Entscheidungsstichwort (Thema)
Unentgeltliche Mahlzeitengewährung an angestellte Arbeitnehmer als lohnsteuerpflichtiger geldwerter Vorteil
Leitsatz (amtlich)
In der unentgeltlichen Gestellung von Mahlzeiten des Betreibers eines Kinderheims an die bei ihm angestellten Betreuer der Kinder liegt dann lediglich eine notwendige Begleiterscheinung betriebsfunktionaler Zielsetzungen und kein lohnsteuerpflichtiger Arbeitslohn vor, wenn eine arbeitsvertraglich verpflichtende Weisung zur Teilnahme an den gemeinsam mit den Kindern einzunehmenden Mahlzeiten besteht und diese Maßnahme einerseits der Überwachung der Kinder während der Mahlzeiten dient, zum anderen mit der gemeinsamen Essensaufnahme das Ziel verfolgt wird, eine familienähnliche Alltagstrukturierung zu erreichen.
Normenkette
EStG § 19 Abs. 1 Nr. 1
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob eine unentgeltliche Mahlzeitengewährung an im Betrieb des Klägers angestellte Arbeitnehmer einen lohnsteuerpflichtigen geldwerten Vorteil darstellt.
Der Kläger betrieb im streitigen Zeitraum von Dezember 2005 bis Juni 2010 als Einzelunternehmer das Kinderheim X. In dem Kinderheim werden vom Jugendamt zugewiesene Kinder aus problematischen familiären Situationen - ganz überwiegend im Alter zwischen 9 und 16 Jahren - betreut. Die Betreuung wird von angestellten Betreuern übernommen. Jeder Betreuer ist nach dem jeweils von ihm abgeschlossenen Arbeitsvertrag verpflichtet, die Kinder 40 Stunden pro Woche zu betreuen und zu begleiten. Durch den Anstellungsvertrag wird der Aufgabenbereich der Betreuer nach § 1 wie folgt konkretisiert:
„Der Arbeitnehmer wird als Erzieher im Kinderheim X eingestellt und mit einschlägigen Arbeiten nach näherer Weisung des Arbeitgebers beschäftigt. Die Tätigkeit beinhaltet insbesondere die Versorgung der Kinder und Jugendlichen in allen Bereichen, die Wahrnehmung von Elternabenden, Teilnahme an den Dienstbesprechungen, Arzt- und ähnliche Besuche mit den Kindern, Teilnahme an Ferienfreizeiten, Versorgung von Haushalt und Wäsche und anderen Arbeiten, die in einem Kinderheim täglich anfallen bzw. regelmäßig wiederkehren. Der Arbeitnehmer hat Anweisungen und Richtlinien des Arbeitgebers zu befolgen. Er ist insbesondere verpflichtet, im Bedarfsfall auch andere Arbeiten zu verrichten. Die Parteien sind sich darüber einig, dass Aufgabenbereich und Tätigkeitsort durch den Arbeitgeber geändert werden können…“
Im Rahmen der Betreuung der Kinder nehmen die Betreuer des Kinderheims auch an den täglichen Mahlzeiten teil. Diese Mahlzeiten werden den Betreuern unentgeltlich gewährt. Das Frühstück wird dabei in der Regel zwischen 6:30 Uhr und 8:00 Uhr eingenommen. An dem Frühstück nimmt immer derjenige Betreuer teil, der über Nacht zur Überwachung der Kinder im Haus verblieben ist. Die übrigen Betreuer - zumeist vier für die in den Streitjahren betreuten durchschnittlich ca. 17 Kinder - nehmen sodann am Mittagessen, das etwa gegen 13:00 Uhr stattfindet, sowie am Abendessen, das für jüngere Kinder um 18:00 Uhr und für ältere Kinder um 19:00 Uhr stattfindet, teil. Im Rahmen der Teilnahme an den Mahlzeiten wird von den Betreuern auch die Einhaltung bestimmter den Kindern übertragener Aufgaben (so genannte „Ämter“ wie bspw. Auf- und Abdecken des Tischs) überwacht.
Die derzeit bei dem Kläger angestellten Betreuer bestätigten eine bereits in den Streitjahren erteilte mündliche Weisung des Klägers zur verpflichtenden Teilnahme an den Mahlzeiten. Sie erklärten dazu Folgendes:
„Zu unseren Tätigkeiten gehört gemäß § 1 unserer Arbeitsverträge die Versorgung der Kinder und Jugendlichen in allen Bereichen. Hierzu zählt ausdrücklich die Teilnahme an den gemeinsamen Mahlzeiten in der Einrichtung während unserer Arbeitszeiten. Bei der dem Kinderheim X handelt es sich um ein familienorientiertes Kleinheim. Durch die Teilnahme an den Mahlzeiten wird sichergestellt, dass die angestrebten pädagogischen Ziele der Einrichtung, d. h. die Entwicklung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit unter Beachtung der individuellen Bedürfnisse und Lebensgeschichten der anvertrauten jungen Menschen, konsequent verfolgt werden.“
Vom 16. September bis 25. Oktober 2010 fand bei dem Kläger betreffend den Prüfungszeitraum 1. Dezember 2005 bis 30. Juni 2010 eine Lohnsteueraußenprüfung statt. Im Rahmen dieser Prüfung gelangte der Lohnsteueraußenprüfer zu der Auffassung, dass die seitens des Klägers den angestellten Betreuern gewährten unentgeltlichen Mahlzeiten einen geldwerten Vorteil darstellten und daher als Arbeitslohn der Lohnsteuer zu unterwerfen seien.
Nachdem der Kläger einen Antrag auf Pauschalierung gestellt hatte, ermittelte der Lohnsteueraußenprüfer für den in Rede stehenden Zeitraum einen zusätzlich der Lohnsteuer zu unterwerfenden Betrag für 2006 von 5.187,00 €, für 2007 von 5.250,00 €, für 2008 von 5.250,00 €, für 2009 von 5.376,00 € sowie für den Zeitraum bis 30. Juni 2010 von 3.840,00 €.
Dabei ging er für das Frühstück von folgenden Wertansätzen aus:
2006: 44...