Prof. Dr. rer. pol. Claudia Rademacher-Gottwald
Leitsatz
Ein lediger Arbeitnehmer kann Aufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung als Werbungskosten geltend machen, wenn er am Ort seiner Berufstätigkeit einen eigenen Hausstand unterhält und am Ort der Berufstätigkeit seiner Lebensgefährtin nach der Geburt des gemeinsamen Kindes die Familienwohnung begründet. Die Berufstätigkeit der Lebensgefährtin ist auch dann zu bejahen, wenn sie durch die Elternzeit vorübergehend unterbrochen wird.
Sachverhalt
Streitig war die Anerkennung einer doppelten Haushaltsführung bei einem ledigen Arbeitnehmer (Kläger), der am Ort seiner beruflichen Tätigkeit in A eine eigene Wohnung hatte, während seine Lebensgefährtin in B wohnte und arbeitete. Nach der Geburt des gemeinsamen Kindes unterbrach die Lebensgefährtin zunächst ihre berufliche Tätigkeit (Elternzeit). Ein Jahr vor dem Wiedereinstieg ins Berufsleben bekam die Lebensgefährtin, deren Arbeitsplatz mit Beginn der Elternzeit ersatzlos gestrichen worden war, von ihrem Arbeitgeber die Zusage auf eine andere Position. Darauf hin verlegte der Kläger seinen Hauptwohnsitz von A nach B und bestimmte zusammen mit seiner Lebensgefährtin die dort gelegene gemeinsame Wohnung als Familienwohnung. Die Wohnung in A wurde als Zweitwohnung beibehalten. Der Kläger machte die Aufwendungen für die doppelte Haushaltsführung als Werbungskosten geltend. Das Finanzamt erkannte jedoch die doppelte Haushaltsführung mangels beruflicher Veranlassung nicht an. Der Einspruch hatte keinen Erfolg, der Klage wurde dagegen stattgegeben.
Entscheidung
Das FG bejahte die berufliche Veranlassung der doppelten Haushaltsführung. Der Familienhaushalt i. S. d. § 9 Abs. 1 Nr. 5 EStG sei dadurch entstanden, dass der in A berufstätige Kläger mit seiner in B berufstätigen Lebensgefährtin und dem gemeinsamen Kind in B eine gemeinsame Familienwohnung bezogen hätte. Infolge der Berufstätigkeit beider Partner der nichtehelichen Lebensgemeinschaft sei die dadurch verursachte doppelte Haushaltsführung beruflich veranlasst. Die vorübergehende Unterbrechung der Berufstätigkeit durch Elternzeit sei ebenso wenig von Bedeutung wie die Tatsache, dass die leiblichen Eltern des Kindes nicht miteinander verheiratet seien. Da der Schutzbereich des Art. 6 GG auch die nichteheliche Lebensgemeinschaft mit Kind umfasse, sei die Anerkennung der doppelten Haushaltsführung durch die verfassungskonforme Auslegung des § 9 Abs. 1 Nr. 5 EStG begründet.
Hinweis
Die Entscheidung des FG weicht von dem Grundsatz ab, dass es bei Ledigen keine doppelte Haushaltsführung gibt, und spricht sich dafür aus, eine nichteheliche Lebensgemeinschaft mit Kind steuerlich genauso zu behandeln wie eine Ehe mit Kind. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, denn die Finanzverwaltung hat Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt (Az. des BFH VI B 180/04).
Link zur Entscheidung
Niedersächsisches FG, Urteil vom 17.09.2004, 11 K 579/00