Entscheidungsstichwort (Thema)
Investitionszulage. Anbau an eine Halle als selbstständiges Wirtschaftsgut
Leitsatz (redaktionell)
1. Ein Hallenanbau, der nach dem äußeren Erscheinungsbild eine Einheit mit der bisherigen Bausubstanz bildet, kann dennoch als ein gegenüber der Altsubstanz selbstständiges und damit nach dem Investitionszulagengesetz förderfähiges Wirtschaftsgut anzusehen sein, wenn Altbau und Anbau durch nicht erheblichen Bauaufwand voneinander getrennt werden können.
2. Im Hinblick auf die Frage, ob der zur Trennung der Gebäudeteile erforderliche Bauaufwand im Sinne von Leitsatz 1 „nicht erheblich” ist, stellt die im Steuerrecht allgemein angewendete (Un-) Wesentlichkeitsgrenze von 10 % zwar nicht das einzige, wohl aber ein besonders bedeutsames Abgrenzungskriterium dar. Maßgeblich ist insoweit das Verhältnis der Kosten der baulichen Trennung zu den Herstellungskosten des Anbaus. Auf die absolute Höhe der Kosten einer baulichen Trennung kommt es hingegen nicht an.
Normenkette
InvZulG 1999 § 2 Abs. 3
Nachgehend
Tenor
1. Der Investitionszulagebescheid vom 1. August 2000 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 10. Januar 2002 wird geändert und die Investitionszulage auf 96.129 EUR (= 188.012 DM), entsprechend einer Erhöhung um 51.183,90 EUR (= 100.107 DM) festgesetzt.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.
3. Das Urteil ist wegen der vom Beklagten zu tragenden Kosten vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Hinterlegung oder Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruches der Klägerin abwenden, wenn nicht die Klägerin vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
4. Die Revision wird zugelassen.
Beschluss
Der Streitwert beträgt 51.183,90 EUR (= 100.107 DM).
Tatbestand
Streitig ist, ob ein Hallenanbau an eine bereits vorhandene Halle ein selbstständiges und damit investitionszulagebegünstigtes Wirtschaftsgut darstellt, insbesondere ob der Anbau ohne erheblichen baulichen Aufwand von der alten Halle getrennt werden könnte.
Die Klägerin ist eine GmbH, die sich mit Entwicklung, Bau, Vertrieb und Wartung von Laseranlagen und Sondermaschinen beschäftigt. Sie begehrt eine Investitionszulage für die Herstellungskosten einer neuen Halle in Höhe von 10 % von 1.001.064,17 DM (= 100.107 DM). Laut Baugenehmigung des Landratsamts A vom 28.01.1999 (Bl. 13 Investitionszulageakte – IZ-Akte) handelt es sich bei dem Vorhaben um einen „Anbau” an eine Produktionshalle. Die auf dem Grundstück stehenden Gebäude gliedern sich wie folgt (vgl. Feststellungen des Bausachverständigen – BSV –, Bl. 120 IZ-Akte, sowie Skizze Blatt 17 IZ-Akte):
Büro- und Sozialgebäude zweigeschossig mit einer Grundfläche von 20 × 25 m (Baujahr 1995), daran anschließend eine eingeschossige Produktionshalle mit einer Grundfläche von 60 × 30 m (Baujahr 1995). Beides steht im Eigentum der „X GmbH”. Im Jahr 1998 wurde von der Klägerin (X Laseranlagen und Sondermaschinen GmbH) an die bestehende Produktionshalle ein Anbau mit einer Grundfläche von 21,1 m × 40 m errichtet (I. Bauabschnitt). An diesen grenzt der im Jahre 1999 errichtete, hier strittige Anbau (II. Bauabschnitt) mit einer Grundfläche von 32,1 m × 40 m. Eigentümerin beider Hallenteile (I. und II. Bauabschnitt) ist die Klägerin. Der BSV hat im Einzelnen Folgendes festgestellt: Die vorhandene Produktionshalle (Baujahr 1995, Grundfläche 1800 qm) sowie der Hallenanbau aus 1998 (Grundfläche 844 qm) sind als Stahlrahmenhalle mit Wandelementen aus Gasbetonplatten hergestellt. Diese beiden Hallenkörper sind nicht getrennt. Das stirnseitig stehende Bürogebäude besteht aus Erd- und Obergeschoss und ist durch eine Brandwand von der Produktionshalle getrennt. Der Dachaufbau der bestehenden Produktionshalle mit dem ersten Anbau besteht aus Stahlträgern und Trapezblech-Mineralsteinwolle-Stahltrapezblech (Mehrschichtendach aus Trapezblech). Die abschließende Giebelwand des ersten Hallenanbaus bestand aus Fertigteilsockelplatten und Gasbetonplatten. Im Jahr 1999 wurde an die bestehende Produktionshalle ein Anbau mit 32,1 m Länge über die gesamte Gebäudebreite von 40 m errichtet. Dabei wurde an 3 der vorhandenen Halle die Giebelwand abgerissen. Die Konstruktion des neuen Anbaus wurde ebenfalls als Stahlrahmenhalle mit Wandelementen aus Gasbeton an den Längsseiten und einer Isopaneelwand als Gebäudeabschluss an der Giebelwand ausgeführt. Die Dachkonstruktion ist wie bei der vorhandenen Halle aus Stahltragwerk mit Mehrschichtendach aus Trapezblech ausgeführt. Der Anschluss der Längswände aus Gasbetonplatten wurde an die vorhandenen Stützen der alten Halle montiert. Zusätzliche Stützen wurden nicht errichtet, obwohl lt. Fundamentplan Hülsenfundamente aus Ortbeton errichtet wurden. Die Dachkonstruktion wurde im Verbindungsbereich ebenfalls auf die vorhandenen Stahlträger des Altbaus aufgelegt. Eine Trennung der beiden Bauteile Alt-Neu besteht nicht, so dass eine durchgängige Halle mit einer Gesamtlänge von 113,4 m entstan...