Leitsatz

Scheidet ein Gesellschafter-Geschäftsführer aus einer GmbH aus, überträgt seine Anteile zum Nennwert auf den Mitgesellschafter und erhält für die Aufgabe der Geschäftsführertätigkeit eine Abfindung, so führt der überhöhte Teil der Abfindung zu einer verdeckten Gewinnausschüttung. Ein Gestaltungsmissbrauch liegt vor, wenn einerseits die Anteile trotz eines damit verbundenen Gewinnbezugsrechts von über 100.000 DM nur mit 25.000 DM veräußert, andererseits die Geschäftsführerverträge in zeitlichem Zusammenhang mit dem Ausscheiden dahingehend geändert werden, dass die Kündigungsfristen für die Geschäftsführer verlängert und Abfindungen im Kündigungsfall vereinbart werden.

 

Sachverhalt

An der GmbH mit einem Stammkapital von 50.000 DM waren zwei Gesellschafter-Geschäftsführer zu je 50 % beteiligt. Am 15.12.1995 wurden die Geschäftsführeranstellungsverträge geändert: Die Kündigungsfristen wurden ab dem 1.1.1996 auf zwölf Monate zum Jahresende und für den Fall des fristlosen Ausscheidens wurden Abfindungsansprüche bis maximal zum 1,5-fachen des letzten Gehalts eingeräumt. Mit Vertrag vom 27.6.1996 verkaufte Gesellschafter J seinen GmbH-Anteil nebst Gewinnbezugsrecht über ca. 100.000 DM mit Wirkung zum 30.6.1996 zum Nominalwert von 25.000 DM an den Mitgesellschafter R. J schied ohne Rücksicht auf die Kündigungsfrist als Geschäftsführer aus und erhielt hierfür von der GmbH eine Abfindung von 265.000 DM.

Bei einer Betriebsprüfung wurde die Abfindung in Höhe von ca. 145.000 DM als verdeckte Gewinnausschüttung qualifiziert, da sie eine verdeckte Kaufpreiszahlung darstelle. Denn J hätte einen Anspruch auf den gemeinen Wert der Anteile statt auf den Nominalwert gehabt.

 

Entscheidung

Das FG folgt dem Finanzamt. Ausgehend von der Definition der verdeckten Gewinnausschüttung kommt es zu dem Ergebnis, dass die GmbH dem R einen Vermögensvorteil zugewendet hat, indem sie einen Teil des Kaufpreises, den R für den Erwerb der Anteile an J zu zahlen hatte, aus ihrem Vermögen beglichen hat. Die Übernahme der anteiligen Kaufpreiszahlung war durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst, da ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter einem fremden Dritten diesen Vermögensvorteil nicht zugewendet und als Betriebsausgabe abgesetzt, sondern den Kaufpreis aus seinem Privatvermögen gezahlt hätte.

Die Zahlung der Abfindung von 265.000 DM an J stellt einen Gestaltungsmissbrauch dar, weil diese Gestaltung zur Erreichung des angestrebten wirtschaftlichen Ziels unangemessen ist, der Steuerminderung dient und durch wirtschaftliche oder sonst beachtliche außersteuerliche Gründe nicht zu rechtfertigen ist. Ziel der Vereinbarung war die Übertragung der Anteile des J an R unter gleichzeitiger Aufgabe der Geschäftsführerposition durch J. Bei angemessener Gestaltung wären sowohl der Anteilserwerb als auch die Aufgabe der Geschäftsführerposition mit fremdüblichen Werten abgegolten worden. Dies war nicht der Fall, denn der Umstand, dass die Gesellschafter die Anteile des J trotz des damit verbundenen Gewinnbezugsrechts nur mit dem Nominalwert von 25.000 DM ansetzten, belegt, dass eine unangemessene Gestaltung gewählt wurde: Es gab keinen wirtschaftlich vernünftigen Grund für J, dem R etwas zu schenken.

Dass es für die Zahlung einer Abfindung von 265.000 DM keine Rechtfertigung gab, folgt aus der Zweifelhaftigkeit der entsprechenden Änderung der Anstellungsverträge. Dieser Beschluss sieht keine klare und im Vorhinein getroffene Regelung zur Ermittlung einer Abfindungszahlung vor, sondern begrenzt den Anspruch allein der Höhe nach. Nur wenn eine solche Regelung klar und eindeutig und im Vorhinein getroffenen worden wäre, wäre sie auch steuerlich anzuerkennen, da sie das Rechtsverhältnis der beiden - wegen ihrer gleichgerichteten Interessen - als beherrschend anzusehenden Gesellschafter betraf. Hinzu kommt, dass die Anstellungsverträge in zeitlicher Nähe zum Ausscheiden des J geändert wurden. Dies rechtfertigt die Vermutung, dass die Regelung im Hinblick auf eine steuergünstige Gestaltung der geplanten Anteilsübertragung gewählt wurde, der monatelange Diskussionen über die Bedingungen des Ausscheidens von J vorausgegangen waren. Daher erscheint es unvorstellbar, dass ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter bei der bevorstehenden Trennung von einem Gesellschafter-Geschäftsführer ohne Zwang derart großzügige und die GmbH belastende Kündigungsfristen und Abfindungsregeln vereinbart hätte. Eine Rechtfertigung der Gestaltung durch wirtschaftliche oder sonst beachtliche außersteuerliche Gründe ist nicht ersichtlich.

 

Hinweis

Angesichts der möglichen Steuervorteile ist die Versuchung groß, beim Ausscheiden eines Gesellschafter-Geschäftsführers einen Teil des Kaufpreises für die Anteile in eine Abfindung umzuwandeln. Der übernehmende Gesellschafter profitiert vom Betriebsausgabenabzug und der daraus resultierenden Ersparnis an Körperschaft- und Gewerbesteuer. Für den ausscheidenden Gesellschafter kann die begünstigte Besteuerung der Abfindung vort...

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