Entscheidungsstichwort (Thema)
Verpachtung eines Blockheizkraftwerks als unternehmerische Tätigkeit. Vorsteuerabzug aus einer Anzahlung für einen aus betrügerischer Absicht nicht gelieferten Gegenstand
Leitsatz (redaktionell)
1. Eine unternehmerische Tätigkeit kann auch in der Vermietung eines körperlichen Gegenstands wie des streitgegenständlichen Blockheizkraftwerks (BHKW) liegen, wenn sie als Nutzung des Gegenstands zur nachhaltigen Erzielung von Einnahmen vorgenommen wird. Eine nur gelegentlich ausgeübte Tätigkeit reicht nicht aus.
2. Nach den Gesamtumständen des Streitfalls lag eine unternehmerische Tätigkeit vor, da die Laufzeit des Pachtvertrags mindestens zehn Jahre betragen sollte, eine private Nutzung des BHKW ausgeschlossen war und sich der Erwerb des BHKW auch nicht als Kapitalanlage durch Beteiligung darstellte.
3. Der Umstand, dass eine Lieferung an einen Steuerpflichtigen vorgenommen wird – oder wie hier vorgenommen werden soll –, der weder wusste noch wissen konnte, dass der betreffende Umsatz in einen vom Verkäufer begangenen Betrug einbezogen sein könnte, steht dem Vorsteuerabzug nicht entgegen. Die Feststellungslast dafür, dass dem Steuerpflichtigen ein Sachverhalt bekannt war oder sich hätte aufdrängen müssen, der für einen (Umsatz)Steuerbetrug gesprochen hätte, trägt das Finanzamt.
4. Allein der Umstand, dass das Handeln des – vorgeblichen – Lieferers dem eines „Schneeballsystems” entsprechen könnte, führt nicht dazu, dass die darin entstandenen Steuervorgänge unbeachtlich wären.
5. Im Streitfall konnte offenbleiben, ob der Vorsteuerabzug aus einer Anzahlung auf eine letztlich nicht erbrachte Leistung auch dann zu korrigieren ist, wenn der Unternehmer die von ihm geleistete Anzahlung nicht zurückerhält.
Normenkette
UStG § 2 Abs. 1, § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1
Tenor
1. Der Bescheid vom 6. November 2012 und die Einspruchsentscheidung vom 11. Juli 2013 werden aufgehoben und die Umsatzsteuer für 2010 wird auf EUR … festgesetzt.
2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich derjenigen der Revision.
3. Das Urteil ist für die Kläger hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung des sich aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss ergebenden Betrages abwenden, wenn nicht die Kläger zuvor in gleicher Höhe Sicherheit leisten.
4. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Frage, ob die Kläger unternehmerisch im Hinblick auf die Verpachtung eines Blockheizkraftwerkes tätig sind.
Die Kläger erzielten im Streitjahr neben Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit u.a. Einkünfte aus der Vermietung einer Eigentumswohnung. Des Weiteren gaben sie Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von ./. EUR an, wobei sie das nicht angemeldete Gewerbe mit „Verpachtung eines Blockheizkraftwerkes” bezeichneten. Der Betrag ergab sich aus EUR an Vorsteuer und EUR Zinsen für ein Darlehen.
Die Kläger bestellten bei der X AG (künftig: AG) mit Sitz in der Schweiz am 12. August 2010 ein Blockheizkraftwerk. Dieses Angebot nahm die AG mit Vorkassenanforderung vom 1. September 2010 an. Daraufhin zahlten die Kläger den Betrag von EUR, für den sie ein Darlehen aufnahmen, durch Überweisung vom 9. November 2010 mit Gutschrift am 10. November 2010. Nunmehr legte die AG am 11. November 2010 eine Vorschuss- und Schlussrechnung über EUR zuzüglich EUR Umsatzsteuer, wobei der Liefergegenstand mit X K2 (Hersteller X Productions GmbH, Seriennummer 303711) bezeichnet war. Die Rechnung enthält technische Daten des zu liefernden Blockheizkraftwerks wie die Einspeiseleistung (40 kW), das Modell des Motors, die Anzahl der Zylinder, das Modell des Generators, die Maße und das Gewicht, das Startsystem, Bohrung und Hubhöhe, Nennfrequenz, Nennspannung, Leistungsfaktor, Typ, Nenndrehzahl und das Vorhandensein eines elektrischen Starters. Die Lieferung sollte voraussichtlich 180 Tage nach Geldeingang nach Montage durch die X Productions GmbH erfolgen.
Am 3./15. November 2010 schlossen die Kläger mit der X – Gesellschaft zur Förderung erneuerbarer Energien mbH (künftig: GmbH) einen Pachtvertrag, nach dem sie das Blockheizkraftwerk an diese verpachteten. Die GmbH war danach berechtigt, das Blockheizkraftwerk nach ihrem Belieben zur Erzeugung von Strom und anderen Energien zu nutzen. Der erzeugte Strom bzw. die erzeugte Energie standen als Ertrag des Pachtgegenstandes der Pächterin zu. Die Pachtzeit betrug 10 Jahre verbunden mit der Möglichkeit, diese um 5 Jahre zu verlängern. Der Pachtzins belief sich auf EUR netto jährlich und war in 12 monatlichen Raten à EUR zuzüglich Mehrwertsteuer ab Beginn des 2. Monats nach Abschluss des Pachtvertrages, d.h. vorliegend ab 1. Januar 2011, zu entrichten. Des Weiteren war die GmbH verpflichtet, das Blockheizkraftwerk pfleglich zu behandeln, entsprechend den Herstellervorschriften zu warten, zu erhalten und alle erforderlichen Reparaturen auf ihre Kosten durchzuführen.
Die Übergabe des Blockheizkraftwerkes sollte dadurch ersetzt werde...