Leitsatz
1. Verkauft eine Schiffsgesellschaft nach Aufgabe der Eigenbetriebsabsicht das (noch nicht fertiggebaute) Schiff, begründet sie nur dann einen Schiffsproduktionsbetrieb, wenn Gegenstand des Veräußerungsvertrags ein in wesentlicher Hinsicht anderes als das dem (ursprünglichen) Bauvertrag entsprechende Schiff ist.
2. Erfüllt eine Schiffsgesellschaft nach Aufgabe der Eigenbetriebsabsicht noch den bereits abgeschlossenen Bauvertrag und überträgt sie dem Erwerber (erst) das dem Bauvertrag entsprechend fertiggebaute Schiff, ist die Veräußerung des von der Werft abgelieferten Schiffs und der darauf entfallende Gewinn regelmäßig noch der (nicht gewerbesteuerbaren) Abwicklung des nicht begonnenen Schiffsbetriebs zuzurechnen.
Verpflichtet sich die Schiffsgesellschaft dem Erwerber gegenüber zu Tätigkeiten, die nach dem Bauvertrag dem Besteller obliegen oder zu Tätigkeiten, die darauf gerichtet sind, dem Erwerber ein über die Abnahme von der Werft hinaus zur sofortigen Vercharterung betriebsbereites Schiff zu übertragen, erbringt sie insoweit Leistungen, die grundsätzlich nicht mehr der Abwicklung des nicht begonnenen Schiffsbetriebs, sondern einer neuen werbenden Tätigkeit (Geschäftsbesorgung) zuzurechnen sind.
Normenkette
§ 2 Abs. 1 Satz 1 GewStG
Sachverhalt
Eine KG war als Fondsgesellschaft zum Betrieb eines Schiffs gegründet worden. Nachdem die beauftragte Werft mit dem Bau des Schiffs begonnen hatte und bereits ein Chartervertrag für das fertigzustellende Schiff abgeschlossen war, wurde das Schiff im Jahr 2006 an eine andere Fondsgesellschaft verkauft. Die KG hatte das Schiff nach Ablieferung durch die Werft unmittelbar weiter an den Käufer zu übergeben. Änderungswünsche der KG führten zu einem Aufpreis, den die Erwerbergesellschaft der KG erstatten sollte. Die Übergabe fand wie vereinbart im Jahr 2007 statt und die KG konnte aus dem Kaufpreis die Bauzeitfinanzierung ablösen. Danach wurde die KG liquidiert.
Das FA unterwarf den Gewinn, den die KG aus dem Verkauf des Schiffs erzielt hatte, im Jahr 2007 der GewSt. Die vorherigen Verluste berücksichtigte das FA nicht, weil sie vor Eröffnung des Gewerbebetriebs entstanden seien. Die KG war der Meinung, sie habe niemals einen werbenden Betrieb unterhalten, sodass der Gewinn aus dem Verkauf nicht der GewSt unterliege. Hilfsweise müssten zumindest die vorherigen Verluste festgestellt und im Jahr 2007 abgezogen werden.
Das FG gab der Klage im Hauptantrag statt (FG Hamburg, Urteil vom 11.4.2013, 6 K 185/11, Haufe-Index 4331996).
Entscheidung
Auf die Revision des FA hob der BFH das Urteil auf und verwies das Verfahren an das FG zurück. Zwar sei das FG zu Recht davon ausgegangen, dass der Schiffsbetrieb nicht das Eröffnungsstadium erreicht habe. Auch sei die KG nicht zur Schiffsproduktion übergewechselt. Es könne aber ein Geschäftsbesorgungsbetrieb entstanden sein, was das FG zu Unrecht allein deshalb für ausgeschlossen gehalten habe, weil nur Tätigkeiten fortgeführt worden seien, die auch bei einem Eigenbetrieb des Schiffs angefallen wären.
Hinweis
1. Die Entscheidung führt Grundsätze fort, die vom BFH bereits in einem Urteil aus dem Jahr 2014 entwickelt wurden (BFH, Urteil vom 3.4.2014, IV R 12/10, BStBl II 2014, 1000, BFH/NV 2014, 1653). Danach ist es möglich, dass ein Betrieb noch vor seinem gewerbesteuerlichen Beginn bereits in die nicht steuerbare Abwicklungsphase übergeht. Dann unterliegen Gewinne aus der Abwicklung nicht der GewSt (vgl. näher Kommentierung s. BFH/PR 2014, 376 ff.).
2. Wie der damalige Fall betraf auch der jetzt entschiedene Fall eine Ein-Schiff-KG, die zunächst ein Seeschiff bauen lassen und dann selbst betreiben wollte. Wird die Eigenbetriebsabsicht aufgegeben, bevor das Schiff in Betrieb genommen worden ist, kommt dieser Betrieb über die Gründungsphase nicht hinaus.
a) Wie der BFH bereits in seinem ersten Urteil klargestellt hat, darf daraus nicht geschlossen werden, dass die weitere Abwicklung des "stecken gebliebenen" Betriebs keine gewerbesteuerlichen Folgen haben kann. Beispielsweise kann sich der Besteller dazu entschließen, das im Bau befindliche Schiff umzuplanen und dann in veränderter Ausführung zu verkaufen. Darin kann die Gründung eines Schiffsproduktionsbetriebs zu sehen sein.
b) Unproblematisch ist demgegenüber sicher die Verwertung des Schiffs in dem Zustand, den es bei Aufgabe der Eigenbetriebsabsicht hat, etwa durch Übertragung des Bauvertrags.
c) So lag der jetzt entschiedene Fall allerdings nicht. Vielmehr war das Schiff noch unter der Aufsicht des Bestellers fertiggestellt und erst nach Ablieferung durch die Werft an den Käufer übergeben worden. In einem solchen Fall übernimmt der Besteller noch die Abnahme und den damit verbundenen Probebetrieb. Über eine reine Abwicklung gehen solche Tätigkeiten nun nach Meinung des BFH hinaus und können als Aufnahme eines Geschäftsbesorgungsbetriebs zu werten sein. Vergütet der Käufer diese Leistungen zumindest mittelbar und übersteigt die Vergütung die für die Tätigkeiten angefallenen Kosten de...