Kommentar

In letzter Zeit wurde ein Gestaltungsmodell bekannt, mit dem die Nachversteuerung des EK 02 trotz Auskehrung der Liquidität vor Ablauf des Übergangszeitraums vermieden werden soll. Dem Modell liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Durch Abwärtsverschmelzung der Muttergesellschaft M auf ihre Tochtergesellschaft T wird erreicht, dass eine Verbindlichkeit der M gegenüber ihrem Anteilseigner auf T übergeht. Bisher hätte M die Verbindlichkeit nur aus einer Ausschüttung der T tilgen können. Die Ausschüttung hätte bei T eine Nachversteuerung von EK 02 ausgelöst. Durch die Abwärtsverschmelzung gelangt die Verbindlichkeit unmittelbar zur liquiden T. Statt einer Ausschüttung von T an M und der Darlehenstilgung durch M tilgt nun T selbst das auf sie übergegangene Darlehen. Eine Ausschüttung, die zur Nachversteuerung des EK 02 führen würde, wird vermieden.

Derselbe Effekt wird erreicht, wenn eigene Anteile – bis zu 99 % – von der M gegen Entgelt erwirbt. Dabei geht die Verbindlichkeit nicht tatsächlich, wohl aber wirtschaftlich auf T über. Die Tilgung erfolgt aus dem Entgelt, das T für die erhaltenen Anteile an M gezahlt hat. Auch hier ist keine Ausschüttung erforderlich.

Für die Beurteilung solcher Fälle gilt: Die steuerliche Behandlung der Abwärtsverschmelzung ist gesetzlich nicht geregelt. Lediglich im Wege der Billigkeit[1] können auf Antrag die Grundsätze der Aufwärtsverschmelzung angewendet werden. Diese Billigkeitsregelung darf jedoch nicht dazu führen, dass ungerechtfertigte Steuervorteile erzielt werden. Da die Beteiligung von M an T durch die Abwärtsverschmelzung wegfällt, erhält T für die Schuldübernahme keine Gegenleistung. Die Übernahme der Verbindlichkeit von M durch T ist somit gesellschaftsrechtlich veranlasst und stellt insoweit eine verdeckte Gewinnausschüttung dar, wie sie bei der Übernehmerin T infolge der Verschmelzung zu einer unzulässigen Unterdeckung des Stammkapitals, insbesondere nach den §§ 30, 31 GmbHG, führt. Die Übertragung des negativen Vermögens von M auf T stellt insoweit eine Auszahlung i.S. des § 30 Abs. 1 GmbHG an die Gesellschafter der untergehenden M dar.

 

Link zur Verwaltungsanweisung

OFD Koblenz, Verfügung vom 9.1.2006, S 1978 A – St 332

Dieser Inhalt ist unter anderem im Haufe Steuer Office Excellence enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge