Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorbereitung der Veräußerung ehemals volkseigener Betriebe durch die Treuhandanstalt als gewerbliche Tätigkeit. Gewerbesteuermessbetrag 1992 und 1993
Leitsatz (redaktionell)
Die Tätigkeit eines gelernten Bankkaufmanns, der im Auftrag eines Steuerberaters, welchem die Treuhandanstalt die Privatisierung und Liquidation ehemals volkseigener Betriebe übertragen hatte, die Veräußerung der Betriebe durch die Treuhandanstalt vorbereitet, ist weder als eine freiberufliche Tätigkeit i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG noch als eine sonstige selbständige Arbeit i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG anzusehen.
Normenkette
EStG § 18 Abs. 1 Nrn. 1, 3, § 15 Abs. 2
Nachgehend
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
I.
Streitig ist, ob der Kläger in den Streitjahren 1992 und 1993 Einkünfte aus selbständiger oder gewerblicher Tätigkeit erzielt hat.
Der Kläger absolvierte nach seinem Abitur im Jahr 1975 eine Banklehre bei der Commerzbank H., die er 1978 erfolgreich als Bankkaufmann abschloss. In den Jahren 1979 bis 1983 war er als geschäftsführender Gesellschafter der „S GmbH” in H. tätig und von 1983 bis 1986 als geschäftsführender Gesellschafter der „C GmbH”. Von 1989 bis 1990 war er mit Aufbau und Organisation eines bundesweiten Vertriebssystem für ein Softwarehaus betraut.
In den Streitjahren wurde der Kläger von Steuerberater D. in H. als freier Mitarbeiter beschäftigt. Herr D. führte im Auftrag der Treuhandanstalt (THA), die ihre Verfügungs- und Verwaltungsbefugnis über ehemals volkseigene DDR-Staatsbetriebe auf das Steuerbüro D. übertragen hatte, die Privatisierung und Liquidation dieser Unternehmen durch. In diesem Bereich war der Kläger im Einverständnis mit der THA tätig, ohne nähere Weisungen des Steuerberaters D. zu erhalten. Dem Kläger oblag die Vorbereitung der jeweiligen Unternehmensveräußerung. Zwischen Herrn D. und dem Kläger wurde weder ein schriftlicher Rahmenvertrag abgeschlossen noch wurden Einzelaufträge schriftlich erteilt. Einzelheiten wurden am Telefon abgesprochen. Herr D. ließ dem Kläger freie Hand. In den Streitjahren arbeitete der Kläger für insgesamt 17 Unternehmen. Der Senat nimmt dabei auf die mit Schriftsatz des Klägervertreters vom 17.12.1997 übersandte namentliche Auflistung mit Tätigkeitsnachweisen Bezug. Der Kläger rechnete nach Zeitaufwand ab und stellte gegenüber dem Steuerbüro D. entsprechende Rechnungen, die er der Umsatzsteuer unterwarf. Er bezog – wie der Kläger in der mündlichen Verhandlung angab – kein festes Gehalt, auch nicht im Urlaubs- und Krankheitsfall.
In den Einkommensteuererklärungen und Gewinnermittlungen für die Streitjahre bezeichnete der Kläger seine ausgeübte Berufstätigkeit als Unternehmensberatung und erklärte die Einkünfte daraus als Gewinn aus freiberuflicher Tätigkeit, ohne demzufolge Gewerbesteuererklärungen einzureichen. Das Finanzamt Z. sah die Einkünfte jedoch als gewerblich an und unterwarf sie der Gewerbesteuer. Das gegen die Gewerbesteuermessbescheide geführte Einspruchsverfahren blieb erfolglos.
Mit der vorliegenden Klage trägt der Kläger vor: Als Freiberufler im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG bzw. als Selbständiger nach § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG sei er nicht gewerbesteuerpflichtig. Er sei – anders als in den bisher von der Rechtsprechung entschiedenen Fällen – nicht selbständig in Konkurrenz zu anderen beratenden Betriebswirten tätig gewesen, sondern anstelle eines solchen. Folglich sei seine Tätigkeit nicht nur diesem Berufsbild ähnlich, sondern mit ihm identisch. Es sei in der Rechtsprechung anerkannt, dass die Tätigkeit eines hauptberuflichen Zwangsverwalters unter § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG falle. Die Tätigkeit des Klägers als Liquidator ehemaliger Staatsbetriebe stelle eine neuartige erst im Zuge der Wiedervereinigung entstandene selbständige Tätigkeit dar. Vergleichbar einem Konkurs-, Vergleichs- oder Zwangsverwalter habe der – allerdings nicht wie ein Verwalter vom Amtsgericht ernannte – Kläger die Aufgabe gehabt, Unternehmen in Krisensituationen umfassend betriebswirtschaftlich zu betreuen, zu bewerten, zu konsolidieren und deren Fortbestand letztlich durch die Vorbereitung einer Übernahme zu sichern. Diese Tätigkeit sei einer vermögensverwaltenden Tätigkeit ähnlich. Sie lasse sich am ehesten mit der eines Liquidators einer aufzulösenden Gesellschaft vergleichen. Der Kläger habe direkt in den betroffenen Betrieben gearbeitet und sich dort mit Fragen der Führung, Fertigung, Materialwirtschaft, der Finanzierung, des Vertriebs, des Verwaltungs- und Personalwesens befasst. Ein wesentlicher Schwerpunkt sei dabei die Regelung des Zahlungsverkehrs und Rechnungswesens, der Kostenkontrolle und des Finanzbedarfs gewesen. Er habe auch Sozialpläne erstellt und die von ihm betreuten Betriebe in allen Bereichen der Geschäftsführung unterstützt. Dieses weitgesteckte Tätigkeitsfeld ergebe sich auch aus den Tätigkeitsnachweisen. Anders als im Falle des § 18 Abs...