Prof. Dr. Sascha Dawo, Dipl.-Finw. (FH) Wilhelm Krudewig
Der Teilwert kann nur im Wege der Schätzung nach den Verhältnissen des Einzelfalles ermittelt werden. Zur Ermittlung des niedrigeren Teilwerts bestehen Teilwertvermutungen, die widerlegt werden können.
Die Teilwertvermutung ist widerlegt, wenn der Unternehmer anhand konkreter Tatsachen und Umstände darlegt und nachweist, dass die Anschaffung oder Herstellung eines bestimmten Wirtschaftsgutes
- von Anfang an eine Fehlmaßnahme war, oder
- dass (später) zwischen dem Zeitpunkt der Anschaffung oder Herstellung und dem maßgeblichen Bilanzstichtag Umstände eingetreten sind, die die Anschaffung oder Herstellung des Wirtschaftsgutes nachträglich zur Fehlmaßnahme werden lassen.
Die Teilwertvermutung ist auch widerlegt, wenn der Nachweis erbracht wird, dass die Wiederbeschaffungskosten am Bilanzstichtag niedriger sind als der vermutete Teilwert. Der Unternehmer muss darlegen können, dass die behaupteten Tatsachen objektiv feststellbar sind.
Der Teilwert ist ein objektiver Wert, der von der Marktlage am Bilanzstichtag bestimmt wird. Im Zeitpunkt des Erwerbs oder der Fertigstellung eines Wirtschaftsguts entspricht der Teilwert den Anschaffungs- oder Herstellungskosten. Das gilt nicht ohne Weiteres beim Erwerb eines Unternehmens oder Mitunternehmeranteils.
Zur Beurteilung können die folgenden Punkte herangezogen werden:
Teilwertvermutung |
Widerlegung der Teilwertvermutung = Gründe für eine Teilwertabschreibung |
bei abnutzbaren Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens ist der Teilwert = Anschaffungskosten oder Herstellungskosten minus Abschreibungen |
- Mängel, die im Kaufpreis nicht berücksichtigt sind
- nachhaltig gesunkene Wiederbeschaffungs- oder Wiederherstellungskosten
|
bei nicht abnutzbaren Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens ist der Teilwert = Anschaffungskosten oder Herstellungskosten |
- mangelnde Rentabilität des Wirtschaftsguts
- Unrentabilität des gesamten Betriebs
|
Beim Umlaufvermögen Teilwert = Wiederbeschaffungskosten (Börsen-, Marktpreis) |
Verkaufspreis, vermindert um dem Unternehmen noch entstehende Kosten und den durchschnittlichen Unternehmergewinn liegt unter den Wiederbeschaffungskosten |
bei liquiden Mitteln Teilwert = Nominalbetrag in EUR; bei ausländischer Währung der Umrechnungskurs im Zeitpunkt des Erwerbs |
Sinken des Umrechnungskurses der Fremdwährung |
bei Forderungen Teilwert = Nennwert, bei ausländischer Währung der Umrechnungskurs im Zeitpunkt der Forderungsbegründung |
- erwarteter Forderungsausfall
- Sinken des Umrechnungskurses der Fremdwährung
- niedrige Verzinslichkeit
|
bei Verbindlichkeiten Teilwert = Rückzahlungsbetrag, ggf. abgezinst; bei ausländischer Währung der Umrechnungskurs im Zeitpunkt der Entstehung der Schuld |
- Ansteigen des Umrechnungskurses der Fremdwährung
- hohe Verzinslichkeit (im Ausnahmefall)
|
Tab. 3: Widerlegung/Gründe für die Teilwertabschreibung
Die Teilwertvermutung gilt auch bei Zahlung eines Überpreises, z. B. beim Erwerb eines Grundstücks. Eine Teilwertabschreibung auf den niedrigeren Vergleichswert kann nicht allein damit begründet werden, dass für den Erwerb eines Grundstücks ein Überpreis gezahlt worden ist. Eine Berufung auf eine Fehlmaßnahme allein im Hinblick auf die Zahlung eines Überpreises ist ausgeschlossen. Ist jedoch eine Teilwertabschreibung aus anderen Gründen gerechtfertigt, nimmt auch der Überpreis an der Teilwertabschreibung in dem Verhältnis teil, das dem gegenüber dem Anschaffungszeitpunkt gesunkenen Vergleichswert entspricht.
Vorzugspreise einer Gemeinde: Bei der Ermittlung des Teilwerts eines Grundstücks sind Vorzugspreise, die eine Gemeinde Erwerbern vergleichbarer Grundstücke aus ansiedlungspolitischen Gründen einräumt, nur zu berücksichtigen, wenn die Gemeinde dadurch nachhaltig über längere Zeit und mit in etwa gleichbleibenden Beträgen in das Marktgeschehen eingreift, sodass zum Bilanzstichtag auch andere Eigentümer ihre Grundstücke nicht teurer verkaufen können.
Teilwert-AfA nur bei Bilanzierung möglich
Bei einer Einnahmen-Überschuss-Rechnung ist keine Teilwertabschreibung möglich.