Leitsatz
Zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb gehört auch der Gewinn oder Verlust aus der Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, wenn der Veräußerer innerhalb der letzten 5 Jahre am Kapital der Gesellschaft wesentlich beteiligt war (§ 17 Abs. 1 Satz 1 EStG a.F.). Nach § 17 Abs. 1 Satz 4 EStG a.F. ist eine wesentliche Beteiligung dann gegeben, wenn der Veräußerer an der Gesellschaft zu mehr als einem Viertel unmittelbar oder mittelbar beteiligt ist.
Bei der Kapitalerhöhung einer GmbH handelt es sich um eine Änderung des Gesellschaftsvertrags (Satzungsänderung), die gem. § 54 Abs. 3 GmbHG keine rechtliche Wirkung hat, bevor sie in das Handelsregister des Sitzes der Gesellschaft eingetragen ist. Für die Frage, ob ein Gesellschafter zu einem bestimmten Zeitpunkt wesentlich i.S.d. § 17 EStG an der Gesellschaft beteiligt gewesen ist, ist allein die Eintragung im Handelsregister maßgeblich.
Sachverhalt
Der Kläger war seit 1990 an einer GmbH zu 36 % beteiligt. Im Jahr 1993 erfolgte eine Kapitalerhöhung bei der GmbH, wonach der Kläger nunmehr lediglich zu exakt 25 % (und damit nicht mehr wesentlich) beteiligt war. Der Beschluss der Kapitalerhöhung sowie die Anmeldung zur Eintragung im Handelsregister erfolgten im März 1993, die tatsächliche Eintragung erfolgte allerdings erst im November 1993. Der Kläger veräußerte nun im April 1998 einen Teil seiner 25 %igen Beteiligung unter Erzielung eines Veräußerungsgewinns i.H.v. rund 3.000.000 DM in der Überzeugung, dass es sich um einen nicht steuerbaren Gewinn handele, da zwischen dem Zeitpunkt der maßgebenden Anmeldung der Eintragung im Handelsregister und der tatsächlichen Veräußerung mehr als 5 Jahre vergangen seien. Das Finanzamt dagegen erhöhte die Einkünfte aus Gewerbebetrieb um den Veräußerungsgewinn, da die tatsächliche Eintragung im Handelsregister im November 1993 und nicht die Anmeldung zur Eintragung im März 1993 maßgebend sei, so dass die 5-Jahres-Frist des § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG a.F. noch nicht abgelaufen und der Gewinn daher steuerpflichtig sei. Der Kläger legte gegen den Bescheid Einspruch ein mit der Begründung, dass der Zeitpunkt der Eintragung im Handelregister von den Gesellschaftern nicht beeinflusst werden könnte. In Abhängigkeit von der "Eintragungsgeschwindigkeit" der jeweiligen Handelsregister würde die in § 17 EStG fixierte Frist unterschiedlich ausgelegt, was den Gleichbehandlungsgrundsatz verletzen würde. Darüber hinaus sei nicht auf den Übergang des zivilrechtlichen Eigentums abzustellen, sondern auf den Übergang des wirtschaftlichen Eigentums, der zum Zeitpunkt des Kapitalerhöhungsbeschlusses und damit im März 1993 erfolgt sei. Das beklagte Finanzamt wies den Einspruch als unbegründet zurück.
Entscheidung
Das Finanzamt hat zu Recht den vom Kläger erzielten Veräußerungsgewinn der Besteuerung nach § 17 EStG unterworfen, da die Beteiligung des Klägers erst mit der Eintragung des Kapitalerhöhungsbeschlusses im Handelsregister im November 1993 - und damit innerhalb der 5-Jahres-Frist des § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG a.F. - vermindert wurde, so dass eine tatbestandsmäßige Veräußerung von Anteilen i.S.d. § 17 EStG vorliegt. Bei der Kapitalerhöhung handelt es sich nämlich um eine Änderung des Gesellschaftsvertrags (Satzungsänderung), die gem. § 54 Abs. 3 GmbHG keine rechtliche Wirkung hat, bevor sie in das Handelsregister des Sitzes der Gesellschaft eingetragen ist. Die Eintragung hat also für die Wirksamkeit der Kapitalerhöhung dieselbe konstitutive Bedeutung wie die ursprüngliche Eintragung der GmbH gem. § 11 GmbHG für deren Existenz. Da der Übernehmer demnach erst mit der Eintragung seiner Übernahmeerklärung Anteilseigner im gesellschaftsrechtlichen Sinn hinsichtlich der übernommenen neuen Stammeinlage wird, hat er vorher auch keinen "Anteil an einer Kapitalgesellschaft" i.S.d. § 17 Abs. 1 Satz 3 Alt. 2 EStG a.F. inne. Dem Gebot der Gleichbehandlung aller an Kapitalgesellschaften wesentlich i.S.d. § 17 EStG beteiligten Steuerpflichtigen ist nach Auffassung des Senats dadurch ausreichend Genüge getan, dass die Eintragung im Handelsregister ein objektiver und leicht ermittelbarer Bezugspunkt ist, an dem Veräußerungsentscheidungen problemlos ausgerichtet werden können. Darüber hinaus ist die Argumentation des Klägers, auf die wirtschaftliche Betrachtungsweise i.S.d. § 39 AO abzustellen, auf die hier behandelte Rechtsposition nicht anwendbar.
Die Revision wurde zugelassen.
Hinweis
Da die Rechtssache noch nicht abschließend geklärt ist, kann inzwischen nur empfohlen werden, für geplante Anteilsveräußerungen den Ablauf der Frist, berechnet ab der Eintragung in das Handelsregister, abzuwarten, um eindeutig auf der rechtssicheren Seite zu sein.
Da ab dem VZ 2001 der Begriff der wesentlichen Beteiligung aus dem § 17 EStG entfernt wurde, weil bereits eine Beteiligung von mindestens 1 % zu einem steuerpflichtigen Veräußerungsgewinn i.S.d. § 17 EStG führt, ist in der Praxis wohl die weit überwiegende Mehrheit der GmbH-Beteiligungen von § 17 EStG erfasst, so ...