Revision eingelegt (BFH I R 3/14)
Entscheidungsstichwort (Thema)
Anspruch auf Änderung des Feststellungsbescheides über das steuerliche Einlagekonto - Haftungsanspruch wegen nicht abgeführter Kapitalertragsteuer
Leitsatz (redaktionell)
§ 27 Abs. 5 Satz 2 KStG enthält eine gesetzliche Fiktion, die Verzögerungen durch verspätete Bescheinigungen einer Einlagenrückgewähr vermeiden soll. Ist eine Bescheinigung mit dem nach § 27 Abs. 3 KStG erforderlichen Inhalt nicht bis zum Tage der erstmaligen Feststellung des steuerlichen Einlagekontos erfolgt, gilt eine Einlagenrückgewähr von 0 Euro bescheinigt. Ein Anspruch auf nachträgliche Änderung des Feststellungsbescheides besteht auch dann nicht, wenn dieser unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangen ist. Das Gesetz stellt in diesem Punkt ausdrücklich nicht auf den Gesichtspunkt der Bestandskraft ab. Hierbei handelt es sich um eine zielgerichtete Änderung der bis 2005 geltenden Rechtslage, welche nicht im Wege der Auslegung und/oder teleologischen Reduktion rückgängig gemacht oder durch sachliche Billigkeitsmaßnahmen korrigiert werden kann. Der Gesetzgeber hat nämlich durch die Festschreibung einer Verwendung von 0 Euro eine klare und eindeutige Regelung getroffen und dabei Härten absichtlich in Kauf genommen. Die Ausschlussregelung ist auch mit übergeordnetem Recht vereinbar. Der Gesetzgeber überschreitet hierdurch nicht die Grenzen seines Gestaltungsspielraumes.
Normenkette
KStG § 27; EStG § 44 Abs. 5; AO §§ 164, 129; GG Art. 14, 19 Abs. 2
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über einen Anspruch der Klägerin auf Änderung des Feststellungsbescheides über das steuerliche Einlagekonto sowie einen Haftungsanspruch des Beklagten (Finanzamt – FA) wegen nicht abgeführter Kapitalertragsteuer. Die Klägerin wendet eine steuerfreie Kapitalrückzahlung ein und begehrt eine entsprechende Änderung des Feststellungsbescheides sowie die Aufhebung des Haftungsbescheides.
Die Klägerin verfügte zum 31. Dezember 2008 über eine freie Kapitalrücklage in Höhe von 25.565 Euro. Am 27. November 2009 beschloss die Gesellschafterversammlung der Klägerin: "Die Kapitalrücklage in Höhe von Euro 25.564,59 wird aufgelöst und sodann an den alleinigen Gesellschafter zurückgezahlt". In der beim FA am 29. Juli 2010 eingegangenen Erklärung zur gesonderten Feststellung des steuerlichen Einlagenkontos ist der Kontensaldo unverändert mit 25.565 Euro angegeben. Am 9. September 2010 erging ein Bescheid über die gesonderte Feststellung des steuerlichen Einlagekontos der Klägerin zum 31. Dezember 2009 mit einem festgestellten Betrag von 25.565 Euro. Der Bescheid steht unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Am 2. Dezember 2010 beantragte die Klägerin die Änderung des Feststellungsbescheids: Das Einlagekonto sei unter Berücksichtigung der 2009 beschlossenen und durchgeführten Kapitalrückzahlung mit 0 Euro festzustellen. Dem Antrag ist eine entsprechende Steuerbescheinigung der Klägerin beigefügt. Das FA lehnte die Änderung des Feststellungsbescheides mit Verfügung vom 27. Dezember 2010 ab: Nach § 27 Abs. 1 Satz 3 KStG werde ein unmittelbarer Abzug einer Leistung vom Einlagekonto (Direktzugriff) mit Ausnahme der Rückzahlung von Nennkapital bei einer Kapitalherabsetzung nicht mehr zugelassen. Aufgrund der in § 27 Abs. 5 Satz 3 KStG geregelten Verwendungsfortschreibung trete eine Verringerung aufgrund einer nachträglichen Steuerbescheinigung nicht mehr ein. Da die Klägerin der Aufforderung zur Abgabe der Kapitalertragsteueranmeldung nicht nachgekommen sei, werde ein Haftungsbescheid gemäß § 44 Abs. 5 EStG erlassen. Dieser erging am 13. Januar 2011 über einen Betrag in Höhe von 6.742,50 Euro. Gegen beide Bescheide erhob die Klägerin am 25. Januar 2011 Einspruch. Den parallel dazu gestellten Aussetzungsantrag gegen den Haftungsbescheid lehnte das FA mit Verfügung vom 9. Februar 2011 ab. Der bei dem erkennenden Gericht gestellte Aussetzungsantrag wurde in dem Verfahren 1 V 49/11 durch Senatsbeschluss vom 26. September 2011 abgelehnt.
Mit Einspruchsentscheidung vom 15. Februar 2012 wies das FA die Einsprüche der Klägerin gegen die Ablehnung ihres Änderungsantrages und gegen den Haftungsbescheid über 6.742,50 Euro zurück.
Hiergegen hat die Klägerin am 16. März 2012 Klage erhoben. Sie macht im Wesentlichen geltend:
Die seitens des Fiskus als Ausschlussfrist verstandene Vorschrift des § 27 Abs. 5 Satz 2 KStG könne jedenfalls unter den vorliegenden Bedingungen nicht zum Tragen kommen. Nach dem Gesetzeswortlaut trete die Ausschlussfrist zu einem für den Steuerpflichtigen nicht vorhersehbaren Zeitpunkt, nämlich dem Tag der Bekanntgabe des Feststellungsbescheides über das steuerliche Einlagekonto ein. Hierdurch würden dem Zufall Tür und Tor geöffnet. Es sei deshalb aus übergeordneten rechtsstaatlichen Grundsätzen heraus erforderlich, dass das FA dem Steuerpflichtigen mitteile, wann es den Steuerbescheid versenden werde und darauf hinweise, dass am Tage der Bekanntgabe die Au...