Entscheidungsstichwort (Thema)
Kein Kindergeldanspruch bei mehr als viermonatiger Wartezeit auf den Beginn des Zivildienstes. Kindergeldanspruch bei Bewerbung um einen Studienplatz während der Ableistung des Zivildienstes
Leitsatz (redaktionell)
1. Der volljährige Sohn ist ab dem Monat, in dem er sich während seines Zivildienstes erfolgreich um einen Studienplatz beworben hat, nach § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. c EStG berücksichtigungsfähig, auch wenn er das Studium aus studienorganisatorischen Gründen erst nach Beendigung des Zivildienstes antreten kann.
2. Muss ein Kind nach dem Schulabschluss länger als vier Monate auf den Beginn des Zivildienstes warten, ist es auch für die ersten vier Monate nicht nach § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG berücksichtigungsfähig. Das gilt auch dann, wenn das Kind die Wartezeit nicht beeinflussen kann
Normenkette
EStG § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. b, c
Nachgehend
Tenor
1. Der Bescheid vom 7. Januar 2008 und die Einspruchsentscheidung vom 17. März 2008 werden insoweit aufgehoben, als davon auch die Festsetzung von Kindergeld ab März 2008 umfasst wird. Im Übrigen ist die Klage unbegründet.
2. Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin zu 6/7 und dem Beklagten zu 1/7 auferlegt.
3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten für die Klägerin vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 v.H. des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
4. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin ist Kindergeldberechtigte für ihren am 28. April 1988 geborenen Sohn C..
Der Sohn beendete seine Schulausbildung im Juli 2007. Mit Bescheiden vom 6. Februar 2007, 28. Juni 2007 und 11. Oktober 2007 wurde der Sohn über die Ableistung des Zivildienstes informiert und zum 02.01.2008 einberufen. Seit Oktober 2008 studiert der Sohn. Der Klägerin wurde deshalb ab Oktober 2008 Kindergeld gewährt. Streitig ist hier das Kindergeld für den Zeitraum ab 1. August 2007.
Nachdem die Klägerin im November 2007 der Familienkasse mitgeteilt hatte, dass ihr Sohn ab dem 2. Januar 2008 den Zivildienst beginnen werde (ursprünglich war der Termin auf den 3. März 2008 bestimmt worden), hob diese mit dem hier streitigen Bescheid vom 7. Januar 2008 die Festsetzung des Kindergeldes ab August 2007 auf und forderte 616 EUR bereits ausbezahltes Kindergeld zurück. Der hiergegen eingelegte Einspruch hatte keinen Erfolg (Einspruchsentscheidung vom 17. März 2008).
Mit der vorliegenden Klage hatte die Klägerin zunächst geltend gemacht, dass der Sohn sich nicht arbeitslos gemeldet habe, weil er bereits über den anstehenden Zivildienst informiert gewesen sei und hernach ein Studium beginnen wollte. Sie habe sich gemeinsam mit ihrem Sohn um einen früheren Beginn des Zivildienstes bemüht. Dies sei ebenso wenig ausreichend gewürdigt worden wie die Tatsache, dass der Sohn im Anschluss an den Zivildienst studieren werde. Zumindest für die vier Monate sei der Anspruch auf Kindergeld weiter zu gewähren.
Der Prozessvertreter führte nachfolgend aus, dass es nach dem Wortlaut des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 c) EStG für die Berücksichtigung des Kindes nicht erforderlich sei, dass dieses bei einem Arbeitsamt als Ausbildung suchend gemeldet sei (FG Bremen, Urteil vom 22. Februar 2008 4 K 96/07). Wie die Klägerin vorgetragen habe, sei der Sohn um einen vorzeitigen Beginn des Zivildienstes bemüht gewesen. Ein früherer Beginn habe nicht erreicht werden können. Dies liege jedoch außerhalb des Einflusses des Sohnes. In einer vergleichbaren Konstellation habe das FG Sachsen-Anhalt am 14. September 2010 entschieden, dass § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 b EStG nicht auf die Verantwortung des Kindes abstelle. Es werde angeregt, das Verfahren bis zur Entscheidung im Revisionsverfahren III R 68/10 ruhen zu lassen.
Der Zivildienst sei gleichzusetzen mit einem angestrebten Ausbildungsverhältnis, was den streitigen Übergangszeitraum betreffe. Der Sohn habe sich während des relevanten Zeitraums um einen Studienplatz beworben und an der Eignungsprüfung der B. Uni W. im Juni 2008 teilgenommen. Dies zeige, dass der Sohn nach Ableistung des Zivildienstes ausbildungswillig sei. Es stehe bereits fest, dass ein nächster Ausbildungsschritt folgen werde. Es liege eine Übergangszeit im Sinne des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 2. Alt. EStG vor.
Die Klägerin beantragt, den Bescheid vom 7. Januar 2008 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 17. März 2008 aufzuheben.
Die Familienkasse beantragt, die Klage abzuweisen.
Ein Kindergeldanspruch bestehe zwischen dem Schulabschluss und dem Beginn des Zivildienstes nur dann, wenn der Zeitraum von vier Monaten nicht überschritten werde. Eine teilweise Beurteilung der Zeiträume sei nicht vorzunehmen. Auf die Gründe einer Fristüberschreitung komme es nicht an. Der Sohn habe bereits Ende Juni 2007 gewusst, dass der Viermonatszeitraum nicht eingehalten werden könne. Die Klägerin habe...