Literatur: Günther, DStZ 1990, 460; Thomas, DB 1990, 2089; Große, DStR 2002, 577; Strohner/Weber, BB 2005, 2267; Stahlschmidt, FR 2005, 1183; BMF v. 26.10.2005, IV C 5 – S 2353 – 211/05, BStBl I 2005, 960; Thomas, DStR 2014, 497; Grasmück, SteuK 2013, 155
Begriff
Werden Arbeitnehmer an ständig wechselnden Einsatzstellen (Einsatzwechseltätigkeit als Auswärtstätigkeit) eingesetzt, können typischerweise Mehraufwendungen entstehen, die durch das Arbeitsverhältnis veranlasst und daher als Werbungskosten einzuordnen sind und andererseits so typisch durch die ständig wechselnde Einsatzstelle bestimmt sind, dass sich eine Sonderregelung rechtfertigt.
Die Frage, welche Tätigkeit an den ständig wechselnden Einsatzstellen eine berufliche Auswärtstätigkeit begründet, wird ab Vz 2014 durch den Arbeitsortsbegriff "erste Tätigkeitsstätte" bestimmt, der die bisherige regelmäßige Arbeitsstätte ablöst. Wie zuvor kann eine berufliche Auswärtstätigkeit auch bei Arbeitnehmern vorliegen, die keine erste Tätigkeitsstätte haben. Dies sind Arbeitnehmer, die wie Bau- und Montagearbeiter ausschließlich an wechselnden betrieblichen Einrichtungen eingesetzt werden und weder durch arbeitsrechtliche Festlegung noch durch den Umfang der verrichteten Arbeiten einer betrieblichen Einrichtung dauerhaft zugeordnet sind.
Diese Sonderregelung der Einsatzwechseltätigkeit ist gerechtfertigt, da gegenüber der "Normaltätigkeit", in der sich der Arbeitnehmer von der Wohnung zu seiner ersten Tätigkeitsstätte begibt, und daher arbeitstäglich die gleiche Strecke zu dem gleichen Arbeitsort zurücklegt, unterscheidet. In diesem Fall kann der Arbeitnehmer die Wegekosten dadurch reduzieren, dass er sich auf die arbeitstägliche Fahrt einstellt und etwa Fahrgemeinschaften bildet oder seinen Wohnsitz näher an den Arbeitsort verlegt. Hinsichtlich der Verpflegungskosten kann der Arbeitnehmer, wenn keine Kantine vorhanden ist, eine billige Versorgungsmöglichkeit in der Nähe seiner ersten Tätigkeitsstätte suchen. Bei der Einsatzwechseltätigkeit besteht diese Möglichkeit des Arbeitnehmers, sich auf die Gegebenheiten einzustellen, wegen des ständig wechselnden Einsatzorts nicht. Er kann typischerweise wegen der ständig neuen Gegebenheiten weder seine Fahrtkosten verringern noch an jedem Einsatzort eine günstige Verpflegungsmöglichkeit ermitteln. Diese Situation gleicht mehr der einer Dienstreise als der Tätigkeit an einem ständig gleich bleibenden Arbeitsort. Es sind daher ähnliche steuerrechtliche Regelungen anzuwenden wie bei einer Dienstreise. Die Einsatzwechseltätigkeit ist beruflich veranlasste Auswärtstätigkeit.
Der Begriff der ständig wechselnden Einsatzstelle ergibt sich aus der Abgrenzung zwischen Dienstreise einerseits und Wegen zwischen Wohnung erster Tätigkeitsstätte andererseits:
- Eine Dienstreise setzt voraus, dass der Stpfl. außerhalb seiner ersten Tätigkeitsstätte tätig wird (vgl. "Dienstreise"). Wesen der Tätigkeit an einer ständig wechselnden Einsatzstelle ist demgegenüber, dass keine erste Tätigkeitsstätte besteht, von der aus die Dienstreise angetreten werden könnte. Die Regeln über Dienstreisen sind also nicht anwendbar. Hier ist zu beachten, dass ab Vz 2014 nach § 9 Abs. 4 S. 3 EStG auch von einer ersten Tätigkeitsstätte des Stpfl. ausgegangen wird, wenn er über einen Zeitraum von 48 Monate hinaus dort tätig sein soll.
- Die Regeln über Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte sind nicht direkt anwendbar, weil durch den Einsatz an ständig wechselnden Einsatzstellen Mehraufwendungen entstehen, die durch die typisierende Regelung des § 9 Abs. 1 Nr. 4 bzw. Abs. 2 EStG nicht abgegolten sind, weil der Stpfl. wegen des ständigen Wechsels der Tätigkeitsstätte nicht in der Lage ist, eine günstig gelegene Wohnung oder günstige Verkehrsverbindung zu suchen. Nach der Rspr. ist § 9 Abs. 1 Nr. 4 bzw. Abs. 2 EStG nur anwendbar bei Wegen zur ersten Tätigkeitsstätte (Rz. 123); danach sind die Regeln über die ständig wechselnde Einsatzstelle nicht anwendbar, wenn der Arbeitnehmer eine erste Tätigkeitsstätte hat.
- Hat der Stpfl. am Ort der Einsatzwechseltätigkeit eine Unterkunft (etwa weil die Tätigkeit mehrere Wochen am selben Ort dauert), so hat eine Abgrenzung von der doppelten Haushaltsführung zu erfolgen. Auch wenn die Unterkunft als "Wohnung" anzusehen sein sollte (was bei einer nur kurzfristigen Unterkunft zu bezweifeln ist), liegt keine doppelte Haushaltsführung vor. Voraussetzung hierfür wäre, dass der Stpfl. am Ort seiner ersten Tätigkeitsstätte eine (zweite) Wohnung unterhält. Im Fall einer Einsatzwechseltätigkeit hat der Stpfl. am Einsatzort aber gerade keine erste Tätigkeitsstätte. Die Voraussetzungen der doppelten Haushaltsführung liegen also bei Einsatzwechseltätigkeit typischerweise nicht vor.
Voraussetzung für die Anerkennung von Mehraufwendungen bei ständig wechselnden Einsatzstellen ist daher, dass der Tätigkeitsort des Stpfl. keine erste Tätigkeitsstätte und auch kein weiträumiges Tätigkeitsgebiet ist.
Voraussetzung der ständig wechseln...