2.1 Rechtsnatur und allgemeiner Inhalt der Abtretung
Abgetreten wird das Arbeitseinkommen durch Vertrag zwischen dem Arbeitnehmer als Forderungsgläubiger (Zedent) und einem Dritten als Neugläubiger (Zessionar).
Als Abtretungsvertrag erfordert die Zession übereinstimmende, auf die Einkommensabtretung gerichtete Willenserklärungen des Arbeitnehmers und des Neugläubigers. Der Abtretungsvertrag muss ein bestimmtes (oder bestimmbares) Arbeitseinkommen zum Gegenstand haben, den neuen Gläubiger (Zessionar) bezeichnen und ggf. den Umfang der Abtretung darstellen. Der Arbeitgeber ist an diesem Vertrag nicht beteiligt; eine Mitteilung an ihn ist kein Wirksamkeitserfordernis für die Abtretung.
Die Abtretungserklärung des Arbeitnehmers wird in der Praxis zu Beweiszwecken durchweg schriftlich niedergelegt, obwohl der Abtretungsvertrag keiner Form bedarf. Bereits die Vorlage einer nur vom Arbeitnehmer unterzeichneten Abtretungserklärung schützt den Arbeitgeber gem. § 409 Abs. 1 Satz 2 BGB bei Zahlung aufgrund einer an sich unwirksamen Abtretung: Der Arbeitnehmer muss die Abtretung auch dann gegen sich gelten lassen, wenn sie nicht wirksam erfolgt ist, sofern er dem Zessionar eine Urkunde über die Abtretung ausgestellt und dieser sie dem Arbeitgeber vorgelegt hat. Da § 409 BGB nur dem Schutz des zahlungsbereiten Arbeitgebers dient, kann dieser bei (begründetem) Zweifel an der Wirksamkeit der Abtretung allerdings wegen Gläubigerungewissheit hinterlegen.
2.2 Form der Einkommensabtretung
Eine Form ist für die Abtretung gesetzlich nicht vorgeschrieben. Auch die Abtretungserklärung des Arbeitnehmers könnte daher mündlich erfolgen. Der Neugläubiger wird aber bereits aus Beweissicherungsgründen für diese Abtretungserklärung regelmäßig Schriftform verlangen. Zur Geltendmachung des abgetretenen Arbeitseinkommens durch ihn gegenüber dem Arbeitgeber ist eine Abtretungsurkunde in aller Regel erforderlich. Auch der Arbeitgeber verlangt meist zur eigenen Absicherung vor Auszahlung abgetretener Einkommensteile an den Neugläubiger eine Abtretungserklärung des Arbeitnehmers in Schriftform. Rechtlich löst allerdings auch die nur mündlich erteilte Abtretungsanzeige durch den Arbeitnehmer den Schutz des Arbeitgebers gemäß § 409 Abs. 1 Satz 1 BGB aus. Auf Verlangen hat der Arbeitnehmer dem Neugläubiger auf dessen Kosten eine öffentlich, also von einem Notar beglaubigte Urkunde über die Abtretung auszustellen. Für die Abtretung des Anspruchs gegen eine öffentliche Kasse auf Zahlung von Diensteinkommen, Warte- oder Ruhegeld gilt nach § 411 BGB ein erweiterter Schutz, der allerdings einen Nachweis mit öffentlicher oder amtlich beglaubigter Abtretungserklärung erfordert.
2.3 Abtretungsvertrag und Rechtsverhältnis
Als dingliches Verfügungsgeschäft ist der Abtretungsvertrag vom zugrunde liegenden Rechtsverhältnis (Kausalgeschäft) unabhängig (abstrakt). Der rechtliche Grund für den Abtretungsvertrag ist daher für den Arbeitgeber ohne Bedeutung. Einen Anspruch darauf, über das die Abtretung veranlassende Grundgeschäft (das Rechtsverhältnis zwischen Arbeitnehmer und Zessionar) unterrichtet zu werden, hat der Arbeitgeber nicht. Selten wird als Rechtsgrund ein Forderungskauf in Betracht kommen. Überwiegend handelt es sich vielmehr um die in Abschn. 3 behandelte Sicherungsabtretung; mitunter erfolgt die Abtretung auch erfüllungshalber oder zur Einziehung.
Der Rechtsverkehr unterscheidet vielfach nicht hinreichend zwischen der Abtretung als Verfügungsgeschäft und dem ihr zugrundeliegenden Rechtsverhältnis. Insbesondere werden Einkommensabtretung und Sicherungsvereinbarung meist als einheitliche Vereinbarung angesehen und in einer Urkunde zusammengefasst. Auch dann aber berechtigt jedenfalls die Anzeige der Abtretung (Vorlage der Abtretungsurkunde durch den neuen Gläubiger) den Arbeitgeber, an den Zessionar mit befreiender Wirkung zu zahlen. Der Arbeitgeber kann somit auch diese Abtretung als wirksam behandeln; er ist nicht verpflichtet, die Wirksamkeit des schuldrechtlichen Anspruchs zu überprüfen. Die abstrakte, vom Rechtsgrund losgelöste Rechtsnatur der Zession wird nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts (BAG) auch nicht dadurch geändert, dass in der Abtretungsvereinbarung ein der Abtretung "zugrunde liegender Sicherungszweck erwähnt wird". Anders ist das, wenn der Umfang der Abtretung selbst unmittelbar von der Höhe der Forderung abhängig ist, zu deren Sicherung die Zession vorgenommen ist. Nach Ansicht des BAG ist das der Fall, wenn die Abtretung "bis zur Höhe des jeweiligen Schuldsaldos" erfolgt.