Leitsatz
Nach § 26a Abs. 2 Satz 2 EStG ist auf übereinstimmenden Antrag der Ehegatten der grundsätzlich einem Ehegatten zustehende Behinderten-Pauschbetrag (vgl. § 33b Abs. 1 bis 3 EStG) bei der Einzelveranlagung der Ehegatten jeweils zur Hälfte abzuziehen.
Normenkette
§ 26a Abs. 2, § 33b Abs. 1 bis Abs. 3 EStG
Sachverhalt
Der Kläger ist verheiratet und wurde für 2014 antragsgemäß einzelveranlagt. Beide Ehegatten beantragten in ihrer Einkommensteuerklärung, die Sonderausgaben, außergewöhnlichen Belastungen sowie die Steuerermäßigung für haushaltsnahe Beschäftigungsverhältnisse, Dienstleistungen und Handwerkerleistungen gemäß § 26a Abs. 2 Satz 2 EStG jeweils zur Hälfte abzuziehen. Das FA versagte dem Kläger den hälftigen Abzug des Behinderten-Pauschbetrags seiner Ehefrau.
Das FG gab der Klage statt (Thüringer FG, Urteil vom 1.12.2016, 1 K 221/16, Haufe-Index 10764478, EFG 2017, 405).
Entscheidung
Der BFH wies die Revision des FA als unbegründet zurück.
Hinweis
1. Bei der Einzelveranlagung von Ehegatten (§ 26a EStG; bis 2012: getrennte Veranlagung) werden "Sonderausgaben, außergewöhnliche Belastungen und die Steuerermäßigung nach § 35a EStG ... demjenigen Ehegatten zugerechnet, der die Aufwendungen wirtschaftlich getragen hat. Auf übereinstimmenden Antrag der Ehegatten werden sie jeweils zur Hälfte abgezogen."
2. Die hälftige Aufteilung des Behinderten-Pauschbetrags hängt zunächst davon ab, ob die von ihm erfassten Aufwendungen außergewöhnliche Belastungen i.S.d. § 26a Abs. 2 Satz 1 EStG sind. Das folgt bereits daraus, dass der Pauschbetrag grundsätzlich nur "anstelle" einer Steuerermäßigung nach § 33 EStG geltend gemacht werden kann; die Pauschbetragsregelung unterstellt typisierend, dass bestimmten Gruppen von behinderten Menschen gewisse außergewöhnliche Belastungen erwachsen. Eines Klammerverweises in § 26a EStG auf die § 33 bis § 33b EStG bedurfte es insoweit nicht.
Dagegen spricht nicht die Systematik des § 26a Abs. 2 EStG. Soweit die Vorschrift außergewöhnliche Belastungen grundsätzlich demjenigen Ehegatten zurechnet, "der die Aufwendungen wirtschaftlich getragen hat", ist dies typisierend der Ehegatte, dem der Behinderten-Pauschbetrag zusteht. § 26a Abs. 2 Satz 2 EStG enthält jedoch eine Ausnahme vom Grundsatz der Individualbesteuerung und räumt dem Selbstbestimmungsrecht der Ehegatten zur Zuordnung bestimmter Aufwendungen den Vorrang ein; das rechtfertigt auch eine abweichende Zuordnung des Pauschbetrags.
3.§ 33b Abs. 1 bis Abs. 3 EStG enthält gegenüber § 26a Abs. 2 Satz 2 EStGkeine spezielle Aufteilungsregelung für den einem Ehegatten zustehenden Behinderten-Pauschbetrag. Zur Begründung verweist der BFH auf seine Rechtsprechung zu § 26a Abs. 2 Satz 1 EStG in der bis zum 31.12.2011 geltenden Fassung: Danach geht die Zuordnungsregelung in § 26a Abs. 2 EStG anderen Zuordnungsregeln vor, sodass der einem gemeinsamen Kind zustehende Behinderten-Pauschbetrag, der auf Antrag der Eltern vollständig einem von ihnen übertragen wurde, bei getrennter Veranlagung bei beiden Elternteilen je zur Hälfte abzuziehen ist (BFH, Urteil vom 19.4.2012, III R 1/11, BFH/NV 2012, 1693, BFH/PR 2012, 370, BStBl II 2012, 861). Es sei nicht erkennbar, dass der Gesetzgeber mit der Neufassung des § 26a Abs. 2 EStG von der bisherigen Möglichkeit einer hälftigen Aufteilung des Behinderten-Pauschbetrags habe abrücken wollen.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 20.12.2017 – III R 2/17