorgesehenen Reiseleistungen im eigenen Namen anbietet, muss dieser sich daran festhalten lassen und kann sich nicht auf die Rolle des Vermittlers zurückziehen.
- Die in Prospekten/Vordrucken aufgenommenen Hinweise, nur als Vermittler aufzutreten, sind umsatzsteuerrechtlich nur bedeutsam, wenn sich der Unternehmer im Wirtschaftsleben auch entspr. verhalten hat.
Normenkette
UStG § 25
Streitjahr(e)
2003
Tatbestand
Streitig ist, ob der Kläger bei der Vermietung von Ferienhäusern im eigenen Namen oder als bloßer Vermittler aufgetreten ist.
Der Kläger betreibt seit 1999 die Vermittlung von ihm nicht gehörenden Ferienwohnungen in Frankreich unter der Firma „L”.
Nach einer Betriebsprüfung geht der Beklagte davon aus, dass bis zum 31. Mai 2003 ausschließlich Vermittlungsleistungen ausgeführt hat, die in Deutschland nicht steuerbar sind. Er folgert dies aus den bis dahin geltenden allgemeinen Vertragsbedingungen (AVB) des Klägers: Darin wird dieser ausdrücklich als Vermittler benannt („M. Reisevermittlung”), zu dessen Aufgabenbereich „die Präsentation, Darstellung, Informationsaufbereitung und Unterbreitung von Angeboten über ausgesuchte Ferienwohnungen” gehöre sowie die „Vermittlung der Anbahnung und Ausgestaltung von Buchungsverträgen zwischen dem Eigentümer der Ferienobjekte und dem Kunden”.
Zum 1. Juni 2003 sind neue AVB mit folgendem Inhalt in Kraft getreten.
Präambel: … „die Fa. L. ist im Auftrag von Eigentümern und Vermietern ausgesuchter Ferienhäusern in der Bretagne als Vermittler tätig. Trotz dieser faktischen Vermittlerrolle unterstellen wir (L.) jedoch den mit Ihnen zustande gekommenen Vertrag im Einklang mit der deutschen Rechtsprechung den §§ 652a ff Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Wir ziehen uns also nicht, wie viele andere Ferienhausanbieter, juristisch auf eine Vermittlerrolle zurück. Mit der Buchung bei L. erhalten Sie daher die volle Gewährleistung eines deutschen Reiseveranstalters.”
…
3. Leistungen, Nebenabreden
3.1. Die Rechtsbeziehung zwischen Ihnen (und) uns bestimmen sich im Einklang mit der deutschen Rechtsprechung, in entsprechender Anwendung der §§ 651a ff. BGB unter Berücksichtigung des Mietvertragscharakters des Vertrages.
3.2 Die von uns geschuldete vertragliche Leistung besteht in der Überlassung des gebuchten Objekts in dem Zustand und der Ausstattung, wie sie sich aus unserer Ausschreibung ergibt, nach Maßgabe aller Hinweise und Erläuterungen im Prospekt (Internetbeschreibung), bzw. der Objektbeschreibung und eventueller einschränkender oder ergänzender Hinweise und Vereinbarungen im Vertragsexemplar.
…
5. Rücktritt vom Vertrag
5.1 Wir (L.) können den Vertrag nach Belegungsbeginn kündigen, wenn Sie und/oder ihre Mitreisenden die Durchführung des Vertrages ungeachtet unserer Abmahnung nachhaltig stören …
5.2 Kündigen wir, so behalten wir den Anspruch auf den Gesamtpreis; …
5.3 Die Eigentümer oder Beauftragten von L. sind bevollmächtigt, die Interessen von L. wahrzunehmen und Erklärungen mit Rechtswirkung für L. abzugeben.
…
9. Weitere Obliegenheiten des Kunden, Kündigung durch den Kunden, Ausschlussfrist
9.1 Entsprechend der gesetzlichen Verpflichtung aus § 651d Abs. 2 Abs.2 BGB sind Sie verpflichtet, auftretende Mängel unverzüglich dem Eigentümer oder unserem örtlichen Beauftragten anzuzeigen und Abhilfe zu verlangen. …
9.2 Für den Fall des Vorliegens eines erheblichen Mangels, für den wir (L) vertraglich einzustehen haben, sind Sie berechtigt, den Vertrag nach Maßgabe von § 651e BGB zu kündigen. …
Mit Inkrafttreten dieser neuen AVB zum 1. Juni 2003 sieht der Beklagte den Kläger nicht mehr als Vermittler sondern als im eigenen Namen auftretenden Reiseveranstalter an. Dementsprechend hat er die Leistungen des Klägers als Reiseleistungen nach § 25 UStG beurteilt, die gemäß § 3a Abs. 1 UStG in Deutschland zu besteuern seien.
Da der Kläger bislang keine Steuererklärungen abgegeben hatte, ermittelte der Prüfer die Besteuerungsgrundlage nach § 25 UStG wie folgt: Zunächst ermittelte er Einnahmen für 2003 in Höhe von insgesamt 114.201,91 €. Diesen Betrag teilte er im Verhältnis 5/12 zu 7/12 (ab Juni 2003) auf und errechnete so einen Betrag von 66.617,78 €. Aus dieser Brutto-Marge rechnete er dann die Umsatzsteuer heraus und gelangte zu einer Umsatzsteuer von 9.188,66 €.
Gegen den entsprechend geänderten Bescheid erhob der Kläger nach fruchtlosem Einspruch Klage. Er trägt vor:
Die formale Anpassung der AVB zum 1. Juni 2003 sei lediglich aus Gründen der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit vor...