Bereits lange vor der Corona-Pandemie hat der Gesetzgeber unterdessen einen neuen Anlauf genommen, diesen Tendenzen entgegenzuwirken. Offensichtlich wirkte die – bislang noch erstaunlich unbegründete – Angst vor der Krisen-Welle durch die Pandemiefolgen letztlich noch als Katalysator für eine zügige Umsetzung der Vorgaben einer europäischen Richtlinie aus den Jahren 2018 und 2019 für die Einführung eines vorinsolvenzlichen Sanierungssystems.
Seit Beginn des Jahres 2021 eröffnet der vorinsolvenzliche Restrukturierungsrahmen nach dem StaRUG den Unternehmen auch nach deutschem Recht die Möglichkeit, ihre (Finanz-)verbindlichkeiten außerhalb eines Insolvenzverfahrens durch einen mit qualifizierter Mehrheit der betroffenen Gläubiger umsetzbaren Restrukturierungsplan neu aufzustellen.
Ziel des Gesetzgebers: Der Gesetzgeber wollte mit dem StaRUG eine zusätzliche Handlungsoption zur Vermeidung einer Insolvenz schaffen und das deutsche Sanierungsrecht damit im Wettbewerb der europäischen Rechtsordnungen besser aufstellen. Das StaRUG bietet somit einen Regelungsrahmen zwischen
- einer freien außergerichtlichen Sanierung und
- einem Insolvenzverfahren.
Dabei besteht die Möglichkeit zu einem vollständig privatautonomen Verfahren ohne gerichtliche Beteiligung und ohne Publizität.
Beraterhinweis Im Interesse der Vermeidung von Anfechtungsrisiken jedweder Art kann der Schuldner sich den Restrukturierungsplan aber auch gerichtlich bestätigen lassen.
Auf diese Weise kann
- eine drohende Zahlungsunfähigkeit nachhaltig abgewendet und
- eine Fortführung des Unternehmens damit ermöglicht werden.
Pflicht zur laufenden Überwachung der Gesellschaft: Dieses Gesetz statuiert nun u.a. für die GmbH erstmals, für die Aktiengesellschaft lediglich ergänzend zur Vorschrift des § 91 Abs. 2 AktG, die Pflicht zur laufenden Überwachung der Gesellschaft durch ihre Organe sowie deren Berater. Nach § 1 Abs. 1 S. 1 und Abs. 2 StaRUG trifft
- die Mitglieder der Geschäftsleitung einer juristischen Person (rechtsformübergreifend) bzw.
- die zur Geschäftsführung berufenen Gesellschafter bei einer Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit
die fortlaufende Verpflichtung, über bestandsgefährdende Entwicklungen zu wachen.
Pflicht zu Gegenmaßnahmen und zur Berichterstattung: Zudem trifft die organschaftlichen Vertreter der krisenbefangenen Gesellschaft gem. § 1 Abs. 1 S. 2 StaRUG über die reine Überwachung von potentiell bestandsgefährdenden Entwicklungen hinaus die Verpflichtung,
- geeignete Gegenmaßnahmen zu ergreifen und
- den zur Überwachung der Geschäftsleitung berufenen Organen unverzüglich Bericht zu erstatten.
Hinweispflicht für die mit der Jahresabschlusserstellung Beauftragten: Flankierend dazu verpflichtet die Regelung des § 102 StaRUG die mit der Erstellung des Jahresabschlusses für das Unternehmen befassten Steuerberater, Steuerbevollmächtigten, Wirtschaftsprüfer bzw. vereidigten Buchprüfer und Rechtsanwälte, die Geschäftsleiter des Unternehmens auf das Vorliegen eines möglichen Insolvenzgrundes und die daran anknüpfenden Organpflichten hinzuweisen.
Beraterhinweis Die Hinweis- und Warnpflichten ersetzen dabei nicht die vorgenannten eigenen Pflichten der Geschäftsleiter und Mitglieder von Überwachungsorganen zur Krisenfrüherkennung und zum Krisenmanagement nach § 1 StaRUG sowie die bereits zuvor bestehenden Vorschriften nach dem AktG und dem GmbHG, sondern bestehen vielmehr ergänzend.