Dipl.-Finanzwirt Karl-Heinz Günther
Leitsatz
Verluste aus einer nebenberuflichen Übungsleitertätigkeit sind steuerlich auch dann zu berücksichtigen, wenn die Einnahmen den Freibetrag nach § 3 Nr. 26 EStG nicht übersteigen. Die Verlustberücksichtigung wird in diesem Fall auch nicht durch § 3c Abs. 1 EStG ausgeschlossen.
Sachverhalt
Streitig war, ob die eine Aufwandsentschädigung von 108 EUR übersteigenden Aufwendungen aus einer Übungsleitertätigkeit des Steuerpflichtigen als Verlust aus selbstständiger Tätigkeit zu berücksichtigen sind. Der Steuerpflichtige erzielte im Streitjahr 2013 aus einer Übungsleitertätigkeit Einnahmen in Höhe von 108 EUR, denen Ausgaben in Höhe von 608 EUR gegenüberstanden. Die Differenz in Höhe von 500 EUR machte der Steuerpflichtige als Verlust aus selbstständiger Tätigkeit geltend. Das Finanzamt lehnte dies jedoch unter Hinweis auf R 3.26 Abs. 9 LStR ab, wonach ein Abzug von Werbungskosten oder Betriebsausgaben nur dann möglich ist, wenn die Einnahmen aus der Tätigkeit und gleichzeitig auch die jeweiligen Ausgaben den Freibetrag des § 3 Nr. 26 EStG übersteigen.
Entscheidung
Das Finanzgericht gab der Klage statt und erkannte den Verlust in Höhe von 500 EUR an. Zur Begründung verwies es auf die im Ergebnis gleich lautende Entscheidung des FG Rheinland - Pfalz v. 25.5.2011 - 2 K 1996/10, EFG 2011, 1596, wonach das Abzugsverbot des § 3 Nr. 26 S. 2 EStG auch dann auf die Höhe der steuerfreien Einnahmen begrenzt ist, wenn diese den Freibetrag nicht erreichen. § 3 Nr. 26 S. 2 EStG schränkt zwar den Abzug von Ausgaben ein, welche mit den nebenberuflichen Tätigkeiten i. S. v. § 3 Nr. 26 S. 1 EStG in unmittelbarem wirtschaftlichem Zusammenhang stehen. Dies ist eine spezielle Regelung für den Abzug von Ausgaben, die der allgemeinen Regelung des § 3c EStG vorgeht. Die Vorschrift greift ihrem Wortlaut nach aber nur dann ein, wenn die Einnahmen für die in § 3 Nr. 26 S. 1 EStG bezeichneten Tätigkeiten den steuerfreien Betrag überschreiten, d. h. höher sind als der Freibetrag. Ist dies der Fall, dürfen die mit den nebenberuflichen Tätigkeiten zusammenhängenden Ausgaben nur dann abgezogen werden, soweit sie den Betrag der steuerfreien Einnahmen übersteigen.
§ 3 Nr. 26 S. 2 greift jedoch dann nicht, wenn die Einnahmen - wie im Streitfall -- den steuerfreien Betrag nicht über-, sondern unterschreiten.
Hinweis
Gleicher Auffassung ist auch das FG Thüringen (Urteil v. 30.9.2015, 3 K 480/14, EFG 2015, 2163). Da gegen diese Entscheidung Revision eingelegt wurde (Az. des BFH: III R 23/15), wird der BFH Gelegenheit haben, die Rechtsfrage abschließend zu klären. Betroffene Steuerpflichtige sollten daher entsprechende Steuerbescheide durch Einspruchseinlegung offen halten und unter Hinweis auf das anhängige Revisionsverfahren Verfahrensruhe (§ 363 Abs. 2 AO) beantragen.
Link zur Entscheidung
FG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 16.06.2015, 3 K 368/14