Leitsatz

Übernimmt der Gesellschaftergeschäftsführer einer Unternehmensgruppe zur Abwendung der Insolvenz einer Gesellschaft eine Bürgschaft, sind daraus entstehende Verpflichtungen als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit abzugsfähig, wenn er die Bürgschaft primär zur Sicherung seines Arbeitsplatzes übernommen hat.

 

Sachverhalt

Der Kläger war Gesellschafter-Geschäftsführer einer Unternehmensgruppe. Er war zudem i. H. v. 8,92% mittelbar an einer Schwester-GmbH beteilig, für die er nicht als Geschäftsführer tätig war. Zur Abwendung der Insolvenz der Schwester-GmbH wurde eine umfangreiche Restrukturierung beschlossen. Im Zuge dessen übernahm der Kläger Bürgschaften für Verpflichtungen der insolvenzgefährdeten Schwester-GmbH. Nach der Umstrukturierung sollte der Kläger auch Geschäftsführer der Schwester-GmbH werden. Bevor es dazu kam wurde er allerdings von seiner bisherigen Tätigkeit abberufen und für die Schwester-GmbH ein Insolvenzantrag gestellt. Der Kläger wurde aus seinen Bürgschaften in Anspruch genommen. Die ihm daraus entstandenen Aufwendungen wollte er als vorweggenommene Werbungskosten für das geplante Arbeitsverhältnis geltend machen.

 

Entscheidung

Das Gericht folgte der Auffassung des Klägers und qualifizierte die Bürgschaftsaufwendungen als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit. Können Aufwendungen grundsätzlich mehreren Einkunftsarten zugeordnet werden, sind sie bei der Einkunftsart abzuziehen, mit der sie im engsten und wirtschaftlich vorrangigsten Verhältnis stehen. Bei der steuerlichen Qualifizierung von Bürgschaftsaufwendungen ist dabei die Intention im Zeitpunkt der Hingabe des Bürgschaftsversprechens und nicht im Zeitpunkt der Inanspruchnahme entscheidend. Das Gericht stützt sich in seiner Entscheidung auf die relativ geringe Beteiligungsquote des Klägers. Zudem war der Kläger, im Gegensatz zu den anderen Anteilseignern bereit, seine nur mittelbare Beteiligung im Rahmen der Umstrukturierung zu reduzieren. Des Weiteren führte das Gericht an, dass die Einnahmen des Klägers aus dem Arbeitsverhältnis den Wert der Beteiligung bei weitem überstiegen, da im Zeitpunkt der Bürgschaftserteilung die Beteiligung bereits wertlos gewesen sei. Schließlich stellte das Gericht klar, dass bei einer anderen Beurteilung die Bürgschaftsaufwendungen bei den Einkünften aus Kapitalvermögen zu berücksichtigen seien, da in diesem Fall davon auszugehen sei, dass der Kläger die Bürgschaft zur Sicherung von Dividendeneinnahmen eingegangen sei.

 

Hinweis

Das Urteil ist rechtskräftig. Zwar gelten Bürgschaftsaufwendungen eines Gesellschaftergeschäftsführers regelmäßig als durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst, nach der Rechtsprechung des BFH ist aber bereits bei Beteiligungsquoten von 20% eine andere Zuordnung möglich. Insbesondere bei gering beteiligten Geschäftsführern ist daher stets die Intention für die Bürgschaftsübernahme zu hinterfragen.

 

Link zur Entscheidung

FG Baden-Württemberg, Urteil vom 20.10.2011, 3 K 2065/10

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