rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Anspruch eines unbeschränkt Steuerpflichtigen auf Gewährung eines Behindertenpauschbetrags für sein in Tschechien lebendes, behindertes Kind. Einkommensteuer 1997
Leitsatz (redaktionell)
Der Rechtsgedanke des § 1 Abs. 3 EStG muss zugunsten von EU/EWR-Bürgern und gleichzubehandelnden Deutschen im Rahmen der Übertragung eines Behindertenpauschbetrages nach § 33b Abs. 5 Satz 1 EStG auf ein im Ausland lebendes behindertes Kind ohne oder mit nur geringen ausländischen Einkünften, die die dortige Berücksichtigung eines Behindertenpauschbetrags ausschließen, angewandt werden, wenn das Kind die Voraussetzungen der Vorschrift nur mangels inländischer Einkünfte nicht erfüllt.
Normenkette
EStG § 33b Abs. 5 S. 1, Abs. 3 S. 2, § 1 Abs. 3; GG Art. 3 Abs. 1
Nachgehend
Tenor
Der geänderte Einkommensteuerbescheid 1997 vom 21.09.2001 wird dahingehend geändert, dass ein Behinderten-Pauschbetrag nach § 33 b Abs. 3 Satz 2 Einkommensteuergesetz 1997 – EStG 1997 – i. H. v. 2.760 DM berücksichtigt wird. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Von den Kosten des Verfahrens trägt der Kläger 77 v. H. und der Beklagte 23 v. H.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Berücksichtigung des ungekürzten Kinderfreibetrages i. H. v. 576 DM monatlich nach § 32 Abs. 6 Satz 3 Nr. 1 Alt. 2 EStG 1997, von Aufwendungen i. H. v. 1.800 DM nach § 33 a Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 EStG 1997 und eines Behinderten-Pauschbetrages nach § 33 b Abs. 3 i. V. m. Abs. 5 Satz 1 EStG 1997 i. H. v. 7.200 DM.
Der Kläger ist Vater der am 11.12.1975 geborenen Tochter M, die bei seiner geschiedenen Ehefrau in der Tschechischen Republik lebt. Mit Einkommensteuererklärung 1997 vom 01.07.1999 machte er Unterhaltsaufwendungen für seine Tochter i. H. v. 2.000 DM nach § 33 a Abs. 1 EStG 1997 geltend. Mit Einkommensteuerbescheid vom 02.12.1997 lehnte der Beklagte die Berücksichtigung der Unterhaltsaufwendungen ab, brachte aber nach § 32 Abs. 6 Satz 1 EStG 1997 einen Kinderfreibetrag i. H. v. 288 DM monatlich für M in Ansatz, den er wegen des Wohnsitzes des Kindes in der Tschechischen Republik nach § 32 Abs. 6 Satz 4 EStG 1997 auf ein Drittel kürzte; insgesamt wurde ein Kinderfreibetrag i. H. v. 1.152 DM abgezogen. Mit Einspruch vom 16.12.1999 wandte sich der Kläger gegen die Kürzung des Kinderfreibetrages für M. Mit Einspruchsentscheidung vom 28.09.2000 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück.
Am 27.10.2000 hat der Kläger Klage erhoben.
Dem Kläger stehe ein ungekürzter Kinderfreibetrag, ein Behinderten-Pauschbetrag i. S. v. § 33 b Abs. 6 EStG 1997 und ein Pauschbetrag gemäß § 33 a Abs. 3 Nr. 2 EStG 1997 zu. Da der Beklagte die Voraussetzungen des Kinderfreibetrages anerkannt habe, sei aufgrund der schweren Behinderung der Tochter M auch ein Behinderten-Pauschbetrag i. H. v. 7.200 DM zu gewähren. Gleichermaßen erfüllt seien die Voraussetzungen des § 33 a Abs. 3 Nr. 2 EStG 1997, da hier die Voraussetzungen des § 33 b EStG ausschlaggebend seien; es sei ein Pauschbetrag von 1.800 DM zu gewähren.
Im Klageverfahren hat der Beklagte mit Änderungsbescheid vom 21.09.2001 einen Kinderfreibetrag für M nach § 32 Abs. 6 Satz 3 Nr. 1 Alt. 2 EStG 1997 i. H. v. 576 DM monatlich in Ansatz gebracht, den er wegen des Wohnsitzes des Kindes in der Tschechischen Republik wiederum nach § 32 Abs. 6 Satz 4 EStG 1997 auf ein Drittel kürzte; insgesamt wurde ein Kinderfreibetrag i. H. v. 2.304 DM abgezogen.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den geänderten Einkommensteuerbescheid vom 21.09.2001 dahingehend zu ändern, dass ein Kinderfreibetrag nach § 32 Abs. 6 Satz 3 Nr. 1 EStG 1997 i. H. v. 6.912 DM, Aufwendungen nach § 33 a Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 EStG 1997 i. H. v. 1.800 DM und ein Behinderten-Pauschbetrag nach § 33 b Abs. 3 i. V. m. Abs. 5 Satz 1 EStG 1997 i. H. v. 7.200 DM berücksichtigt werden.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er ist nicht bereit, einen höheren als den im geänderten Einkommensteuerbescheid vom 21.09.2001 berücksichtigten Freibetrag für das Kind M anzuerkennen; da das Kind in der Tschechischen Republik lebe, sei der Freibetrag nach § 32 Abs. 6 Satz 4 EStG 1997 entsprechend der Verwaltungsanweisung (Ländergruppeneinteilung) laut BMF-Schreiben vom 27.02.1996 (BStBl I 1996, 115) auf 1/3 zu mindern. Die Voraussetzungen des § 33a Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 EStG 1997 lägen nicht vor. Die Übertragung des Behinderten-Pauschbetrages nach § 33b Abs. 3 i. V. m. Abs. 5 Satz 1 EStG 1997 sei nach R 194 Abs. 3 Einkommensteuerrichtlinien 1997 – EStR 1997 – nur zulässig, wenn das Kind seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraumes – ...