Leitsatz
In einem Grundlagenbescheid getroffene Feststellungen, die bindend für einen Steuerbescheid sind, führen nach § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO zu einem Erlass oder zu einer Änderung des betreffenden Steuerbescheides. Diese Auswertung ist nur innerhalb der Festsetzungsfrist des Folgebescheides möglich. Damit die Finanzbehörden ausreichend Zeit haben, die gesonderten Feststellungen in einen Folgebescheid aufzunehmen, bestimmt die Vorschrift des § 171 Abs. 10 AO, dass die Festsetzungsfrist für den Folgebescheid erst nach Ablauf von 2 Jahren nach der Bekanntgabe des Grundlagenbescheides endet. Maßgebend für die Zweijahresfrist ist die Bekanntgabe des Grundlagenbescheides. Das FG Berlin befasste sich nun mit der Frage, wie die Zweijahresfrist im Falle einer Anfechtung des Grundlagenbescheides zu behandeln sei, und kommt zu dem Ergebnis, dass die Anfechtung auf den Beginn der Zweijahresfrist keine Auswirkung habe.
Sachverhalt
Der Steuerpflichtige war an einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts beteiligt und seine anteiligen Einkünfte aus dieser Beteiligung wurden einheitlich und gesondert festgestellt. Im Anschluss an eine Betriebsprüfung erließ das Betriebsfinanzamt am 11.05.2001 geänderte Feststellungsbescheide. Diese Grundlagenbescheide wurden zunächst mit dem Einspruch und anschließend mit der Klage angefochten. Mit der Rücknahme der Klagen erlangten die Grundlagenbescheide Bestandskraft. Das Wohnsitzfinanzamt passte die Einkommensteuerbescheide des Beteiligten mit geänderten Bescheiden vom 18.06.2003 an. Für diese Folgebescheide war die allgemeine Festsetzungsfrist bereits abgelaufen.
Entscheidung
Das FG entschied, dass Festsetzungsverjährung eingetreten sei und die geänderten Steuerbescheide deshalb aufzuheben seien. Maßgebend für das Ende der zweijährigen Ablaufhemmung sei die Bekanntgabe der Grundlagenbescheide. Die Zweijahresfrist habe mit der Bekanntgabe der geänderten Feststellungsbescheide vom 11.05.2001 begonnen und sei im Zeitpunkt der Bekanntgabe der geänderten Steuerbescheide vom 18.06.2003 bereits abgelaufen gewesen.
Das Ende der Ablaufhemmung werde allein durch die Bekanntgabe des Grundlagenbescheides bestimmt und trete unabhängig davon ein, ob das Wohnsitzfinanzamt Kenntnis von dem Grundlagenbescheid erhalte. Dies gelte auch, wenn der Grundlagenbescheid angefochten werde und am Ende der Zweijahresfrist noch nicht bestandskräftig geworden sei. Die Anfechtung des Grundlagenbescheides hemme lediglich die Feststellungsfrist für den Grundlagenbescheid, nicht aber die Festsetzungsfrist für den Folgebescheid. Die Verjährung des Folgebescheides richte sich allein nach der Zweijahresfrist seit Bekanntgabe des Grundlagenbescheides; sie sei somit nicht an die zeitliche Änderbarkeit des Grundlagenbescheides gebunden. Das Finanzamt müsse daher auch bei Anfechtung des Grundlagenbescheides diesen spätestens bis zum Ablauf von zwei Jahren nach Bekanntgabe auswerten.
Die Einspruchsentscheidung zu den angefochtenen Grundlagenbescheide löse keine erneute Ablaufhemmung aus, sofern sie keine neuen Feststellungen enthalte. Auch die Rücknahme der Klage lasse keine neue Zweijahresfrist entstehen. Der Steuerpflichtige könne aber im Falle eines nicht innerhalb der Zweijahresfrist ausgewerteten Grundlagenbescheides durch die Rücknahme eines Rechtsbehelfs verhindern, dass der Grundlagenbescheid nochmals geändert und nach der Bekanntgabe dieser erneuten Änderung eine Anpassung des Folgebescheides möglich werde.
Hinweis
Gegen diese Entscheidung ist beim BFH unter dem Aktenzeichen X R 14/04 eine Revision anhängig.
Link zur Entscheidung
FG Berlin, Urteil vom 06.02.2004, 3 K 3322/03