rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Förderung der bildenden Kunst. keine Gemeinnützigkeit einer Stifung, die Kunstwerke der Öffentlichkeit kaum zugänglich macht. Förderung bestimmter Künstler. Ermittlungspflichtverletzungen des FA
Leitsatz (redaktionell)
1. Eine Stiftung, deren Zweck die Förderung der bildenden Kunst ist, ist nicht selbstlos tätig, wenn sowohl die von dem Stifter auf die Stiftung übertragenen als auch die von der Stiftung selbst angeschafften Kunstwerke in einer Wohnung des Stifters aufbewahrt werden und nur ein sehr geringer Anteil der Kunstwerke der Öffentlichkeit über Leihgaben an Kunstausstellungen zugänglich gemacht wird.
2. Zur steuerbegünstigten Förderung von Kunst und Kultur kann auch die Förderung bestimmter Arbeiten oder Projekte eines Künstlers gehören. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass die Mittel nicht nach dem Gutdünken des Stifters vergeben werden, sondern grundsätzlich alle in Betracht kommenden Künstler Zugang zu diesen Mitteln haben.
3. Das FA verletzt seine Ermittlungspflicht, wenn es nach Bestandskraft des Freistellungsbescheides erstmals um Erläuterung der tatsächlichen Tätigkeiten der Stiftung seit deren Gründung bittet und nach dem Lagerort der Kunstwerke fragt. Eine auf die so nachträglich in Erfahrung gebrachten Tatsachen gestützte Aufhebung des Freitstellungsbescheides verstößt gegen die Grundsätze von Treu und Glauben.
Normenkette
AO § 55 Abs. 1 Nr. 4, § 52 Abs. 2 Nr. 5, § 173 Abs. 1 Nr. 1; KStG § 5 Abs. 1 Nr. 9
Nachgehend
Tenor
1. Der Änderungsbescheid vom 2. Juli 2014 über Körperschaftsteuer und Solidaritätszuschlag für 2011 wird aufgehoben. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens tragen die Klägerin und der Beklagte je zur Hälfte.
3. Die Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren wird abgelehnt.
4. Das Urteil ist hinsichtlich der erstattungsfähigen Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
5. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Umstritten ist, ob bei der Klägerin die Voraussetzungen für die Anerkennung der Gemeinnützigkeit vorliegen, insbesondere ob die Klägerin selbstlos tätig ist.
Die Klägerin ist eine von den Eheleuten A und B in … mit Stiftungsgeschäft vom …2011 errichtete Stiftung des bürgerlichen Rechts. Dabei wurde die Stiftung mit 5.000 EUR und mit in einer Anlage aufgeführten Werken der Bildenden Kunst aus dem Eigentum der Stifter ausgestattet (Anschaffungskosten ca. 121.000 EUR). Die Anerkennung der Stiftung durch das … Innenministerium erfolgte mit Urkunde vom … 2011 (Aktenzeichen …). Mit Schreiben vom 15. Juli 2011 erteilte der Beklagte eine vorläufige Bescheinigung über die Anerkennung der Gemeinnützigkeit der Klägerin.
In der Stiftungssatzung vom … 2011 heißt es unter anderem:
(1) |
Die Stiftung verfolgt ausschließlich gemeinnützige Zwecke i.S.d. Abschnitts steuerbegünstigte Zwecke der AO. |
(2) |
Zweck der Stiftung ist die Bewahrung und Förderung von bildender Kunst schwerpunktmäßig aus der geographischen Mitte Deutschlands. |
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Der Stiftungszweck wird insbesondere verwirklicht durch: |
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- Förderung von Vorhaben der bildenden Kunst in der geografischen Mitte Deutschlands
- Unterstützung und Durchführung von künstlerischen Veranstaltungen und Förderprojekten
- Vergabe von künstlerischen Förderprojekten
- Gewährung von Stipendien
- Zurverfügungstellung von Werken der Stiftung im Rahmen von öffentlichen Ausstellungen und Leihgaben.
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(1) |
Die Stiftung verfolgt ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke im Sinne des Abschnitts „Steuerbegünstigte Zwecke” der Abgabenordnung. |
(2) |
Die Stiftung ist selbstlos tätig. Sie verfolgt nicht in erster Linie eigenwirtschaftliche Zwecke. Die Mittel der Stiftung dürfen nur für die satzungsgemäßen Zwecke verwendet werden. |
(3) |
Keine Person darf durch Aufgaben, die dem Zweck der Stiftung fremd sind oder durch unverhältnismäßig hohe Vergütungen begünstigt werden. Die Stifter und ihre Rechtsnachfolger erhalten keine Zuwendungen aus Mitteln der Stiftung. |
(1) |
Das Stiftungsvermögen ergibt sich aus dem Stiftungsgeschäft. |
(2) |
Das Stiftungsvermögen ist in seinem Bestand dauernd und ungeschmälert zu erhalten und möglichst sicher und ertragreich anzulegen. Es kann zur Werterhaltung bzw. zur Stärkung seiner Ertragskraft umgeschichtet werden, eine Veräußerung der Kunstwerke der bildenden Kunst ist ausgeschlossen. |
…. |
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(1) |
Der Vorstand besteht aus mindestens einem Mitglied und höchstens zwei Mitgliedern. |
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Mitglieder des ersten Vorstands sind: |
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a. |
A als Vorsitzender |
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b. |
B |
(2) |
Die Stifter gehören dem Vorstand auf Lebenszeit an. Die Stifter sind berechtigt das Amt jederzeit niederzulegen. |
(3) |
Scheidet einer der Stifter oder beide ... |