Die wahlweise Anwendung der degressiven Abschreibung in der Steuerbilanz nach § 7 Absatz 2 EStG ist ein steuerliches Wahlrecht, das nicht selbstverständlich auf die Handelsbilanz angewendet werden kann. Denn eine handelsrechtliche Öffnungsklausel – wie sie bis zum Inkrafttreten des BILMoG bestanden hat und die eine Übernahme rein steuerlich motivierter Bewertungsmethoden in das Handelsrecht ermöglichte – besteht aktuell nicht. Eine Anwendung der degressiven Abschreibung ist handelsrechtlich daher nur dann möglich, wenn diese den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung entspricht.
Nach § 253 Absatz 3 HGB sind bei Vermögensgegenständen des Anlagevermögens, deren Nutzung zeitlich begrenzt ist, die Anschaffungs- oder die Herstellungskosten um planmäßige Abschreibungen zu vermindern.
Das Handelsrecht schreibt keine Abschreibungsmethode konkret vor. Die Wahl der Methode steht im Ermessen des Kaufmanns. Durch die gewählte Abschreibungsmethode ist der tatsächliche Werteverzehr abzubilden. Mindestens darf die Methode nicht im Gegensatz zum tatsächlichen Wertminderungsverlauf stehen. Dementsprechend ist die degressive Abschreibung in der Handelsbilanz anwendbar, wenn durch sie der Werteverzehr eines Vermögensgegenstands des Anlagevermögens sachgerecht abgebildet wird.
Folglich kommt es in Bezug auf die Entscheidung der Anwendbarkeit der linearen oder der degressiven Abschreibung darauf an, ob der Werteverzehr tatsächlich linear oder degressiv ist:
- Weist der tatsächliche Werteverzehr einen degressiven Verlauf auf, dann ist die Anwendung der degressiven Abschreibungsmethode angemessen.
- Weist der tatsächliche Werteverzehr einen linearen Verlauf auf, dann muss linear abgeschrieben werden und eine Anwendung der degressiven Abschreibung ist nicht möglich.
Zu beachten ist zusätzlich der Grundsatz der Bewertungsstetigkeit. Abschreibungsmethoden sind nach § 252 Abs. 1 Nr. 6 HGB stetig anzuwenden. Danach sind die im vorjährigen Abschluss angewandten Abschreibungsmethoden auch im aktuellen Abschluss für art- und funktionsgleiche Vermögensgegenstände anzuwenden:
- Wurden im Vorjahr art- und funktionsgleiche Vermögensgegenstände handelsrechtlich linear abgeschrieben, weil dies dem tatsächlichen Werteverzehr entspricht, so sind auch Neuzugänge linear abzuschreiben.
- Wurden im Vorjahr art- und funktionsgleiche Vermögensgegenstände handelsrechtlich degressiv abgeschrieben, so sind auch Neuzugänge degressiv abzuschreiben.
Ein Wechsel der Abschreibungsmethode für art- und funktionsgleiche Neuzugänge ist ein Wechsel der Bewertungsmethode i. S. d. § 252 Abs. 1 Nr. 6 HGB. Dieser Wechsel ist nur in begründeten Ausnahmefällen zulässig. Fraglich ist, ob ein Wechsel zur degressiven Abschreibung allein mit der Ausübung des steuerlichen Wahlrechts zur Anwendung der degressiven Abschreibung in der Steuerbilanz begründet werden kann. Nach verbreiteter Auffassung ist ein Wechsel der Bewertungsmethode u. a. möglich, wenn die Beibehaltung der bisherigen Bewertungsmethode dem Einblick in die Vermögens,- Finanz- und Ertragslage entgegensteht bzw. dieser Einblick verschlechtert würde.
IDW RS HFA 38, Rz. 15 listet die möglichen Gründe für eine Stetigkeitsdurchbrechung auf. Diese umfassen neben dem – bereits erwähnten – besseren Einblick in die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage, die Änderung der rechtlichen Gegebenheiten (insb. Änderung von Gesetz und Satzung, Änderung der Rechtsprechung), die Anpassung an konzerneinheitliche Bilanzierungsrichtlinien auch die Inanspruchnahme von Bewertungsvereinfachungsverfahren und "die Verfolgung steuerlicher Ziele".