Entscheidungsstichwort (Thema)
Bindungswirkung der in den Fahrzeugpapieren dokumentierten Feststellungen der Zulassungsbehörde für die Kraftfahrzeugsteuer
Leitsatz (redaktionell)
- Die in den Fahrzeugpapieren dokumentierten Feststellungen der Zulassungsbehörde sind Grundlagenbescheid für die Kraftfahrzeugsteuer.
- Ist ein Fahrzeug zulassungsrechtlich als Zugmaschine eingestuft, ist dies für die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 7 KraftStG bindend. Das Hauptzollamt ist nicht befugt, die Steuerbefreiung im Hinblick darauf zu versagen, dass es sich tatsächlich um eine Sattelzugmaschine handelt.
Normenkette
AO § 171 Abs. 10; KraftStG § 2 Abs. 2 Nr. 2, § 3 Nr. 7; AO § 182 Abs. 1 S. 1; FZV § 2
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über eine Befreiung von der Kraftfahrzeugsteuer.
Der Kläger betreibt einen landwirtschaftlichen Betrieb. Auf ihn sind einerseits seit dem 25. März 2010 das Fahrzeug mit dem Kennzeichen ...7 und andererseits seit dem 5. August 2015 das Fahrzeug mit dem Kennzeichen ...0 zugelassen. Bei beiden Fahrzeugen handelt es sich um Sattelzugmaschinen des gleichen Typs, welche der Kläger ausschließlich in seinem landwirtschaftlichen Betrieb zum Transport landwirtschaftlicher Produkte einsetzt. Aus den Zulassungsbescheinigungen Teil I ergibt sich jeweils der Fahrzeugklassenschlüssel 89 und der Aufbauschlüssel 1000. Ausweislich des Verzeichnisses zur Systematisierung von Kraftfahrzeugen und ihren Anhängern des Kraftfahrtbundesamts (KBA), Stand Mai 2016 (im Folgenden: KBA-Verzeichnis; abrufbar unter www.kba.de), handelt es sich dabei um Ackerschlepper, welche in den Zulassungsdokumenten als „LOF.Zugm.Ackerschlepper” ausgewiesen werden (vgl. Tz. 5.1 des KBA-Verzeichnisses). Für das Fahrzeug ...7 sind die Zulassungspapiere am 2. April 2015 dahingehend geändert worden.
Auf die entsprechenden Anträge des Klägers gewährte der Beklagte -das Hauptzollamt (HZA)- zunächst eine auf § 3 Nr. 7 des Kraftfahrzeugsteuergesetzes (KraftStG) gestützte Befreiung von der Kraftfahrzeugsteuer. Im Einzelnen setzte das HZA die Steuer für das Fahrzeug ...7 mit Bescheid vom 27. April 2015 ab dem 2. April 2015 und für das Fahrzeug ...0 mit Bescheid vom 24. August 2015 ab dem 5. August 2015 auf jährlich 0 € fest. Der Bescheid für das Fahrzeug ...7 erging dabei unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.
Unter dem 14. Oktober 2015 teilte das HZA dem Kläger mit, eine Steuerbefreiung komme nicht (mehr) in Betracht, da es sich bei den Fahrzeugen um Sattelzugmaschinen handele, welche ausdrücklich nicht von der Befreiungsvorschrift erfasst seien. Der Antrag auf Steuerbefreiung werde daher abgelehnt; die Schriftsätze waren jeweils mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen. Entsprechend erließ das HZA unter dem 20. Oktober 2015 geänderte Bescheide. Darin setze es die Steuer für das Fahrzeug ...0 ab dem 1. Oktober 2015 auf jährlich 1.681 € fest und berief sich für die Änderung auf § 12 Abs. 2 Nr. 2 KraftStG. Die Steuer für das Fahrzeug ...7 setzte das HZA auf jährlich auf 556 € fest und berief sich hinsichtlich der Änderung auf § 164 Abs. 2 Abgabenordnung (AO) sowie § 12 Abs. 2 Nr. 2 KraftStG.
In dem gegen die Bescheide angestrengten Einspruchsverfahren trug der Kläger vor, aus den Bescheiden sei eine Begründung nicht ersichtlich. Die am 17. November 2015 beim HZA eingegangenen Einsprüche richteten sich sowohl gegen die Schreiben vom 14. Oktober 2015 als auch gegen die anschließend ergangenen Steuerbescheide.
Das HZA wies die Einsprüche mit Einspruchsentscheidung vom 21. Dezember 2015 als unbegründet zurück. Es handele sich bei den Fahrzeugen des Klägers um Sattelzugmaschinen, für welche die Befreiung nach § 3 Nr. 7 KraftStG ausdrücklich und unabhängig von der tatsächlichen Nutzung nicht eingreife. Ein sog. „Agrar-LKW” entspreche einer gewöhnlichen Sattelzugmaschine. Bei der von der Zulassungsbehörde festgestellten Fahrzeug- und Aufbauart sei nach Abstimmung des Bundesministeriums für Verkehr und des Bundesfinanzministeriums eine abweichende Schlüsselung vorzunehmen. Daher sei im Verzeichnis des Kraftfahrtbundesamts der Fahrzeugklassenschüssel 90, Aufbauschlüssel 0000 („LOF.Sattelzugmaschine”) neu aufgenommen worden. Bei den Fahrzeugen des Klägers handele es sich um solche Fahrzeuge, für welche keine Befreiung gewährt werden könne.
Hiergegen richtet sich die Klage. Es sei entscheidend auf die von der Zulassungsbehörde ausgestellte Schlüsselnummer abzustellen. Die Voraussetzungen der Nr. 89 2000 bzw. 89 1000 würden von den Fahrzeugen des Klägers erfüllt. Eine anderweitige Einstufung komme nicht in Betracht.
Der Beklagte verweist auf die Ausführungen in der Einspruchsentscheidung. Von der Bindungswirkung der Feststellungen der Zulassungsbehörde als Grundlagenbescheid werde nicht abgewichen. Jedoch habe die Zulassungsbehörde nicht zwischen Zugmaschinen und Sattelzugmaschinen unterscheiden können. Hierbei müsse berücksichtigt werden, dass das KBA-Verzeichnis der einheitlichen Erfassung sowie dem einheitlichen statistischen Nachweis der zu speichernden Daten diene....