Leitsatz
1. Bei Zahlungen aus öffentlichen Kassen kann es an einem Leistungsaustausch fehlen, wenn die Zahlung lediglich der Förderung der Tätigkeit des Empfängers allgemein, aus strukturpolitischen, volkswirtschaftlichen oder allgemeinpolitischen Gründen dient und nicht der Gegenwert für eine Leistung des Zahlungsempfängers an den Geldgeber ist.
2. Bei Leistungen, zu denen sich die Vertragsparteien in einem gegenseitigen Vertrag verpflichtet haben, liegt grundsätzlich ein Leistungsaustausch vor.
3. Für die Steuerbarkeit einer Leistung ist nicht entscheidend, ob sie letztlich im öffentlichen Interesse liegt. Ein Interesse der Allgemeinheit, das dem Handeln jeder öffentlich-rechtlichen Körperschaft innewohnt, schließt die Identifizierbarkeit des Leistungsempfängers nicht aus. Entscheidend ist nur, ob ein individueller Leistungsempfänger vorhanden ist, der aus der Leistung einen konkreten Vorteil zieht.
Normenkette
§ 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG, Art. 2 Nr. 1 der 6. EG-RL
Sachverhalt
Die Stadt beabsichtigte ein Jubiläumsstadtfest und beauftragte den von ihr gegründeten e.V. (geborenes Vorstandsmitglied der Oberbürgermeister), bis zum Stadtjubiläum jährlich Stadtfeste ausrichten zu lassen. Hierzu erhielt der Verein als lokaler Veranstalter aufgrund von Antrag und Zuwendungsbescheiden einen jährlichen Zuschuss bis zu einer maximalen Höhe.
Das FA beurteilte die Zahlungen als Entgelt, das FG (Sächsisches FG, Urteil vom 08.06.2006, 3 K 2006/03, Haufe-Index 1553077, EFG 2006, 1862) als Zuschuss.
Entscheidung
Der BFH hob das Urteil auf und wies die Klage ab. Bei der Ausrichtung eines Stadtfests handelt es sich um eine konkrete Tätigkeit mit einer Vielzahl logistischer und organisatorischer Aufgabenstellungen. Hätte die Stadt die Zahlungen nicht an den Kläger geleistet, sondern die Durchführung von Stadtfesten bei einem anderen mit der Organisation von Großveranstaltungen befassten gewerblichen Unternehmer eingekauft, wäre hierin eine der Stadt als identifizierbarem Leistungsempfänger zurechenbare Organisationsleistung zu sehen.
Hinweis
Für die Abgrenzung Zuschuss oder Entgelt gilt:
1. Kein Zuschuss liegt vor, wenn im Rahmen eines Rechtsverhältnisses gegenseitige Leistungen ausgetauscht werden, wobei die Vergütung den Gegenwert für die Leistung bildet. Steuerbar sind danach z.B. auch Leistungen, die gegen Gewährung von Aufwendungsersatz erfolgen. Der Leistungsempfänger muss identifizierbar sein. Er muss einen Vorteil erhalten, der zu einem Verbrauch im Sinn des gemeinsamen Mehrwertsteuerrechts führt. Bei Leistungen, zu deren Ausführung sich die Vertragsparteien in einem gegenseitigen Vertrag verpflichtet haben, liegt grundsätzlich ein Leistungsaustausch vor.
2. Ein Zuschuss liegt vor, wenn die Zahlung aus öffentlichen Kassen (wie Bund, Ländern, Kommunen) lediglich der Förderung der Tätigkeit des Empfängers allgemein – aus strukturpolitischen, volkswirtschaftlichen oder allgemeinpolitischen Gründen – dient und nicht der Gegenwert für eine Leistung des Zahlungsempfängers an den Geldgeber ist. Der Steuerbarkeit steht aber nicht schon entgegen, dass eine Leistung im öffentlichen Interesse liegt. Allein der Umstand, dass die Zahlungen aus haushaltsrechtlichen Gründen zweckgebunden sind und die Verwendung kontrolliert wird, berechtigt nicht zur Annahme eines Leistungsaustauschs; anders jedoch, wenn die Zahlungen zur Ausführung bestimmter Umsätze geleistet werden.
3. Ob eine Zahlung auf einem Haushaltsbeschluss der betreffenden Körperschaft beruht (so Abschn. 150 Abs. 8) kann nicht entscheidend sein, denn eine öffentlich-rechtliche Körperschaft darf Mittel nur auf der Grundlage eines entsprechenden Haushaltsbeschlusses – der lediglich die interne Befugnis zur Mittelverwendung betrifft – vergeben. Ob die durch einen Haushaltsbeschluss gedeckte Ausgabe mit einer steuerbaren Gegenleistung zusammenhängt, ergibt sich nicht aus der haushaltsrechtlichen Erlaubnis zur Ausgabe, sondern aus dem Grund der Zahlung.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 18.12.2008 – V R 38/06