Entscheidungsstichwort (Thema)
Bindung des FA bei der Beurteilung des Investitionszulageanspruchs für eine Biogasanlage an Einstufung des Statistischen Landesamts
Leitsatz (redaktionell)
1. Soweit eine Zuordnung eines Betriebs zu der aus Gründen der statistischen Datenerfassung von dem Statistischen Bundesamt – nach europarechtlichen und völkerrechtlichen Vorgaben – herausgegebenen Klassifikation der Wirtschaftszweige (WZ) durch ein Statistisches Landesamt vorliegt, ist dieser für die Investitionszulage zu folgen, solange die Einordnung nicht offenkundig unzutreffend ist.
2. Hat das Statistische Landesamt einen Betrieb einer Biogasanlage, der größtenteils Klärschlamm und daneben auch Bioabfall entgeltlich annimmt, diesen Abfall in einem Biogasreaktor vergärt, das gewonnene Gas zur Verstromung und Wärmegewinnung nutzt und die weiteren verbleibenden Reste zur weiteren Energiegewinnung weiterveräußert, als für die Jahre 2000 und 2001 – zulagebegünstigtes – verarbeitendes Gewerbe nach Ziffer 37.20.5 der WZ 2003 eingeordnet, so ist diese Einstufung nicht offensichlich unzutreffend und bindet das FA bei der Beurteilung eines Investitionszulageanspruchs.
3. Die Annahme des Klärschlamms und der biologischen Abfälle ist keine von der Verarbeitung getrennte Tätigkeit, die zu einer Mischtätigkeit durch den Betrieb der Biogasanlage führen würde.
Normenkette
InvZulG 1999 § 2 Abs. 2 Nr. 1 S. 1
Nachgehend
Tenor
1. Die Bescheide vom … sowie die Einspruchsentscheidung vom … werden aufgehoben.
2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin Sicherheit in gleicher Höhe vor der Vollstreckung leistet.
Tatbestand
Streitig ist die Gewährung einer Investitionszulage.
Die Klägerin betreibt eine Biogasanlage, ihre Gesellschafter sind der X und die Y GmbH. Sie nimmt dabei entgeltlich Klärschlamm und Bioabfall an und vergärt diesen in einem Biogasreaktor. Das gewonnene Gas wird zur Verstromung und Wärmegewinnung genutzt. Die weiteren verbleibenden Reste werden zur weiteren Energiegewinnung weiterveräußert.
Die Klägerin erzielte im Jahr 2000 aus der Abnahme
von Bioabfall |
EUR 936.151,52, |
von Leichtstoffabfall |
EUR 211.775,46 und |
von Klärschlamm |
EUR 69.870,45, |
insgesamt |
EUR 1.217.797,43; |
aus der Stromeinspeisung |
EUR 104.138,12 und |
aus der Entnahme von Wärme und Energie |
EUR 192.143,35, |
insgesamt |
EUR 296.681,47. |
Im Jahr 2001 erzielte sie aus der Abnahme
von Bioabfall |
EUR 402.038,31, |
von Leichtstoffabfall |
EUR 136.096,31 und |
von Klärschlamm |
EUR 13.735,76, |
insgesamt |
EUR 551.870,38; |
aus der Stromeinspeisung |
EUR 121.626,84 und |
aus der Entnahme von Wärme und Energie |
EUR 101.525,75, |
insgesamt |
EUR 223.152,59. |
Das Statistische Landesamt Sachsen ordnete die Klägerin als verarbeitendes Gewerbe ein.
Die Klägerin reichte am … für das Jahr 2000 und am … für das Jahr 2001 einen Antrag auf Investitionszulage ein. Mit Bescheid vom … setzte der Beklagte für 2000 eine Investitionszulage von EUR 16.756,57 und mit Bescheid vom … eine Investitionszulage für 2001 von EUR 25.660,21 fest. Diese Bescheide standen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Der Beklagte führte bei der Klägerin eine Außenprüfung durch, bei der die Prüfung zu dem Ergebnis kam, dass die Klägerin nicht dem verarbeitenden Gewerbe zuzurechnen sei. Der Beklagte folgte den Feststellungen der Prüfung und änderte am … die Bescheide dahingehend, dass er die Investitionszulage für 2000 und 2001 auf EUR 0 festsetzte. Dagegen legte die Klägerin Einspruch ein, den der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom … als unbegründet zurückwies.
Die Klägerin ist der Auffassung, dass sie einen einheitlichen Geschäftsbetrieb betreibe und eine Unterscheidung zwischen der Annahme von Abfällen und der Weiterverarbeitung willkürlich sei. Die Klägerin betreibe Recycling im Sinne von Ziffer 37.20.5 der Klassifikation der Wirtschaftszweige. Eine Kompostierungsanlage bestehe nicht. Gegenüber der Klägerin existiere keine Entsorgungspflicht seitens einer Kommune oder privater Haushalte. Die Klägerin nehme aufgrund privatrechtlicher Verträge Klärschlamm oder Bioabfälle an, die sie dann in getrennten Prozessen verarbeite. Durch die Annahme dieser Stoffe beschaffe sich die Klägerin ihre Rohstoffe. Dies sei eine Hilfstätigkeit zur Haupttätigkeit. Die Klägerin stelle keine Düngemittel, sondern Ersatzbrennstoffe her. Die Klägerin müsse für die Annahme organischen Materials genauso wie für die Umwandlung dieses Materials Personal einsetzen. Die Stoffe müssten auch Tag genau verarbeitet werden. Dies entspreche dem Planfeststellungsverfahren und der Überprüfung durch den TÜV. Die angeschaffte Entpackungsmaschine sowie die Behälterreinigungskabine dienten der Trennung der biologischen Bestandteile von sonstigen wiederverwertbaren Stoffen und sei...