Kosten der Ausbildung (einschl. Kosten der Fortbildung in einem nicht ausgeübten Beruf) hängen nicht mit einer existierenden Einnahmequelle zusammen und sind daher keine Werbungskosten (im Gegensatz zu "Fortbildungskosten"). Das gilt auch für Kosten der Vorbereitung auf einen nicht ausgeübten Beruf, dessen Ausübung ohne Vorbildung zulässig ist.
Die Abgrenzung zwischen Ausbildung und Fortbildung führt zu einer kaum übersehbaren Kasuistik und ist auch nicht immer nachvollziehbar (vgl. z. B. "Fortbildung", "Studium" und "Zweitstudium"). § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG sowie § 9 Abs. 6 EStG machen aber diese Abgrenzung erforderlich. Es wäre sicherlich sinnvoll, die beschränkt abzugsfähigen Ausbildungskosten auf die Kosten der allgemeinbildenden Schulen zu beschränken (was die Kasuistik vermindern, aber keinesfalls überflüssig machen würde). Dies müsste allerdings durch eine gesetzliche Regelung geschehen. Entsprechend hatte der BFH die bisherige Rspr. aufgegeben und grundsätzlich auch Kosten der Berufsausbildung als vorab entstandene Werbungskosten zugelassen.
Kosten der Aus- und Fortbildung in einem zweiten, nicht ausgeübten Beruf sind hingegen vorab entstandene Werbungskosten, wenn die Absicht besteht, diesen Beruf später auszuüben. Diese Kosten werden hier zusammenfassend unter "Ausbildungskosten" behandelt, auch wenn es sich um Fortbildungskosten handelt. Eine darüber hinausgehende Bedeutung könnte § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG nur in den Fällen haben, in denen schon begrifflich keine Werbungskosten vorliegen, also etwa bei Kursen und Ausbildungsmaßnahmen, wenn keine Absicht besteht, den entsprechenden Beruf auch auszuüben (z. B. Studium eines Pensionärs aus persönlichem Interesse). Dann handelt es sich aber nicht mehr um eine "eigene Berufsausbildung", d. h. der Abzugsbetrag nach § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG kann nicht geltend gemacht werden. Das ist sachlich auch richtig, da kein vertretbarer Grund besteht, eine solche Tätigkeit, die reine Lebensführung ist, zu fördern.
Alle Qualifizierungsmaßnahmen, die nach der erstmaligen Berufsausbildung erfolgen, sind als Werbungskosten abziehbar. Dies berücksichtigt die Notwendigkeit des "lebenslangen Lernens" und trägt der geänderten Lebenswirklichkeit in der Berufs- und Arbeitswelt Rechnung. Als Werbungskosten erfasst werden damit auch Ausbildungskosten für einen weiteren Beruf. Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass viele Stpfl. den einmal erlernten Beruf wegen der sich ändernden wirtschaftlichen Verhältnisse nicht lebenslang ausüben können, sondern sich diesen Veränderungen durch einen Berufswechsel anpassen müssen.
§ 9 Abs. 6 EStG stellt klar, dass Aufwendungen für eine erstmalige Berufsausbildung keine Werbungskosten sind. Die erstmalige Berufsausbildung ist eine der Grundvoraussetzungen einer Lebensführung. Eine erste Berufsausbildung gehört, ebenso wie eine Schulbildung, zu den in unserem Kulturkreis grundsätzlich erwarteten Fähigkeiten und zu den Voraussetzungen einer als "normal" vorausgesetzten Lebensführung und weist damit zumindest Verbindungen zu diesem Bereich auf. Die unterschiedliche steuerliche Behandlung von Berufsausbildungs- und Fortbildungskosten ist mit Art. 3 GG vereinbar. Es handelt sich daher um eine Differenzierung, die noch im Rahmen des gesetzgeberischen Ermessens liegt.
Mit G. v. 22.12.2014 wurde § 9 Abs. 6 EStG vom Gesetzgeber überarbeitet. Während dieser zuvor feststellte, dass Aufwendungen des Stpfl. für seine erstmalige Berufsausbildung oder für ein Erststudium, das zugleich eine Erstausbildung vermittelt, keine Werbungskosten sind, wenn diese nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfinden, formuliert er nunmehr positiv, in welchen Fällen von Werbungskosten für eine Berufsausbildung oder für ein Studium ausgegangen werden kann und definiert als Abgrenzungskriterien die Begriffe Erstausbildung und geordnete Ausbildung und stellt fest, wann eine Berufsausbildung als abgeschlossen anzusehen ist. Es reicht z. B. nicht aus, dass der Stpfl. zuvor langjährig Einkünfte aus einer gewerblichen Tätigkeit erzielt hat.
Im Gegenzug wurde § 12 Nr. 5 EStG aufgehoben. Diese Änderungen gelten ab Vz 2015 (Rz. 259 ff.). Eine Berufsausbildung endet nicht bereits mit der Bekanntgabe des Ergebnisses der Abschlussprüfung, sondern erst mit Ablauf der Ausbildungszeit, wenn diese durch Rechtsvorschrift festgelegt ist.
Die Regelung des § 9 Abs. 6 EStG ist verfassungsgemäß.
Die Finanzverwaltung hat hierzu ein Anwendungsschreiben erlassen.